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Crowd-Recherche: Gefährliche Schulwege in Köln

Raser, fehlende Zebrastreifen, schlechte Sicht: CORRECTIV und der Kölner Stadt-Anzeiger zeigen mit den Leserinnen und Lesern in Köln, wo Schulwege besonders gefährlich sind. Zusammen mit dem Magazin Beobachter hatte CORRECTIV in der Schweiz bereits ein erstes Projekt durchgeführt.

von Hanna Fröhlich , Justus von Daniels

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Auf ihrem Schulweg sind Kinder und Jugendliche oft Gefahren im Verkehr ausgesetzt. Bild: picture alliance / dpa | Patrick Pleul

Der Künzlerpass im schweizerischen Goldach: Eine Rechtskurve, ein Bahnübergang – und nur wenige Meter dahinter die offizielle Überquerung für Kindergartenkinder. Der Unfall, der sich dort im Mai vergangenen Jahres ereignete, war für viele Eltern absehbar. Nachdem der Freund ihres Sohnes hier angefahren wurde, handelte Désirée Bösch. Denn Autofahrer können die Kinder an dieser Stelle nicht sehen und umgekehrt. 

Den Schulweg verlegen? Für die Gemeinde war das zunächst keine Option. Sie weigerte sich. Erst als Désirée Bösch Unterschriften sammelte, ließ die Gemeinde die Stelle prüfen.

Nicht nur in Goldach, überall machen stark befahrene Straßen und überhöhte Geschwindigkeit Schulwege gefährlich. In Deutschland sind allein im Jahr 2022 über 25.000 Kinder in einem Verkehrsunfall verunglückt.

Die Einwohnerin aus Goldach war nur eine von hunderten Leserinnen und Lesern, die ihre Geschichten und Hinweise auf Gefahrenstellen in einer Crowd-Recherche von CORRECTIV und dem Schweizer Magazin „Beobachter“ zu Beginn des vergangenen Schuljahres gemeldet hatten. Aus den gesammelten Berichten ließen sich häufige Probleme ableiten: Überhöhte Geschwindigkeit, gefolgt von viel Verkehr und fehlender Sicht. Konkret fehlt es an vielen Orten vor allem an sicheren Ampeln oder Zebrastreifen. 

Gefahrenstellen melden: „Achtung, Schulweg!“ jetzt in Köln und Umgebung

Zusammen mit dem Kölner Stadt-Anzeiger haben wir zum Schulstart 2023 mit Hilfe der Bürgerinnen und Bürger ermittelt, wo in und um Köln herum konkrete Gefahren auf dem Weg zur Schule liegen. In den kommenden Wochen werden die Ergebnisse auf dieser Themenseite zu lesen sein.

Dabei geht es nicht nur um die Straßen unmittelbar rund um eine Schule, an denen grundsätzlich die Geschwindigkeit auf 30 km/h reduziert sein sollte. Kurze Ampelschaltungen, unübersichtliche Straßenecken, Drängelgitter vor Straßenbahnschienen: Für viele Schülerinnen und Schüler liegt der gefährliche Teil des Schulweges im normalen Stadtverkehr, wo keine besonderen Schutzregeln für Kinder gelten. Besonders in einer Großstadt wie Köln.

Für den Weg zur Schule müssen Schüler oft viel befahrene Straßen überqueren, bei denen 50 km/h erlaubt sind. Wenn dann noch eine Straßenbahn auf dem Mittelstreifen fährt, ist der alltägliche Weg zur Schule ein ständiges Risiko. In ländlichen Regionen sind es die Durchgangsstraßen, die den Weg zur Schule gefährlich machen.

Zebrastreifen, Zone 30: Sicherheit im Verkehr wird künftig leichter durchsetzbar

Noch gilt in deutschen Städten der Grundsatz, dass der fließende Autoverkehr Vorrang hat. Damit eine Geschwindigkeitsbegrenzung eingeführt werden kann, braucht es immer noch besondere Gründe. In Zukunft, so hat es die Bundesregierung im Juni erst beschlossen, sollen Kommunen selbst freier entscheiden können, ob sie den Bedürfnissen von Fußgängerinnen oder Fahrradfahrern mehr Gewicht geben wollen. Politisch können Änderungen im Verkehr also künftig leichter umgesetzt werden.

Wir haben zusammen mit dem Kölner Stadtanzeiger Hinweise und Geschichten gesammelt, um auch eine Debatte vor Ort zu eröffnen, was geändert werden muss, damit Kinder möglichst sicher zur Schule und wieder nach Hause kommen. 

Die Crowd-Recherche in der Schweiz hatte schon konkrete Wirkungen: Nach der Veröffentlichung meldeten sich gleich mehrere Gemeinden mit der Aussage, das Thema nun auf der Agenda zu haben. In Goldach änderte die Gemeinde ihre Haltung und verlegte den Weg zum Kindergarten. Seit Mai gibt es neue Überwege, den gefährlichen Künzlerpass können die Kindergartenkinder so umgehen.

Der CORRECTIV CrowdNewsroom wird unterstützt von der Stiftung Mercator Schweiz.

Mercator Stiftung Schweiz

 

Achtung Schulweg! ist eine gemeinsame Recherche von CORRECTIV und dem Kölner Stadt-Anzeiger. Der CrowdNewsroom von CORRECTIV fördert die Demokratie, indem Bürgerinnen und Bürger an journalistischen Recherchen teilhaben.