CORRECTIV.Ruhr

Schmutzige Wahlen bei der AfD-NRW

Der Stern enthüllt einen Tonmitschnitt des AfD-Parteitages in Oberhausen: Lügen hinter verschlossenen Türen, Vorwürfe wegen angeblichem Koks-Konsums und Sex. Der Machtkampf der AfD in NRW wird dreckig.

von David Schraven

Frauke Petry und Marcus Pretzell in Soest

Frauke Petry und Marcus Pretzell in Soest

In den vergangene Wochen hat der Stern schon ein paar Mal Interna aus der AfD enthüllt. Interna, die brisant sind. Diesmal legt Stern-Autor Wigbert Löer einen Tonmitschnitt des AfD-Parteitages in NRW vor, aus Oberhausen. Das besondere daran: Der Mitschnitt erlaubt einen ansonsten verborgenen Blick hinter die Kulissen der Rechtspopulisten. Denn die NRW-AfD hatte die Presse von ihrem Parteitag ausgeschlossen. Es drohte dreckig zu werden im größten Landesverband der Partei.

Es gab 18 Abwahlanträge gegen Martin Renner, einen von zwei Landesvorsitzenden. Der zweite Landesvorsitzende ist Marcus Pretzell: Der Mann Frauke Petrys wollte die Alleinherrschaft an sich reißen.

Dazu ging Pretzell schmutzig vor. Er präsentierte seinen Co-Chef Martin Renner als Verräter. Seine Botschaft: Ausgrechnet Renner habe dem Stern die Parteiinterna verraten.

Ekelige Vorwürfe, Morddrohungen und Koks

Zuerst tritt dafür ein Parteimitglied aus dem Ruhrgebiet auf. Der Mann erzählt, er habe Renner „zugearbeitet“ und sei da „nicht stolz drauf“. Er bittet die 376 Delegierten kleinlaut um „Entschuldigung für mein Verhalten“. Und dann berichtet er, wie Renner seinen Co-Chef Pretzell mit Hilfe des Stern unter Druck gesetzt haben soll. Dieser Pretzell-Unterstützer erklärte, bekenne sich zum „Mut zur Wahrheit“ – sagt aber stern-Recherchen zufolge gleich viermal die Unwahrheit.

In seiner Gegenrede griff Co-Parteichef Martin Renner diese Vorwürfe auf. Der Mann habe mit ihm telefoniert. Und gesagt „Ich kille dich. Ich bring dich unter die Erde.“ Der Mann sei „völlig außer sich“ gewesen, „fast schon psychopathologisch“.

Dann ging Marcus Pretzell ans Mikrofon. „Alles, was ich hier sage, Martin, kann ich belegen“, behauptet Pretzell – und tut genau das nicht. Mit Blick auf angebliche Informanten des Stern erzählt Pretzell den Delegierten gleich mehrfach die Unwahrheit.

Sich selbst wiederum stellt der AfD-Spitzenpolitiker als Opfer dar. Am Tag seiner Hochzeit, dem 22. Dezember, habe man Gerüchte verbreiten wollen, er kokse und habe eine Affäre. Dazu habe der Stern instrumentalisiert werden sollen.

Diese Aussage ist, was den Stern betrifft, nach dessen Angaben frei erfunden.

Partei gespalten

Gut die Hälfte der Delegierten folgt am Ende Pretzell und stimmt für eine Abwahl Renners – zwei Drittel wären nach AfD-Satzung nötig gewesen. Renner bleibt also Mitchef der NRW-Partei. In Feindschaft eng mit Pretzell verbunden.

Bei seiner Wahl zum Spitzenkandidaten hatte Pretzell vorigen September gegen einen wenig bekannten Gegenkandidaten auch nur 54 Prozent der Delegierten überzeugt.

Die AfD-NRW ist tief gespalten. Sie kann implodieren.