Faktencheck-Tipps

So kommen Sie Fake-Zitaten auf die Schliche

Politikern und berühmten Personen werden gerne erfundene Zitate in den Mund gelegt, die sich dann über Jahre im Netz verbreiten. Mit diesen Kniffen kommen Sie den angeblichen Aussagen auf die Schliche.

Screenshot 2024-01-08 165929
Gefälschte Zitate lassen sich nur selten auf den ersten Blick erkennen. Aber es gibt Mittel und Wege, ihnen auf die Schliche zu kommen. (Symbolbild: Pixabay)

Dieser Artikel ist Teil einer Reihe von Tipps zu unserer Faktencheck-Arbeit. Mehr davon gibt es hier

Seit 2021 kursiert ein erfundenes Zitat von Annalena Baerbock. Angeblich, so heißt es, wolle sie die Witwenrente abschaffen. Mit einer einfachen Internetsuche lässt sich der Fake binnen einer Minute entlarven. Doch viele Menschen können oder wollen offenbar keine Suchmaschine bemühen, bevor sie solche erfundenen Aussagen verbreiten. 

Fake-Zitate bekannter Personen gibt es zuhauf. Sie werden gern als Textkachel mit einem Bild des vermeintlichen Sprechers verbreitet. Hintergrund, so der Zitatforscher Gerald Krieghofer gegenüber dem BR, sei meist Gedächtnisirrtum, Wunschdenken oder Versehen“. Beliebt sind auch Zitate, die man Toten unterstellt, etwa Einstein, Tucholsky, Platon, Stanley Kubrick oder Dostojewski. Sie können für die Verbreitung von Lebensweisheiten oder Gesellschaftskritik genutzt werden – nicht immer mit böser Absicht. Doch immer wieder dienen gefälschte Zitate gezielter Stimmungsmache und politischer Instrumentalisierung wie im Falle Baerbocks.

Mit diesen Kniffen kommen sie den falschen Aussagen auf die Schliche. Ein Tipp vorweg: Vorsicht vor vermeintlich seriösen Zitatforen. 

Tipp 1: Gezielte Internetsuche mit Suchoperatoren

Um Zitate als frei erfunden zu entlarven, reicht oft schon eine Internetsuche. Das exakte Zitat finden Sie, indem Sie beispielsweise bei Google den genauen Wortlaut des Zitats in Anführungszeichen setzen. So werden nur exakt die Sätze gefunden, die man eingegeben hat. 

Einen Teil des angeblichen Zitats in Anführungszeichen zu suchen, hilft, nur das exakte Zitat zu finden. Weitere Suchbegriffe lassen sich jedoch trotzdem eingeben, wie in unserem Beispiel. (Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

In unserer Beispielsuche mit dem erfundenen Baerbock-Zitat finden sich bereits unter den ersten Treffern etliche Faktenchecks, die einordnen, dass Baerbock das nie gesagt hat. Manchmal finden sich auch überhaupt keine Treffer für das gesuchte Zitat – ebenfalls ein klarer Hinweis, dass die Aussage so nie getroffen wurde. Gar keine Treffer können allerdings auch ein Hinweis sein, dass sich zwischen den Anführungszeichen Tippfehler oder doppelte Worte eingeschlichen haben, also sollte man hier im Zweifel nochmal kontrollieren, ob wirklich alles korrekt geschrieben ist.

Wichtig bei der Internetsuche: Vielfach zu findende Zitatedatenbanken sind keine verlässlichen Quellen. Wird keine Quelle angegeben, ist Vorsicht geboten. 

Tipp 2: Quellenangaben checken und vertrauenswürdige Quellen suchen

Ist beim vermeintlichen Zitat eine Quelle angegeben, kann man diese prüfen. Saskia Esken soll zum Beispiel in einem Zeit-Interview gesagt haben, die Menschen müssten Verzicht lernen. In dem Interview sagte sie diesen Satz aber gar nicht. 

