Faktencheck

Tote Wagner-Figuren als Heilige? Manipulierte Bilder von Prigoschin und Utkin werden für echt gehalten

Im Netz verbreiten sich Fotos, auf denen angeblich christliche Ikonen mit Abbildern von Jewgeni Prigoschin und Dmitri Utkin zu sehen sind. Der Wagner-Chef und der Gründer der russischen Söldner-Truppe sind laut dem Kreml beide Ende August bei einem Flugzeugabsturz gestorben. Manche sehen in den Bildern Satire, andere halten sie für echt.

von Max Bernhard

maniplierte-ikone-wagner-prigoschin-utkin
Diese Bilder von christlichen Ikonen, auf denen Prigoschin und Utkin zu sehen sind, verbreiten sich international im Netz. Doch sie sind manipuliert. (Quelle: X; Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Zwei Fotos zeigten christliche Ikonen mit den Abbildern von Jewgeni Prigoschin und Dmitri Utkin.
Bewertung
Manipuliert. Bei den Bildern handelt es sich um Montagen. Die Originalfotos sind von 2020 und zeigen weder Prigoschin noch Utkin. Die Gesichter der Männer wurden von einer russischen Künstlergruppe nachträglich auf den Ikonen hinzugefügt.

Am 23. August 2023 starben bei einem Flugzeugabsturz laut russischen Angaben der Chef der Wagner-Miliz, Jewgeni Prigoschin, und deren Kommandeur und Mitbegründer Dmitri Utkin. Zwei Monate vor seinem Tod hatte Prigoschin mit seinen Söldnern einen Aufstand gegen die russische Regierung begonnen und dann überraschend vor dem Erreichen Moskaus wieder gestoppt.

Nun verbreiten sich international in Sozialen Netzwerken Bilder, die die Gesichter der beiden Kriegsverbrecher auf orthodoxen Ikonen zeigen sollen. Einige Nutzerinnen und Nutzer vermuten Satire hinter den Bildern, andere halten sie für echt. Russland sei absolut krank, schreibt zum Beispiel ein Nutzer auf X, ehemals Twitter: „Die haben doch für den Terroristen Utkin tatsächlich eine Ikone gefertigt.“

Unsere Recherche zeigt: Das stimmt nicht, bei den Bildern handelt es sich um Montagen. Die ursprünglichen Fotos der Ikonen sind von 2020 und zeigen weder Prigoschin noch Utkin. Die Montagen stammen von einem russischen Künstlerkollektiv.

Screenshot eines X-Beitrags, mit dem Bild der Ikone mit Utkin
Ein Nutzer auf X, ehemals Twitter, scheint das Bild der Ikone mit Utkin für echt zu halten (Quelle: X; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

Gesichter von Prigoschin und Utkin wurden nachträglich in die Fotos der Ikonen montiert  

Über eine Bilder-Rückwärtssuche finden wir das Originalfoto der Ikone, auf der angeblich Utkin zu sehen sein soll, auf der Webseite des russischen Verteidigungsministeriums. Laut einem Beitrag entstand es 2020 und wurde in der Militärkirche der russischen Streitkräfte in Moskau aufgenommen. Im Originalfoto ist eine Marienikone zu sehen und nicht Utkin. Sein Gesicht und die rote-blaue Kleidung wurden dem Foto mit der Ikone und dem orthodoxen Priester auf der rechten Seite nachträglich hinzugefügt.

Die Montage mit Utkin (links) im Vergleich zum Originalfoto (rechts), das 2020 aufgenommen wurde (Quelle: X / mil.ru; Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)
Die Montage mit Utkin (links) im Vergleich zum Originalfoto (rechts), das 2020 aufgenommen wurde (Quelle: X / mil.ru; Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)

Manipulierte Bilder der Ikonen stammen von einer russischen Künstlergruppe

Über eine weitere Bilder-Rückwärtssuche stoßen wir auf das Originalfoto von Utkin. Es zeigt den ehemaligen Wagner-Kommandeur mit unbekleideten Schultern und Tattoos von SS-Runnen auf den Schultern – über das Foto wurde schon mehrfach in Zusammenhang mit Utkins Neonazi-Gesinnung berichtet.

Auch das Bild der angeblichen Prigoschin-Ikone ist eine Montage, wie eine weitere Rückwärtssuche belegt: Das Foto wurde ursprünglich ebenfalls 2020 in der Militärkirche der russischen Streitkräfte aufgenommen. Statt Prigoschin zeigt das Originalfoto ebenfalls eine Marienikone aus einer leicht veränderten Perspektive.

Das Foto (rechts), das 2020 bei der Einweihung einer Militärkirche in Moskau entstanden ist, zeigt nicht Prigoschin, sondern eine Marien-Ikone aus einer leicht veränderten Perspektive (Quelle: X / rtvi.com; Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)
Das Foto (rechts), das 2020 bei der Einweihung einer Militärkirche in Moskau entstanden ist, zeigt nicht Prigoschin, sondern eine Marien-Ikone aus einer leicht veränderten Perspektive (Quelle: X / rtvi.com; Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)

Über eine Stichwortsuche in Englisch auf X („Prigozhin Icon“) finden wir einen Beitrag, der die Fotos der russischen Künstlergruppe „Association of Worst Artists“ („Vereinigung der schlechtesten Künstler“) zuordnet. In der Vergangenheit machte die Gruppe unter anderem mit einer Kreml-kritischen Ausstellung Schlagzeilen.

Auf ihrem Telegram-Kanal hat die Künstlergruppe einen Beitrag mit den Prigoschin-Bildern des russischsprachigen Investigativ-Magazins The Insider vom 30. August geteilt. Darin heißt es: „In Wirklichkeit hat es noch nie einen solchen Gottesdienst gegeben.“ Das Magazin schreibt weiter, das Kunstwerk stamme von einem Mitglied der Künstlergruppe namens „Hogfaces“.

Tatsächlich finden sich auf einem gleichnamigen Instagram-Profil sowohl die Fotomontage der Ikone mit Prigoschin als auch die mit Utkin.

Screenshot des Instagram-Posts von Hogfaces, auf dem das manipulierte Bild mit der Utkin-Ikone zu sehen ist
Das Instagram-Profil Hogfaces teilte sowohl die manipulierten Bilder der Ikonen mit Utkin als auch mit Prigoschin am 30. August (Quelle: Instagram; Screenshot und Unkenntlichmachung: CORRECTIV.Faktencheck)

Einen Überblick mit allen Faktenchecks von uns zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier.

Redigatur: Paulina Thom, Uschi Jonas

Hybride Attacken, politische Morde, Propaganda und Schmiergelder – das alles im neuen CORRECTIV-Buch „Europas Brandstifter: Putins Krieg gegen den Westen“