Faktencheck

Collage mit falschen Zitaten von Jürgen Trittin und Joschka Fischer in Umlauf

Online werden den ehemaligen Grünen-Ministern Jürgen Trittin und Joschka Fischer Zitate zugeschrieben, in denen sie sich abfällig über Deutschland äußern. Doch für die angeblichen Äußerungen gibt es keine Belege.

von Paulina Thom

Joschka Fischer und Juergen Trittin Die Gruenen 255418697
Joschka Fischer, damaliger Bundesaußenminister, und Jürgen Trittin, damaliger Bundesumweltminister, auf dem Parteitag der Grünen 2005. Seit Jahren kursieren online erfundene Zitate der beiden. (Quelle: Thomas Koehler / Photothek / Picture Alliance)
Behauptung
Joschka Fischer habe gesagt: „Deutschland ist ein Problem, weil die Deutschen fleißiger, disziplinierter und begabter als der Rest Europas sind. Das wird immer wieder zu ‚Ungleichgewichten‘ führen. Dem kann aber gegengesteuert werden, indem so viel Geld wie nur möglich aus Deutschland herausgeleitet wird. Es ist vollkommen egal, wofür. Es kann auch radikal verschwendet werden – Hauptsache, die Deutschen haben es nicht. Schon ist die Welt gerettet.“ Jürgen Trittin habe gesagt: „Es geht nicht um Recht oder Unrecht in der Einwanderungsdebatte, uns geht es zuerst um die Zurückdrängung des deutschen Bevölkerungsanteils in diesem Land.“
Bewertung
Größtenteils falsch
Über diese Bewertung
Größtenteils falsch. Die beiden Zitate kursieren seit Jahren ohne Belege in Sozialen Netzwerken und Blogs. Trittin dementierte, sich so geäußert zu haben.

„Bei solchen Aussagen frage ich mich, warum die Grünen nicht unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes stehen“, heißt es auf einem Sharepic auf Facebook mit angeblichen Zitaten der ehemaligen Grünen-Minister Joschka Fischer und Jürgen Trittin. Auch auf Instagram kursieren die angeblichen Äußerungen. 

Fischer, von 1998 bis 2005 deutscher Außenminister, soll gesagt haben, Deutschland müsse geschwächt werden und deshalb solle „so viel Geld wie nur möglich aus Deutschland herausgeleitet“ werden. Trittin, ehemaliger Bundesumweltminister, wird dagegen folgende Äußerung in den Mund gelegt: „Es geht nicht um Recht oder Unrecht in der Einwanderungsdebatte, uns geht es zuerst um die Zurückdrängung des deutschen Bevölkerungsanteils in diesem Land.“

Screenshot mit den zwei falschen Zitaten
Diese Zitate, die sich aktuell auf Facebook und Instagram verbreiten, sind erfunden (Quelle: Facebook / Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Fake-Zitat von Joschka Fischer hält sich seit mindestens 2011 hartnäckig im Netz

Es ist nicht das erste Mal, dass uns die angeblichen Äußerungen der beiden Politiker online begegnen. Sie werden seit Jahren mal allein, mal als Teil von Zitat-Collagen verbreitet. Doch keines der Zitate ist echt. 

Unter dem angeblichen Zitat von Joschka Fischer steht, er soll sich so 2008 in den USA geäußert haben. Doch weder Suchen bei Google auf Deutsch noch auf Englisch liefern irgendwelche seriösen Treffer. Ebenso wenig findet sich die Äußerung in der Pressedatenbank Genios. Auf Nachfrage erhielten wir von Fischer keine Antwort. 

Wie wir in einem Faktencheck 2019 schrieben, findet sich das angebliche Zitat jedoch nur in Nutzerkommentaren, Kundenrezensionen, Beiträgen in Blogs und Sozialen Netzwerken. In einem englischen Kommentar von 2014 war als Quelle für das Zitat der Blog Metapedia angegeben – dahinter steckte laut Verfassungsschutzbericht Nordrhein-Westfalen von 2008 eine „im Stil der Wikipedia gehaltene rechtsextremistische Variante“ (PDF, Seite 90). Laut dem Blog Falschzitate tauchte das angebliche Fischer-Zitat erstmals 2011 auf der rechtsextremen Webseite Pi-News in einem Leserkommentar auf.

Angebliches Zitat von Jürgen Trittin über Einwanderung ist ebenfalls erfunden

Auch die angebliche Äußerung Trittins in Bezug auf die Einwanderungsdebatte kursiert schon seit einigen Jahren. 2016 veröffentlichte die Braunschweiger Zeitung das erfundene Zitat im Rahmen eines Leserbriefes – als Quelle nannte der Leser die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) vom 2. Januar 2005. Nach Hinweisen auf die Fälschung prüfte die Braunschweiger Zeitung das Zitat im Leserbrief. Das Archiv der FAS teilte mit, dass es sich um kein Zitat der Zeitung handele und es auch kein entsprechendes Interview mit Trittin gegeben habe. 

Auch in der Pressedatenbank Genios liefert eine Suche nach dem angeblichen Zitat keine Ergebnisse. Auf Nachfrage an Jürgen Trittin über den Kurznachrichtendienst X erhielten wir für einen früheren Faktencheck die Rückmeldung, dass das Zitat nicht von ihm stamme. 

Hier geben wir weitere Tipps, wie man Fake-Zitaten auf die Schliche kommt. 

Redigatur: Matthias Bau, Steffen Kutzner

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