Faktencheck

Gebrochenes Siegel an Wahlurne in Preußisch Oldendorf stammt von voriger Wahl

Auf Telegram kursieren Bilder von einer Wahlurne mit aufgeschnittenem Papier-Siegel. Das führt zu Spekulationen von Wahlbetrug. Allerdings waren die Siegel von einer früheren Wahl. Solche Siegel an Wahlurnen sind keine Vorschrift, die Urne war verschlossen.

von Tania Röttger

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Dieses Foto eines gebrochenen Siegels an einer Wahlurne wird im Netz als vermeintlicher Beleg für Wahlbetrug verbreitet (Quelle: Telegram / Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Eine Wahlurne mit geöffnetem Siegel in Preußisch Oldendorf sei ein Beleg für Wahlbetrug.
Bewertung
Falsch. Das Siegel stammt laut dem Bürgermeister der Stadt von einer vorigen Wahl, die Urne war die ganze Zeit verschlossen.

Der Telegram-Kanal „Aktivist Mann“ veröffentlichte am Tag der Bundestagswahl zwei Fotos von einer Wahlurne. Auf einem wirft jemand offenbar einen Stimmzettel in die Urne, auf dem zweiten Bild sieht man dieselbe Urne, und dass das Papier-Siegel daran aufgebrochen ist. Die Bilder tauchten nach unseren Recherchen zuerst auf dem Telegram-Kanal „Wahlbeobachter D2021“ auf und wurden auch auf Twitter weiterverbreitet. „Wahlbetrug?!“, heißt es im Text dazu.

Die Ortsangabe im Telegram-Beitrag von „Aktivist Mann“ ist für ein Wahllokal in Preußisch Oldendorf, Nordrhein-Westfalen. Wir haben mit Marko Steiner, dem Bürgermeister von Preußisch-Oldendorf telefoniert. 

Steiner klärte auf: Das Siegel stammt von einer vergangenen Wahl. Die Urnen werden schon länger benutzt. Dass die alten Siegel dranbleiben konnten, sei mit dem Wahlvorstand abgesprochen. Von welcher Wahl die Siegel stammen, habe man nicht herausfinden können. Die Urnen seien aber die ganze Zeit verschlossen gewesen.

Tatsächlich sieht man auf den Bildern auch ein Vorhängeschloss, das verschlossen ist. 

Die Wahlurne war mit einem Schloss verschlossen
Die beiden Fotos zeigen dieselbe Urne, wie die Beschädigungen am Rand zeigen (Screenshots und Markierungen: CORRECTIV.Faktencheck)

Bundeswahlleiter: Wahlurnen sind stets vor Fremdzugriff geschützt

Wir haben auch bei der Pressestelle des Bundeswahlleiters nachgefragt. Eine Sprecherin teilte uns mit: „Die entscheidende Sicherung besteht darin, dass die Wahlurne stets vor Fremdzugriff beziehungsweise vor einer widerrechtlichen Öffnung geschützt ist. (…) Dies wird durch die durchgängige Besetzung des Wahlraumes mit Wahlhelfenden sowie durch die Öffentlichkeit gewährleistet.“ 

Das geht laut der Internetseite des Bundeswahlleiters so: „Am Wahltag überzeugt sich der Wahlvorstand vor Beginn der Stimmabgabe davon, dass die Wahlurne leer ist. Sodann verschließt die Wahlvorsteherin oder der Wahlvorsteher die Wahlurne. Sie darf bis zum Schluss der Wahlhandlung nicht mehr geöffnet werden.“ Die Urne sei also nie unbeobachtet und nicht für etwaige Manipulationsversuche zugänglich.

Die Bundeswahlordnung schreibt für Wahlurnen nicht vor, dass sie mit Siegeln versehen werden müssen. Das steht auch auf der Internetseite des Bundeswahlleiters: „Für die Aufnahme von Stimmzetteln sind Wahlurnen zu verwenden, die eine Wahrung des Wahlgeheimnisses sicherstellen (§ 33 Absatz 1 Satz 2 BWG). Zu diesem Zweck müssen Wahlurnen verschließbar sein. Es gibt keine Vorgabe, dass zusätzlich Siegel an Wahlurnen anzubringen sind.“

Redigatur: Alice Echtermann, Sarah Thust