Um ein Zitat als gefälscht zu entlarven, müssen Sie nicht unbedingt selbst Nachforschungen anstellen. Viele Faktencheck-Redaktionen, darunter auch wir, haben bereits eine Reihe manipulierter oder erfundener Zitate geprüft. Sie finden sie, indem Sie nach dem Zitat in Verbindung mit dem Wort „Faktencheck“ suchen. Das funktioniert natürlich nicht nur mit Zitaten, sondern auch mit Behauptungen, die Ihnen fragwürdig erscheinen.

Ein Blog, der sich gezielt mit solchen gefälschten Zitaten auseinandersetzt, heißt  Zitatforschung und stammt von Gerald Krieghofer, der sich wissenschaftlich mit Redewendungen und Ausdrücken befasst. Dort lassen sich etliche ge- oder verfälschte Zitate finden.

Eine weitere Anlaufstelle ist die Datenbank Genios, auf der sich auch Pressemeldungen und e-Books finden. So lassen sich vor allem die vermeintlichen Aussagen von Politikerinnen und Politikern auf ihre Echtheit prüfen.

Tipp 3: Bilder-Rückwärtssuche bei Textkacheln  

Manchen Textkacheln werden Logos bekannter Medien hinzugefügt, um seriös zu wirken. Eine Kachel mit einem Foto von Markus Söder mit einer angeblichen Aussage zum Impfschutz von Kindern wurde etwa mit dem Logo der Tagesschau versehen. Die Schriftart war jedoch eine andere als bei authentischen Tagesschau-Grafiken. Und der Text war unscharf – beides Hinweise darauf, dass es sich um einen Fake handelt. 

Mit einer Bilder-Rückwärtssuche findet man heraus, ob das Bild so von dem Medium verbreitet wurde. Im Fall von Söder veröffentlichte die Tagesschau auf Facebook zwar einen Beitrag mit seinem Foto, jedoch mit einer völlig anderen Aussage. Die Bilder-Rückwärtssuche kann außerdem Hinweise auf den Ursprung der Textkachel liefern, also wo und wann sich das vermeintliche Zitat zum ersten Mal verbreitet hat.

Wie eine Bilder-Rückwärtssuche geht, haben wir hier erklärt.

Tipp 4: Bei den Betroffenen nachfragen

Finden sich keinerlei Faktenchecks oder andere vertrauenswürdige Quellen kann man noch einen Schritt weitergehen: Einfach die Person fragen! Zitate werden bekannten Menschen untergeschoben, die erreichbar sind. Einen Zweizeiler an diese Leute oder deren Sekretariate zu schicken, ist schnell erledigt. Bestätigt die Person das Zitat, hat man die beste Quelle. 

Tipp 5: Zitaten mit Skepsis begegnen

Am wichtigsten ist jedoch eine gesunde Skepsis: Es ist immer hilfreich, zu hinterfragen, ob die Aussagen wirklich zu den Personen passen, von denen sie stammen sollen. Ergibt es zum Beispiel wirklich Sinn, dass Stanley Kubrick zugegeben hat, die Mondlandung gefälscht zu haben? Immerhin ist der Mann seit 25 Jahren tot. Dass man bislang nie etwas davon gehört hat, ist abwegig. Fehlen dann noch seriöse Quellen, die das Zitat belegen, ist Skepsis angebracht und das Zitat und das entsprechende Bild sollte keinesfalls geteilt oder weitergeschickt werden. Denn: Wer gefälschte oder frei erfundene Zitate verbreitet, macht sich zum Gehilfen derer, die gezielt Stimmung machen wollen. 

Unsicher, ob eine Behauptung stimmt? Dann schicken Sie uns einen Hinweis per WhatsApp an die Nummer +49-151-17535184.

Update: Nach einem Leserhinweis haben wir die latinisierte Variante des Namens Plato zu „Platon“ geändert.