Proteste gegen AfD-Parteitag in Riesa: Tiktok-Kommentar ist kein Beleg für „Demogeld“
Ein Kommentar auf Tiktok soll als Beleg herhalten, dass Teilnehmende bei Aktionen gegen den AfD-Parteitag in Riesa „Demogeld“ erhalten hätten. Tausende Nutzerinnen und Nutzer verbreiten das Gerücht, nur wenige teilen es im Scherz.
Nach großen Protesten wird im Netz häufiger behauptet, Teilnehmende hätten „Demogeld“ erhalten. So auch nach den Protesten im sächsischen Riesa gegen den Parteitag der AfD am 11. Januar 2025. Laut Medienberichten gingen an dem Tag mindestens zehntausend Menschen auf die Straße.
„Mit besten Dank an den Steuerzahler“, heißt es danach in vielen Beiträgen in Sozialen Netzwerken. Sie unterstellen – teils im Scherz, teils ernst gemeint –, dass Demonstranten in Riesa bezahlt worden seien. Beweisen soll das ein Bild, das einen Kommentar von einem Tiktok-Nutzer zeigt. Er behauptet, er habe 474 Euro „Demogeld“ für drei Stunden und zweimal warmes Essen bekommen, sei abgeholt und nach Hause gefahren worden.
Obwohl die Behauptung unglaubwürdig wirkt, folgen hunderte, teils wütende Reaktionen – ein Facebook-Beitrag mit dem Bild wurde mehr als 5.200 Mal geteilt. Nutzerinnen und Nutzer verbreiteten es auch auf Tiktok, Telegram, X und den Plattformen des US-Konzerns Meta (Instagram, Threads, Whatsapp).
Das X-Profil „Die Insider“ hat einige Kommentare gesammelt: „Sags ja immer wieder alles nur gekauft!“, schreibt ein Nutzer. Ein anderer kommentiert: „War doch schon vorher klar, dass diese sogenannten Demokratieschützer nur gekauftes Pack sind!“ Einer fragt nach einer Quelle – er erhält die Antwort: „Ist doch dabei. Eine Nachricht aus Facebook.“
Das Nutzerprofil, das den Tiktok-Kommentar verfasst hat, ist nicht mehr auffindbar
Der angebliche Beleg zeigt keine Facebook-Nachricht, sondern einen Kommentar, den jemand zu einem Video auf Tiktok verfasst hat. Das ist zum Beispiel an den Texten „Für dich“ und „Folge ich“ oben im Bild zu erkennen – beides Rubriken in der mobilen App. Nicht ersichtlich ist, wo genau und an welchem Datum der Kommentar erschienen ist.
Ein Tiktok-Profil mit dem entsprechenden Nutzernamen ist Ende Januar nicht mehr auffindbar. Das Profil lässt sich also weder kontaktieren noch liefert der Kommentar überprüfbare Details, zum Beispiel von wem der Nutzer das Geld erhalten haben soll. Der Kommentar allein ist kein Beleg für die Behauptung.
Laut Bündnis „Widersetzen“ wurden Demo-Teilnehmende nicht bezahlt
Ein Blick auf die Fakten: Die Polizei ging im Vorfeld der Demonstrationen von rund 10.000 Teilnehmenden aus – bei 474 Euro pro Teilnehmer lägen die Kosten bei etwa 4,47 Millionen Euro. Bundesweit aufgerufen zu Aktionen und Demonstrationen gegen den AfD-Parteitag in Riesa hatte das spendenfinanzierte Bündnis „Widersetzen“.
Zu dem Bündnis gehören laut Webseite „lokale Initiativen aus Riesa und Umgebung, Gewerkschaften, antirassistische und antifaschistische Initiativen und Organisationen, Klimabewegte, NGOs und viele mehr“. Eine Sprecherin schrieb uns, in Riesa hätten sich über 80 unterschiedliche gesellschaftliche Akteurinnen und Akteure beteiligt.
Sie schrieb weiter, dass Teilnehmende für Anreise, Verpflegung oder Teilnahme nicht entschädigt worden seien. Es gebe aber zum Beispiel solidarische Bustickets, die einigen günstigere Tickets ermöglichen, und die Kosten könnten auch regional solidarisch geteilt werden. „Darüber haben wir aber keine Informationen.“
Satire zu Demogeld wird immer wieder ernst genommen
Manche der Beiträge in Sozialen Netzwerken verlinken neben dem Kommentar das Foto eines Standes von „Die Partei“. „Hier Demogeld“ steht dort auf einem Schild. Doch wie die DPA in einem Faktencheck berichtet, handelt es sich bei dem Plakat um Satire – den Stand der Partei gab es, doch wurden dort keine echten, sondern verfremdete Scheine ausgegeben.
Behauptungen zu einem angeblichen Demogeld kursieren schon länger und häufig im Scherz. Ein Satire-Artikel der taz zu dem Thema wird ebenfalls noch Jahre später von manchen ernst genommen.
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Redigatur: Kimberly Nicolaus, Gabriele Scherndl