Grünen-Politiker Jürgen Trittin werden falsche Zitate zum Thema Migration zugeschrieben
In Sozialen Netzwerken verbreitet sich ein Bild, das dem Grünen-Politiker Jürgen Trittin verschiedene Zitate zum Thema Migration und Einwanderung zuschreibt. Doch bis auf eines sind sie alle erfunden – beim letzten könnte es sich um eine falsche Übersetzung handeln.
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Ein Foto zeigt einen Ausschnitt aus einer Broschüre oder einem Buch, zu sehen sind ein Foto von Grünen-Politiker Jürgen Trittin und verschiedene Aussagen zum Thema Migration, die ihm zugeschrieben werden. Die angeblichen Zitate werden im Januar und Februar auf X, Facebook, Threads und Linkedin verbreitet, erhalten teilweise tausende Likes. Woher das Foto stammt, ist unklar. Doch die Zitate sind größtenteils falsch – und werden mitunter seit Jahren verbreitet.
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Drei Zitate stammen nicht von Jürgen Trittin, sie werden seit Jahren falsch verbreitet
„Es geht nicht um Recht oder Unrecht in der Einwanderungsdebatte, uns geht es zuerst um die Zurückdrängung des deutschen Bevölkerungsanteils in diesem Land.“
Beim ersten Zitat wird keine Quelle angegeben. Doch es verbreitet sich seit Jahren, teilweise mit Verweis auf die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) als vermeintlichen Ursprung. Sowohl Trittin als auch die FAS dementierten, dass das Zitat von dem Politiker stammt, wie wir bereits in einem früheren Faktencheck berichteten. Auch sonst fanden sich damals und heute keine Belege, dass Trittin sich jemals so geäußert hat.
„Deutschland verschwindet jeden Tag immer mehr, und das finde ich einfach großartig.“
Auch diese Worte stammen nicht von Trittin, wie wir 2019 in einem Faktencheck berichteten. Auch hier wurde die FAS als Quelle angegeben. Die Zeitung selbst berichtete bereits 2015, dass Trittin den Satz nie gesagt habe.
„50 Prozent Araber sind mir lieber als fünf Prozent Rechtsradikale.“
Das dritte Zitat stammt ebenfalls nicht von Trittin. Als Quelle ist Thilo Sarrazins Buch „Deutschland schafft sich ab“ genannt – das ist richtig, auch Trittin ist dazu genannt. Doch in dem betreffenden Textabschnitt handelt es sich um eine fiktive Erzählung des Autors. Die Passage wurde 2010 auch von der Bild veröffentlicht, dazu zitiert die Zeitung Sarrazin: „Ich habe meiner Fantasie freien Lauf gelassen.“ So steht es auch an der entsprechenden Stelle im Buch. Trittin weist ebenfalls auf Nachfrage darauf hin, dass das vermeintliche Zitat eine Erfindung Sarrazins ist. Das ergibt sich auch aus dem Kontext. Das Buch erschien 2010, während die entsprechende Textpassage von einem Wahlkampf in 2017 spricht.
Viertes Zitat soll 1993 in London gefallen sein – Trittin spricht von einem Übersetzungsfehler
„[Deutschland ist ein] in allen Gesellschaftsschichten und Generationen rassistisch infiziertes Land.“
Das vierte Zitat soll Trittin 1993 in London gesagt haben, bei einer Rede am dortigen Goethe-Institut. Auf Nachfrage von CORRECTIV.Faktencheck erklärt Trittin jedoch, dass es sich um einen Übersetzungsfehler handele. Er habe damals auf Englisch gesagt „affected by racism“ – betroffen von Rassismus also – nicht „infected by racism“. Eine Aufzeichnung der Rede gibt es höchstwahrscheinlich nicht, wie uns eine Sprecherin des Goethe-Instituts London auf Nachfrage mitteilt.
Fazit: Drei der Zitate sind also frei erfunden und bei einem könnte es sich um eine Falschübersetzung handeln.
Hier geben wir Tipps, wie Sie Falschzitate erkennen.
Redigatur: Sophie Timmermann, Uschi Jonas