Falschinformation zur EU-Wahl: Man hat nicht drei Stimmen, sondern nur eine
Zur EU-Wahl am 9. Juni kursieren mehrere falsche Behauptungen. In einem Tiktok-Beitrag heißt es etwa, man solle drei Kreuze machen. Das ist falsch, Wählerinnen und Wähler haben nur eine Stimme.
Am 9. Juni findet die EU-Wahl statt. Aktuell tauchen dazu mehrere irreführende Behauptungen auf – etwa, dass ein Loch in der Ecke des Stimmzettels diesen ungültig mache (das ist falsch).
In einem Tiktok-Beitrag vom 13. Mai heißt es, bei der EU-Wahl sollten drei Kreuze gemacht werden: Die ersten zwei in der Kandidatenliste in der ersten Spalte und das andere Kreuz im Kreis in der zweiten Spalte. „So wird ein Wahlbetrug abgesichert.“ Das stimmt nicht.
Bei der EU-Wahl hat man nur eine Stimme
Anders als bei der Bundestagswahl, wo es eine Erst- und Zweitstimme gibt, haben Wählerinnen und Wähler bei der EU-Wahl nur eine Stimme. Man darf „daher nur ein Kreuz auf dem Stimmzettel setzen“, schreibt die Bundesregierung auf ihrer Webseite. Das bestätigt das Büro der Bundeswahlleiterin auf Nachfrage von CORRECTIV.Faktencheck: „Jeder Wahlberechtigte darf nur ein Kreuz setzen.“ Setze man mehr Kreuze, „wäre der Stimmzettel ungültig.“
Mit der Stimme wählen Bürgerinnen und Bürger eine Partei oder eine politische Vereinigung. „Man wählt keine Kandidaten, sondern eine sogenannte Wahlliste, die vorher von den Parteien auf Parteitagen festgelegt wurde“, erklärt die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg. Insgesamt sind laut Bundeswahlleiterin 35 Parteien und sonstige politische Vereinigungen zur EU-Wahl zugelassen. Die Reihenfolge, in der sie auf dem Stimmzettel stehen, richtet sich nach deren Ergebnis bei der letzten Europawahl 2019.
Auf Muster-Stimmzetteln ist gut zu erkennen, wie die Stimmabgabe funktioniert.
Der Wählerwille muss eindeutig erkennbar sein
Wichtig bei der Stimmabgabe: „Der Wille der Wählerin und des Wählers muss eindeutig zu erkennen sein“, schreibt die Bundeswahlleiterin auf ihrer Webseite. Das Kreuz muss dafür nicht zwingend im vorgesehenen Kreis gesetzt werden. „In der Regel werden auch andere Symbole (zum Beispiel Punkt, Haken, Doppelkreuz und Ähnliches) als zulässig erachtet.“
Und was passiert, wenn man Kandidatinnen und Kandidaten streicht, wie im Tiktok-Beitrag erwähnt? Das Büro der Bundeswahlleiterin erklärt auf Nachfrage: „Wenn einzelne Bewerbende gestrichen sind, dann ist durch die Streichung eines Namens oder mehrerer Namen von der Liste die Stimmabgabe für den Wahlvorschlag mit einem Vorbehalt versehen.“ Das führe zur Ungültigkeit der Stimmabgabe.
Aus dem Durchstreichen von Wahlvorschlägen könne auch nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass die Stimme dem verbleibenden, nicht durchgestrichenen Wahlvorschlag gelten soll. Der Wählerwille komme nicht eindeutig zum Ausdruck.
Bei Kommunalwahlen hat man mehrere Stimmen und darf Personen von Listen wegstreichen
Eventuell hat der Tiktok-Account die EU-Wahl mit den Kommunalwahlen verwechselt, von denen einige gleichzeitig zur EU-Wahl am 9. Juni stattfinden. Dort hat man mehrere Stimmen und kann diese auf Parteien und Kandidaten aufteilen, durch Kumulieren, Panaschieren oder Streichen. Beim Streichen kann man bestimmte Kandidaten auf einer Liste ausschließen, wenn man die Liste als Ganzes angekreuzt hat.
Da bei der EU-Wahl keine Kandidatinnen und Kandidaten gewählt werden, sondern eine Wahlliste, gibt es dieses „Prinzip des Streichens“ bei den Europawahlen nicht, bestätigt auch Jeanette Reusch-Mlynarik von der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg auf Nachfrage.
Mehrere Falschmeldungen vor der EU-Wahl
In einer Hinsicht liegt der Tiktok-Beitrag richtig: Man sollte einen Wahl- beziehungsweise Stimmzettel nicht unterschreiben. Das würde die Stimme ungültig machen, wie wir hier erklären.
Oft werden mit solchen Falschbehauptungen – wie auch in diesem Fall auf Tiktok – AfD-Wählerinnen und Wähler angesprochen. Zuvor wurden auch Grünen-Wähler schon Ziel eines ähnlichen Aufrufs.
Bei der vergangenen Europawahl 2019 gab es ähnliche Behauptungen, die Verunsicherung schüren sollen. So hieß es, mit Wahlbenachrichtigungen könne man für andere wählen oder ein zu großes Kreuz mache die Stimme ungültig.
Redigatur: Alice Echtermann, Viktor Marinov
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