In eigener Sache

CORRECTIV: Wie alles begann

CORRECTIV haben viele Menschen aufgebaut. Viele haben beigetragen. Einige sind geblieben, andere ausgeschieden, wieder andere früh dazu gestoßen – und nur die Zusammenarbeit dieser ganzen Menschen hat CORRECTIV zu einem Erfolg gemacht. Sie alle sind Mitgründer. Ich erzähle hier kurz unsere Geschichte.

von David Schraven

Eine "Ausgezeichneter Ort" im Land der Ideen. Die Redaktion von CORRECTIV© Ivo Mayr

Die ersten Konzepte habe ich mit Oliver Schroem ausgearbeitet (für die Chronisten: Das erste schriftliche Konzept stammt vom 15. September 2012. Hab grade nachgeschaut). Daniel Drepper und Hannes Gunst waren nach den ersten Gesprächen für unsere Entwicklung sehr wichtig. Dann kam Kurt Kuch dazu. Einer der besten Aufklärer Österreichs.

Wir drei (Oliver, Kurt und ich) haben in Brasilien auf der GIJC im Herbst 2013 viele Details und Strategien besprochen und uns bei Reg Chua von Reuters und Sheila Coronel von der Columbia Univercity Rat geholt. Die beiden haben eine unglaublich große Erfahrung. Sheila hatte eines der ersten unabhängigen Recherchezentren auf den Philippinen gegründet — unter der Marcos Diktatur. Heute ist sie Direktorin des Stabile Center for Investigative Journalism. Reg war vor seiner Zeit als Leiter der Innovationsabteilung bei Reuters Chefredakteur der South China Morning Post und in der Chefredaktion des Wall Street Journals.

Leider ist Kurt an Krebs erkrankt und gestorben. Sonst wäre er im ersten Team gewesen, er hat viele wichtige Impulse gegeben. Sein tragisches Ausscheiden hat uns sehr getroffen.

Früh kamen David Crawford und Jonathan Sachse dazu. Wir haben die ersten konkreten Pläne gemacht und das Konzept an vielen Ecken und Enden weiterentwickelt. Von Olivers Frau Dorothee kam schließlich der Name „Correctiv“, weil unsere erste Idee „Puls – Recherchen für die Gesellschaft“ einfach nicht gut war. Gespräche mit dem begnadeten Programmierer Pudo waren leider – trotz gegenseitiger Sympathie – erfolglos (Pudo wollte nach Afrika). Dafür sagte Stefan Wehrmeyer sehr früh zu, das Abenteuer mit unglaublichem Wissen, Energie und Kreativität mitzugestalten. Meinrad Heck hat die Gründung aktiv unterstützt und das organisatorische Rückgrat erst möglich gemacht, damit wir starten konnten. Seine entscheidende Rolle ist in den Hintergrund gerückt, weil er nach dem Start still ausgeschieden ist. Mit Markus Grill haben wir früh gesprochen – Markus sagte, er komme vielleicht später dazu. Was er dann ja auch tat und CORRECTIV zwei Jahre lang an entscheidender Stelle mitgestaltete.

Die abschließenden Gründungsgespräche haben Oliver Schröm und ich geführt. Auf der Seite der Brost-Stiftung sind wir auf viel Vertrauen und Zutrauen gestoßen. Das hat uns geholfen. Dennoch sind in der turbulenten Zeit rund um die Gründung Oliver und Hannes wieder aus dem Team ausgeschieden. Das war schade, aber eine Gründung hat immer etwas wildes, unberechenbares. Sicherheit mischt sich mit Unsicherheit, Hoffnung mit Befürchtungen. So ist es, wenn etwas Neues entsteht. Dank David Crawfords Unterstützung haben wir aber den Sprung doch gewagt. David Crawford war der erfahrenste von uns allen – und der Garant für wirklich sichtbare Arbeiten, die uns aus der Beliebigkeit herausholen könnten. Ich war Daniel Drepper aufgrund seiner Kreativität sehr dankbar, dass er sich mit im ersten Team engagierte. Mit ihm konnten wir neue Recherchen anstoßen. Und ich habe mich gefreut, dass auch Jonathan Sachse weiter mitmachen wollte; er verband viele Erfahrungen aus Bereichen, die ich nicht verstand, mit Ehrgeiz und Lernwillen im Journalismus. Seine Ideen aus der allerersten Anfangszeit haben später zum Crowdnewsroom geführt – unserem mittlerweile vielleicht am stärksten in die Zukunft weisenden Projekt.

