In eigener Sache

Bitte hinten anstellen!

Politiker fordern, dass Flüchtlinge möglichst schnell einen Job finden. Tatsächlich wartet ein langer, aufreibender Weg durch den Behördendschungel auf die Neuankömmlinge. Wir erklären Schritt für Schritt, was ein Flüchtling unternehmen muss, um einen Job zu bekommen – am Ende ist die Stelle aber oft schon weg, bevor die Arbeitsgenehmigung vom Amt vorliegt

von Benjamin Knödler

Ehe Asylbewerber einen Job finden, müssen sie viel Zeit in Warteschlangen vor deutschen Ämtern verbringen© Ivo Mayr

Geflüchtete wollen und sollen sich integrieren, wollen und sollen arbeiten. Was kommt bei der Suche nach Arbeit auf die Einwanderer zu?

Erste Station: In Deutschland angekommen, heißt es erst einmal warten. In Ämtern, in Schlangen, davor. Um überhaupt Asyl zu erbitten, und später, wenn man einem Bundesland zugeteilt wurde, um offiziell Asyl zu beantragen. Das kann Monate dauern. Eine Zeit, in der die Flüchtlinge nicht viel tun können. Denn einen bezahlten Job annehmen dürfen sie in den ersten drei Monaten nicht.

Immerhin: Räumt man einem Flüchtling gute Chancen ein, in Deutschland zu bleiben, können er oder sie seit diesem Sommer in vielen Bundesländern an Modellprojekten teilnehmen. Noch bei der Abgabe des Asylantrags sollen Mitarbeiter der Arbeitsagentur anfangen, die Flüchtlinge auf den deutschen Arbeitsmarkt vorzubereiten: Sprachkurse vermitteln, verlorene Abschlusszeugnisse suchen. Bei der Jobsuche hilft das allerdings nur indirekt – und nur den ausgewählten Flüchtlingen. Menschen aus Syrien oder Eritrea haben Chancen, daran teilzunehmen, Asylbewerber aus Serbien zum Beispiel nicht.

Wenn Flüchtlinge Asyl erhalten, ist es – zumindest auf dem Papier – verhältnismäßig unkompliziert: Sie bekommen eine Aufenthaltserlaubnis und können theoretisch jede Arbeit annehmen. Das Jobcenter soll bei der Suche helfen. In der Praxis gibt es jedoch noch immer zu wenig Deutsch- oder Integrationskurse. Und wer kein Deutsch kann, findet nur schwer eine Stelle.

Zweite Station: Nach den ersten drei Monaten weiß kaum ein Flüchtling, wie es für ihn weitergeht. Denn im Moment dauern Asylverfahren noch durchschnittlich 5,4 Monate. Trotzdem haben sie nach drei Monaten theoretisch die Möglichkeit, zu arbeiten. Sowohl diejenigen, deren Anträge noch laufen, als auch die, deren Anträge abgelehnt sind, die jedoch aus verschiedenen Gründen nicht abgeschoben werden. Die Beamtensprache nennt sie Geduldete. Ihre Duldung müssen sie regelmäßig verlängern.

Aber: Asylbewerber und Geduldete brauchen meist für jede konkrete Stelle eine gesonderte Arbeitserlaubnis. Sie müssen also erst einmal eine Stelle angeboten bekommen, um sie sich dann genehmigen zu lassen.

Eigentlich sollten die Arbeitsagenturen bei der Jobsuche helfen. Doch dort stellt man sich erst langsam auf die Aufgabe ein. Stattdessen sind es häufig öffentlich geförderte Initiativen und Bleiberechtsnetzwerke, die Flüchtlinge und Arbeitgeber zusammenbringen. Oder es springen private Initiativen und Vereine ein. Und über allem schwebt stets die Frage, ob die Flüchtlinge den Job am Ende überhaupt antreten dürfen.

Dritte Station: Wenn die Geflüchteten einen Job angeboten bekommen, können sie ihn nicht einfach annehmen. Sondern müssen Formulare ausfüllen und mit denen wieder zur Ausländerbehörde, um eine Arbeitserlaubnis zu erhalten. Das heißt erneut: Lange Schlangen, vor einer Behörde, die viele der Flüchtlinge mit drohender Abschiebung verbinden.

Die Ausländerbehörde braucht oft auch die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit (BA). Die überprüft, ob es ebenso geeignete Bewerber aus Deutschland oder aus der EU gibt – die dann Vorrang haben. In Ausnahmen fällt diese Vorrangprüfung weg, etwa wenn die Flüchtlinge eine Ausbildung in Deutschland gemacht haben oder in einem gefragten Bereich hoch qualifiziert sind.

Erst nach 15 Monaten in Deutschland haben sie das gleiche Recht auf die Stelle wie alle anderen auch.

In den ersten vier Jahren stellt die Arbeitsagentur aber auch sicher, dass die Flüchtlinge unter den gleichen Bedingungen arbeiten wie alle anderen – und nicht von gierigen Arbeitgebern ausgebeutet werden.

Doch egal was die Arbeitsagentur sagt, die Ausländerbehörde hat trotzdem das letzte Wort. Sie kann entscheiden, ob Flüchtlinge eine Arbeitserlaubnis bekommen oder nicht, und sie tut das von Fall zu Fall. Wenn zum Beispiel nur noch ein Dokument fehlt, um einen Flüchtling abzuschieben, kann sie die Arbeitserlaubnis verweigern. In Bayern wurden die Behörden sogar dazu angehalten, eine einmal erteilte Arbeitserlaubnis nicht wieder verlängern, wenn der Asylantrag der Flüchtlinge als offensichtlich unbegründet abgewiesen wurde.

Völlig willkürlich kann die Ausländerbehörde nicht agieren. Wenn sie keine Arbeitserlaubnis bekommen, können Flüchtlinge zumindest theoretisch dagegen klagen. In der Praxis kommt das allerdings so gut wie nie vor.

Geduldeten, die nicht bei der Suche nach den für die Abschiebung nötigen Papieren helfen, kann die Ausländerbehörde die Arbeit sogar explizit verbieten. So haben Flüchtlinge mit der Unsicherheit zu kämpfen, wie sich die Behörde entscheidet – die zudem notorisch überlastet ist, und die keine Fristen einhalten muss. Oft ist das konkrete Stellenangebot längst weg, ehe die Genehmigung da ist. Unterstützerorganisationen halten das für ein großes Problem.