Faktencheck

Griechenland: Ja, dieses Video zeigt in einem Anhänger eingesperrte Migranten

Im Netz verbreitet sich ein Video, das zeigen soll, wie Anwohner in Griechenland „Geflüchtete in einen Kasten“ gesperrt hätten. Einige Nutzerinnen und Nutzer zweifeln die Echtheit des Videos an oder mutmaßen, es handele sich um Brandstifter. Das Video ist echt. Für eine angebliche Brandstiftung gibt es jedoch keine Belege, die Täter wurden mittlerweile verhaftet.

von Max Bernhard

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In Sozialen Netzwerken wird ein Video mit verschiedenen Behauptungen verbreitet, teils wird es angezweifelt. Das Video von dem Vorfall ist echt, die Täter inzwischen verhaftet. (Quelle: X; Collage und Unkenntlichmachung: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Ein Video zeige, wie Anwohner in Griechenland Geflüchtete in einen Kasten gesperrt hätten.
Bewertung
Richtig. Das Video ist echt und wurde in Alexandroupoli im Nordosten Griechenlands aufgenommen. Der Macher des Videos und zwei weitere Personen sind für die Tat, mehrere syrische und pakistanische Migranten festgehalten zu haben, verhaftet worden. Sie werden in Medienberichten als „ortsansässig“ und griechische Bürger bezeichnet.

In Griechenland kam es im Sommer 2023 zu verheerenden Waldbränden. Schnell kursierten auch Falschinformationen dazu: die Brände seien deutlich kleiner gewesen oder ein Video belege, die Feuer seien von Geflüchteten gelegt worden. Beide Behauptungen sind falsch.

Auf X, ehemals Twitter, teilte der Grünen-Politiker und EU-Parlamentarier Erik Marquardt Ende August ein weiteres Video.  Es zeigt, wie jemand einen Jeep-Geländewagen mit Anhänger filmt und daran vorbeigeht, um die Tür des von allen Seiten geschlossenen Anhängers zu öffnen. Mehrere Menschen kauern in Hocke darin. Der Mann hinter der Kamera spricht Griechisch: „Ich habe 25 Stück geladen, ich habe sie hier im Anhänger.“ Er beleidigt die Menschen mehrfach und behauptet unter anderem, „sie werden uns verbrennen“. Dazu schreibt Marquardt auf X: „In Griechenland haben Anwohner Geflüchtete in einen Kasten gesperrt und darüber im Internet geprahlt.“

In den Kommentaren wird die Echtheit des Videos angezweifelt und nach der Quelle des Videos gefragt. Auch, dass die Gefangenen einen Waldbrand verursacht hätten, wird behauptet.

Unsere Recherche zeigt: Das Video ist echt und wurde in Griechenland aufgenommen. Laut mehreren Medienberichten und einer Polizeimeldung wurden der Macher des Videos und zwei Komplizen verhaftet. Dafür, dass es sich bei den eingesperrten Menschen um Brandstifter handelt, gibt es keine Belege. Eine Anklage wegen versuchter Brandstiftung gegen die Personen wurde fallengelassen.

Auf X zweifeln Nutzerinnen und Nutzer die Echtheit dieses Videos an (Quelle: X; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Personen in Anhänger eingesperrt: Macher des Videos und Komplizen wurden inzwischen verhaftet 

Im X-Beitrag des Grünen-Politikers ist zu erkennen, woher das Video stammt: „EFSYN“ steht darunter. Bei Klick auf den Link, landet man bei einem Beitrag des gleichnamigen X-Profils. Es gehört der griechischen Zeitung Efimerida ton Syntakton (kurz: Efsyn). Efsyn teilte das Video am 22. August, dazu heißt es auf Griechisch: „Migranten in LKW-Anhänger eingesperrt.“ Über eine Google-Suche mit diesen Worten stoßen wir auf mehrere Berichte griechischer Medien. Auch deutsche Medien wie die Taz und Süddeutsche Zeitung berichteten darüber.

Laut den Medienberichten ereignete sich der Vorfall in Alexandroupoli im Nordosten Griechenlands, nahe der türkischen Grenze. Im Anhänger seien 13 Personen eingesperrt worden. Das bestätigen die Angaben der griechischen Polizei. In einer Meldung heißt es: Es handele es sich um „illegale Einwanderer syrischer und pakistanischer Herkunft“, die am 22. August 2023 von einem „Ausländer“ – laut Medienberichten ein Ortsansässiger – und zwei griechischen Staatsbürgern festgehalten worden seien. Die Täter seien inzwischen verhaftet worden. Medienberichten zufolge wird ihnen unter anderem Anstiftung zu Straftaten und rassistisch motivierte Gewalt vorgeworfen. Nach einem Hausarrest befänden sich die drei nun in Untersuchungshaft, berichtete das Medium Voria unter Berufung auf einen Anwalt der Opfer (Stand: 1. September 2023).

Anklagen gegen die im Anhänger eingesperrten Personen wegen angeblich versuchter Brandstiftung und wegen Herstellung und Besitz von Sprengstoff seien inzwischen fallen gelassen worden, berichteten mehrere Medien und deren Verteidiger. Der einzige Beweis für die Vorwürfe seien Aussagen der Täters gewesen, so die Verteidiger. Den 13 Personen werde weiterhin illegale Einreise vorgeworfen.

Fotos der eingesperrten Menschen wurden in Chat-Gruppe geteilt, zusammen mit rassistischen Gewalt-Aufrufen 

Eine weitere Aufnahme des Anhängers findet sich in einem Bericht der Nachrichtenseite The Press Project. Der Artikel benennt eine Chat-Gruppe, in der Menschen zu Gewalt gegen und zur „Jagd“ auf Migrantinnen und Migranten aufriefen. Die Chat-Inhalte sind auf Griechisch, laut dem Artikel sind die drei verhafteten Männer Mitglieder (Stand: 23. August 2023). Im Artikel sind außerdem Screenshots aus dem Chat veröffentlicht – darauf sind Fotos zu sehen, die einige der eingesperrten Menschen zeigen, die auch im Video zu sehen sind.

Redigatur: Kimberly Nicolaus, Sophie Timmermann

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • Meldung der griechischen Polizei, 22. August 2023: Link (Griechisch, archiviert)
  • Medienbericht zum Video von Efimerida ton Syntakton: 22. August 2023: Link (Griechisch)