Entscheidend waren aber auch in der schwierigen Gründungszeit die Rollen von Annika Joeres und Bastian Schlange, die fast von der ersten Minute an dabei waren. Selbst wenn ihr Engagement aus Frankreich oder aus Essen heraus für viele unsichtbar blieb. Sie haben – fast auf sich alleine gestellt – unglaubliches weggearbeitet. Ohne die beiden hätten wir es nicht geschafft. Bastian hat zudem Julia Brötz mitgebracht, die für unsere erfolgreiche Gründung sehr wichtig war. Sie hat die schwierige Organisation im ersten Chaos möglich gemacht.

Und dann waren da noch Philip Jocks und Thorsten Franke und Ivo Mayr im ersten Team, die immer mit großer Energie, Kreativität und Zuverlässigkeit mitgearbeitet haben. Sie haben uns das Gesicht gegeben, das uns von vielen anderen unterscheidet. Und sie haben uns die Sicherheit gegeben, dass wir jedem technischen Sturm widerstehen können.

Christian Humborg kam einige Monate später dazu. Er hat unsere Finanzen in Ordnung gebracht und wachstumsfähig gemacht. Von seinem Organisationstalent profitieren wir heute noch. Ich bin sehr dankbar, dass Christian heute in unserem Kuratorium mitwirkt.

Es gibt ein Foto aus unserer ersten Stunde. Wir sitzen im chaotischen Büro am improvisierten Redaktionstisch bei unserer ersten Klausur zusammen und besprechen die ersten Schritte nach unserem Gang an die Öffentlichkeit Ende Juni 2014. David und Daniel, Julia und Annika, Stefan und Jonathan, Bastian und ich. Wir waren entschlossen, uns durchzusetzen – gegen alle Widerstände. Vielleicht kennt Ihr noch das Foto, wir hatten es auf Twitter gepostet. Einige Leute auf dem Bild haben uns mittlerweile verlassen. Andere sind dazu gekommen. Wir haben die Vorbereitungen beendet und die praktische Arbeit am 14. Juli 2014 aufgenommen. Diesen Tag haben wir als Start von CORRECTIV in Erinnerung.

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Unsere erste Redaktionssitzung im Juli 2014

CORRECTIV lebt und verändert sich ständig. Dieser Wandel wird uns auch weiter auszeichnen. Wir suchen neue Wege und probieren Dinge aus, die sich anderen nicht wagen.

Auf unserem Weg werden wir Leute verlieren und neue gewinnen. Natürlich sind wir auf der einen Seite immer traurig, wenn jemand unsere Redaktion verlässt. Auf der anderen Seite sind wir aber auch stolz, wenn sich jemand aus unserem Team weiterentwickelt und einen neuen Job findet. CORRECTIV ist keine Sackgasse – für niemanden von uns.

Wir haben CORRECTIV gemeinsam aufgebaut und wir haben gemeinsam Krisen überwunden. Die Leute, die ausgeschieden sind – aus den unterschiedlichsten Gründen – und die Leute, die dabei geblieben sind. Wir waren als Team erfolgreich.

Wir schauen erwartungsvoll und froh nach vorne. Die Kraft unserer Anfangszeit werden wir in ruhigere Bahnen lenken. CORRECTIV ist mittlerweile zu einer stabilen Gesellschaft herangewachsen. Wir organisieren das Campfire-Festival. Wir bauen mit der Reporterfabrik eine Webakademie auf, die Cordt Schnibben leitet. Wir geben Bücher heraus, haben einen Verlag.

Wir haben viele Menschen gefunden, die uns und unsere Arbeit unterstützen, möglich machen. In unserer Community sind mittlerweile weit über 2500 Menschen. Ohne diese Mitglieder von CORRECTIV wären wir in ständiger Gefahr zu scheitern. Unsere Mitglieder bauen einen Schutzwall um uns.

Wir haben neue Mitarbeiter aus allen möglichen Bereichen. Wir haben Talente wie Simon & Simon, unsere beiden Datenjournalisten: Simon Wörpel und Simon Jockers. Marta Orosz und Justus von Daniels haben für uns TTIP beobachtet und stecken nun mitten in der Arbeit für neue Projekte. Marcus Bensmann ackert sich weiter tief in Recherchen ein, nicht nur zum Abschuss von MH17 oder zur AfD. Fellows sind zu uns gestoßen und Factchecker helfen uns Neuland zu entdecken. Frederik Richter, Margherita Bettoni und Bassel Alhamdo richten unsere Augen auf den Globus. Und mit Can Dündar haben wir einen wichtigen Mann gefunden, der unsere Türkei-Redaktion #ÖZGÜRÜZ aufbaut.

Wir wachsen. Rainer Döllefeld, Melanie Paul und Antje von Scheidt organisieren mittlerweile im Hintergrund unser Office. Luise Lange und Lisa Florian kümmern sich um die Entwicklung der Community – gemeinsam lernen wir jeden Tag dazu.

Wir können mutig nach vorne sehen.

Dank Euch allen lebt CORRECTIV und wird sich weiter entwickeln.