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Angeblicher „Disziplinarverstoß“: Dieser Elternbrief ist frei erfunden

Ein angeblicher Elternbrief sorgt für Aufregung bei Facebook. Doch er ist frei erfunden, wie bereits ein kurzer Blick auf die angegebene Adresse der vermeintlichen Gesamtschule verrät.

von Till Eckert

Rundbrief
Frei erfunden: Dieser angebliche Elternbrief ist seit März 2018 auf Facebook im Umlauf – doch der Vorfall hat sich so nie zugetragen. Screenshot / Collage: CORRECTIV
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Frei erfunden
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Völlig falsch. Der angebliche Elternbrief und der Vorfall sind frei erfunden.

„Das müsst ihr lesen, ist echt der Oberhammer“, schreibt eine Facebook-Nutzerin in einem Posting vom 4. April. Dazu teilt sie einen angeblichen Elternbrief einer „Gesamtschule“ in „Seegedorn“, in dem über einen „Disziplinarverstoß“ aufgeklärt wird: Es sei zwar „ehrenwert“, dass der Sohn sich dafür einsetze, dass „Mädchen seiner Klasse sexuell nicht belästigt werden“, weil es sich aber um einen „syrischen Flüchtling“ gehandelt habe, habe „das Lehrerkollegium“ das als eine „ausländerfeindliche Aktion“ werten müssen.

Ein Facebook-Post vom 4. April 2019 verbreitet den falschen Elternbrief. Screenshot: CORRECTIV

Der angebliche Brief wird immer wieder von unterschiedlichen Nutzern bei Facebook hochgeladen, oft kommentarlos, wie in diesem Beispiel vom 2. April.

Der Brief ist eine Fälschung – und schon seit März 2018 im Umlauf

Der geschilderte Vorfall im Brief ist frei erfunden – ebenso wie die Adresse, die Schule und deren Schulleiter. „Seegedorn“ gibt es nicht, wie eine kurze Internetsuche zeigt. Dass es sich um eine Fälschung handelt, verrät aber bereits ein genauerer Blick auf die angegebene Postleitzahl: sie ist sechsstellig.

In Deutschland gibt es keine sechsstelligen Postleitzahlen, sondern nur fünfstellige. Dieses System wurde 1993 von der Deutschen Post im Zuge der Wiedervereiniung entwickelt und gilt bis heute.

Briefkopf des gefälschten Elternbriefs: Es gibt keine sechsstelligen Postleitzahlen in Deutschland. Screenshot: CORRECTIV

Im Bild im Briefkopf etwas schwerer zu erkennen, ist außerdem der Schriftzug „Uwe Ostertag in Satira“. Das gibt Aufschluss über den mutmaßlichen Urheber: Der Name Uwe Ostertag taucht bei Fälschungen dieser Art immer wieder auf. Der angebliche Elternbrief kursierte erstmals 2018, wie ein Beitrag des gemeinnützigen Faktencheck-Vereins Mimikama vom 31. März 2018 zeigt.

Uwe Ostertag wurde 2017 wegen Volksverhetzung zu 22 Monaten Haft verurteilt und ist unter anderem verantwortlich für gefälschte Wahlplakate, wie CORRECTIV berichtete, oder falsche Politikerzitate – hier ein aktueller CORRECTIV-Faktencheck über ein angebliches Zitat der SPD-Politikerin Aydan Özoğuz.