Hintergrund

Desinformation vor der EU-Wahl? Übersicht über Fakes und Faktenchecks

Es gab keine großen, koordinierten Kampagnen, aber mehrere Falschmeldungen mit EU-Bezug, die gegen einzelne Parteien gerichtet waren.

von Tania Röttger

BELGIUM-EU-POLITICS-ELECTIONS
Journalisten verfolgen die Ergebnisse der EU-Wahl am 26. Mai 2019 im Europäischen Parlament in Brüssel. (Foto: Emmanuel DUNAND / AFP)

Vor der EU-Wahl warnten Politiker, Stiftungen und Regierungsbeamte vor möglichen Angriffen auf den Wahlkampf. Desinformationskampagnen sind dabei ein Aspekt, neben Cyberattacken.

Um das Ausmaß von Desinformation abschätzen zu können, beobachtet unser Faktencheck-Team die Sozialen Netzwerke. Unser Fazit ist: Es gab Wahl-bezogene Falschmeldungen, vor allem, um andere Parteien zu diskreditieren. Große, koordinierte Kampagnen haben wir aber nicht gesehen.

Auch Forschungsinstitute, Unternehmen und NGOs haben sich vor der Wahl angeschaut, welche Themen zielgerichtet Wahlentscheidungen beeinflussen sollten, und auf welche Art dies auf den Sozialen Medien verbreitet wurde. Zum Beispiel das Oxford Internet Institute oder die Organisation Avaaz. Dabei fällt auf, dass es nicht ausschließlich um Desinformation geht, sondern auch um Meinungen, Hetze oder Beleidigung. Im Fokus sind dabei meist rechte Parteien.

Wer, wie wir, Gerüchte prüft – also Tatsachenbehauptungen mit öffentlich verfügbaren, unabhängigen und offiziellen Fakten abgleicht – stellt meist fest: Es dauert lange und ist selten schwarz-weiß, selten ganz richtig oder ganz falsch. Im Gegenteil: Viele Behauptungen befinden sich irgendwo dazwischen und sind oft mit Meinungen verbunden.

Hier folgt unsere Übersicht über Fakes, die sich auf die EU-Wahl bezogen.

Thema am Wahltag: Angeblicher Wahlbetrug

Am Wahltag sind wir darauf eingestellt, dass Behauptungen über angeblichen Wahlbetrug auftauchen. Der Verein „Ein Prozent“ ruft vor Wahlen zur Wahlbeobachtung auf, er steht den sogenannten Identitären nahe, einer internationalen rechten Bewegung. Am Wahltag veröffentlichte der Verein eine Meldung zu angeblichem Wahlbetrug im bayerischen Welden. Auch am Wahltag der Bundestagswahl 2017 veröffentlichte „Ein Prozent“ einen Beitrag auf Facebook, der einen  Fall verzerrte. Allerdings teilten ihn damals nur 25 Nutzer. Doch die Meldung zur Europawahl erreichte in kurzer Zeit mehr als 4000 Shares.

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Aussagen von Politikern und erfundene Zitate

Im Wahlkampf nehmen es Politiker mit den Fakten manchmal nicht so genau. Das ergab auch unser Faktencheck: Wir haben die Aussagen der Spitzenkandidaten Manfred Weber und Frans Timmermans im TV-Duell geprüft. Themen waren: Klimawandel, Migration und Wirtschaft.

Das TV-Duell von Timmermans und Weber im Faktencheck

Allerdings hatte auch ein Format der Falschmeldungen Konjunktur: erfundene Politiker-Zitate. Das betraf unter anderem Jean-Claude Juncker und den Spitzenkandidaten Frans Timmermans.

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Falschmeldungen über die EU

Wir haben auch einige falsche Behauptungen über die EU gesehen: zum Beispiel über eine angebliche EU-Richtlinie oder das Vermögen der Deutschen im Zusammenhang mit den Zahlungen an die EU.

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Diskreditierung von Parteien: Gefälschte Wahlplakate

Besonders die CDU war davon betroffen. In den Wochen vor der Wahl tauchten immer wieder gefälschte Wahlplakate auf. Sie sollten die CDU als Deutschen-feindlich, Migranten-freundlich und als Gefahr für die innere Sicherheit darstellen.

Dies ist kein Wahlplakat der CDU, sondern eine Fälschung

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Vor EU-Wahl: Noch ein gefälschtes Wahlplakat der CDU im Umlauf

Dieses Wahlplakat ist eine Fälschung

Diskreditierung von Parteien: Überspitzte Wahlforderungen

Auf Grafiken wurden auch die angeblichen Forderungen von Parteien aufgeführt. Zum Beispiel der Grünen, aber auch eine Tabelle, die vorgab, die großen Parteien zu vergleichen, zugeschnitten auf das Parteiprogramm der AfD. Allerdings tauchte auch eine alte Grafik über die AfD auf, in der ihr Bundestagswahlprogramm von 2017 falsch dargestellt wurde.

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Wie eine angebliche Entscheidungshilfe Wähler in die Irre führt

Dieses Bild mit falschen Behauptungen zum AfD-Wahlprogramm 2017 wird zehntausendfach geteilt

Falsche Behauptungen über die Wahl

Auch falsche Behauptungen darüber, wie gewählt wird, tauchen regelmäßig vor Wahlen auf. Manche von ihnen sahen wir schon bei der Bundestagswahl 2017. Mit dabei sind immer wieder Aufrufe an die Wähler bestimmter Parteien, ihre Stimmzettel zu unterschreiben.

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