Panzer mit Bundeswehr-Besatzung in der Ukraine zerstört? Dafür gibt es keine Belege
Russische Staatsmedien verbreiten eine brisante Behauptung: Angeblich hätten Truppen in der Ukraine einen Leopard-Panzer mit deutscher Besatzung zerstört. Doch dafür gibt es keine Belege.
Von russischer Seite wird immer wieder behauptet, Soldatinnen und Soldaten westlicher Länder kämpften verdeckt in der Ukraine. Bisher haben sich solche Behauptungen allerdings als falsch oder unbelegt herausgestellt. Von russischen Medien und in Sozialen Netzwerken wird nun aktuell behauptet, russische Truppen hätten einen Panzer samt Bundeswehr-Besatzung „liquidiert“.
Die Details: Laut einem Kommandeur mit Rufnamen „Legenda“ hätten russische Streitkräfte einen an die Ukraine übergebenen Leopard-Panzer mit einer „ausschließlich deutschen Besatzung aus Bundeswehrsoldaten“ im Frontabschnitt in der Region Saporischschja im Südosten der Ukraine zerstört, schreibt unter anderem das staatliche Medium RT DE unter Berufung auf die ebenfalls staatliche Nachrichtenagentur RIA Novosti. Auch Telegram-Kanäle wie Neues aus Russland verbreiten die Behauptung weiter.
Doch dafür gibt es keine Belege, wie unsere Recherche zeigt.
RIA Novosti bezieht sich in seinem Text auf die Aussagen eines anonymen Kommandeurs mit dem Rufzeichen „Legenda“ („легенда“). Er spreche gut Deutsch und habe nach einem erfolgreichen Angriff auf einen Leopard-Panzer einen verletzten deutschen Soldaten in dem Fahrzeug angetroffen. Dieser hätte gesagt, er sei Bundeswehrsoldat, wie der Rest der inzwischen toten Besatzung. Später sei auch der Mann gestorben. Belege, wie zum Beispiel Bilder oder die Namen der angeblichen deutschen Besatzung, lieferten weder die angebliche Quelle noch der Staatssender.
Das Rufzeichen „легенда“ des angeblichen Kommandeurs, von dem die Behauptung stammen soll, hat im Russischen zwei Bedeutungen: es kann Legende bedeuten, aber auch Erfindung oder Märchen.
Verteidigungsministerium dementiert: Keine Bundeswehrsoldatinnen oder -soldaten in der Ukraine im Einsatz
Auf Nachfrage schreibt eine Sprecherin des Bundesverteidigungsministeriums: „In der Ukraine sind keine Bundeswehrsoldatinnen oder -soldaten im Einsatz.“ Auch gibt es dafür derzeit gar keine Grundlage. Denn der Bundestag muss einer solchen Beteiligung der Bundeswehr an bewaffneten Einsätzen im Ausland, wie beispielsweise dem Auslandseinsatz in Mali, vorher zustimmen. Für einen Einsatz in der Ukraine gibt es so eine Zustimmung nicht – die Bundeswehr beteiligt sich lediglich an der europäischen Ausbildungsmission (EUMAM UA), um das von Russland angegriffene Land zu unterstützen.
Außerdem gibt es sogenannte anerkannte Missionen zum Schutz des Nato-Bündnisgebietes für die kein Bundestagsmandat notwendig ist. Wo deutsche Soldatinnen und Soldaten derzeit eingesetzt sind, zeigt die Bundeswehr auf einer Karte auf ihrer Webseite (Stand Juni 2023). Die Ukraine ist nicht darunter.
Deutsche und österreichische Militär- und Sicherheitsexperten gehen insgesamt von einem geringen Anteil ausländischer Kämpfer in der Ukraine aus, wie wir im Juni 2023 berichteten. Den Einsatz von Nato-Soldaten schlossen sie dabei aus. Dass ehemalige Angehörige von Nato-Armeen als Söldner oder freiwillige Kämpfer in der Ukraine schweres Gerät wie Panzer oder Flugabwehrwaffen bedienen würden, hielten sie für sehr unwahrscheinlich.
Das deutsche Verteidigungsministerium schrieb uns damals auf Anfrage, es führe keine Statistiken über die Zahl ehemaliger Bundeswehrsoldatinnen und -soldaten – könne also auch nicht sagen, ob und wie viele aktuell in der Ukraine in das Kriegsgeschehen eingebunden seien.
Keine Belege für angeblichen Vorfall mit Bundeswehr-Besatzung
Wie bereits erwähnt, wurde die Behauptung unter anderem von den russischen Staatsmedien RT und Ria Novosti verbreitet. RT ist in der EU seit März 2022 gesperrt, umgeht diese Sperre jedoch. Auch auf Facebook, Telegram, Tiktok, X (ehemals Twitter) und Youtube wurde die Behauptung geteilt. Außerdem wird sie von X-Profilen geteilt, die vermutlich zu einem pro-russischen Netzwerk gehören, über das wir bereits berichteten.
In der Vergangenheit haben pro-russische Kanäle schon mehrfach ähnliche Behauptungen verbreitet – die sich dann als falsch herausstellten. Im März 2023 sollte mit einem mehr als zehn Jahre alten Foto belegt werden, dass ein Leopard 2 erobert wurde. Im Mai sollte eine Aufnahme belegen, dass es in der Ukraine Nato-Soldaten gebe. Das Foto stammte jedoch von 2021 und zeigte Kabul in Afghanistan. Im Juni hieß es dann, ein Video zeige die Zerstörung eines Panzers – der stellte sich jedoch als Mähdrescher heraus.
Einen Überblick mit allen Faktenchecks von uns zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier.
Redigatur: Matthias Bau, Uschi Jonas
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:
- Webseite des Bundesverteidigungsministeriums zu Auslandseinsätzen: Link (archiviert)
- Informationen des Bundestags zu aktuellen Auslandseinsätzen: Link (archiviert)
- Karte zu Einsätzen und Missionen der Bundeswehr: Link (archiviert)