Was tun bei Überfällen?
Die Polizei rät dazu, sich im Falle eines Überfalls keine Gegenwehr zu leisten. Notfalls solle man sich misshandeln oder sogar töten lassen. Stimmt das?
Vor allem in Großstädten mit mehr als 500.000 Einwohnern kommt es häufiger zu Straßenüberfällen als im Rest des Landes. Im Jahr 2016 wurden in der gesamten Bundesrepublik laut Bundeskriminalamt 164.771 Taschendiebstähle erfasst. Dazu kommen 43.009 Raubüberfälle. In den sozialen Netzwerken kursiert nach einem Vorfall in Bielefeld erneut eine vermeintliche Empfehlung der Polizei: den Tätern keinen Widerstand zu leisten, sich notfalls misshandeln oder gar töten zu lassen. Sie ist in den vergangenen hundertfach geteilt und verlinkt worden.
Tatsächlich wurde ein Mann am 19. August 2017 bei einem Straßenraub in Bielefeld durch mehrere Täter verletzt. Sie folgten ihm und griffen nach seiner Regenjacke. Der 34-Jährige hielt seine Jacke fest, woraufhin die Täter ihn mit Fäusten schlugen, bis er zu Boden ging und die Täter sich unerkannt entfernten. Die zuständige Polizeidienststelle Bielefeld veröffentlichte den Vorfall verbunden mit dem Hinweis, Gegenwehr steigere die Aggressivität bei Räubern.
In diesem präventiven Aufruf der Polizei Bielefeld, der laut Polizeisprecherin auf den Erfahrungswerten der Bielefelder Einsatzkräfte basiert, interpretierten einige Kommentatoren bei Facebook hinein, man dürfe sich generell nicht mehr wehren. Ihre Schlussfolgerung: Der Staat versage.
„Unser Hinweis bezieht sich auf ein Raubdelikt. Andere Delikte fordern gegebenenfalls andere Handlungen“, erläutert Kriminalhauptkommissarin Sonja Rehmert von der Polizei Bielefeld. „Den Verlust eines Wertgegenstandes hinzunehmen, um körperlichen Schaden abzuwenden, ist eine Empfehlung. Wenn man sich wehrt, wird der Täter möglicherweise aggressiv. Er möchte weiter seine Tat durchsetzen.“
Auf ihrer Webseite rät die Polizei Bielefeld außerdem: „Leisten Sie Widerstand nur dann, wenn Sie sich dem Täter gegenüber körperlich überlegen fühlen und eine reelle Erfolgsaussicht besteht. Ihnen könnten bei aktiver Gegenwehr durch massive Gewaltanwendung oder durch einen Sturz erhebliche Gesundheitsschäden drohen. Sollten Sie Opfer einer Raubstraftat werden, versuchen Sie Ruhe zu bewahren. Prägen Sie sich nach Möglichkeit den oder die Täter und den Handlungsablauf genau ein. Bitten Sie Passanten und andere Beobachter der Straftat, sich als Zeuge zur Verfügung zu stellen; notieren Sie sich deren Personalien und informieren Sie nach der Tat unverzüglich die Polizei.“