So viel verdienen die Kommunen mit Knöllchen
Fragt man die Kommunen des Ruhrgebiets, ist das Parken im Pott günstig. Wie viel die Gemeinden den Autofahrern aber an Bußgeldern ab- und damit für ihre Stadtkassen einnehmen, variiert deutlich. Wir haben die Knöllchen-Politik der Ruhrgebietskommunen verglichen.
Auch wenn es sich manchmal vor dem Ticketautomaten nicht so anfühlt: Verglichen mit anderen Metropolregionen ist der Pott ein Parkplatz-Paradies. Trotzdem sind in den meisten Ruhrgebietsstädten die Knöllchen-Einnahmen gestiegen – zum Teil um mehr als 25 Prozent in drei Jahren. CORRECTIV.Ruhr hat die Kommunen der Region gefragt: Wie viele Parkplätze sie zur Verfügung stellen, welche Fläche die Parkplätze beanspruchen und was sie im Schnitt kosten.
Die Antworten überraschen. Wirklich interessant wird es aber, wenn man sich die Knöllchenkassen der verschiedenen Kommunen anschaut. Die Einnahmen durch Bußgelder unterscheiden sich stark.
Kellerduell bei Parkplatzpreisen
Seit fast 30 Jahren seien die Parkgebühren in Dortmund nicht erhöht worden, schreibt ein Sprecher der Stadt. Inflationsbereinigt hätten sich die Kosten seit 1993 sogar „in etwa halbiert“. Innerhalb des Wallrings, also in der Dortmunder Innenstadt, koste das Parken derzeit 1,50 Euro pro Stunde. „Damit sind die Parkgebühren im Vergleich mit anderen Großstädten eher gering“, erklärt der Sprecher. In München kostet die Stunde 2,50 Euro, in Stuttgart sogar vier Euro. Europäische Großstädte wie Amsterdam oder Stockholm schrecken auch vor fünf Euro in der Stunde nicht zurück.
Trotzdem seien die Dortmunder Preise einigen Bürgerinnen und Bürgern immer noch zu hoch: „Der deutsche Autofahrer“ reagiere bei diesem Thema empfindlich, schreibt der Pressesprecher. Dabei fährt keine der von uns angefragten Ruhrgebietskommunen eine harte Preispolitik – eher muss man von einem Unterbietungswettbewerb oder Kellerduell sprechen.
Bottrop unterscheidet zwischen Parkhäusern und Parkplätzen sowie den Stellplätzen am Straßenrand. Von denen werden in der Innenstadt nach Aussage der städtischen Pressestelle nur fünf Prozent bewirtschaftet – das heißt jeder zwanzigste. Für drei Viertel der Stellplätze genügt eine Parkscheibe hinter der Windschutzscheibe. Wer allerdings das Pech haben sollte, doch mal die kostenpflichtigen Alternativen nutzen zu müssen, kommt mit einem Euro pro Stunde im Parkhaus und 0,75 Euro auf dem Parkplatz mehr als günstig weg.
Zu günstig angesichts der Haushaltslage vieler Ruhrgebietskommunen?
Immer mehr Autos
Ähnlich wie in Bottrop sieht es in Gelsenkirchen, Bochum und Recklinghausen aus. Hier wird es in den Innenstädten nicht teurer als 1,50 Euro pro Stunde. Dass die Gebühren so niedrig sind, ist auch deswegen verwunderlich, weil eigentlich ja Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen: Die Zahl der zugelassenen Autos in NRW und dem Ruhrgebiet steigt seit Jahren. Mehr als jeder zweite Einwohner besitzt einen Wagen, knapp eine Million neuer Fahrzeuge wurden in Nordrhein-Westfalen alleine in den vergangenen sechs Jahren zugelassen.
Weil nicht jede und jeder eine private Garage hat, müssen die Fahrzeuge im Straßenraum geparkt werden. Auch deshalb werden im Ruhrgebiet mittlerweile fast 10 Prozent aller Flächen für den Verkehr genutzt. In Bochum, Essen, Dortmund oder Gelsenkirchen sind es sogar 14 Prozent. Zum Vergleich: Die Vegetationsflächen umfassen in Essen 30,4 Prozent des Stadtgebietes. In Dortmund sind es 39,4 und in Gelsenkirchen 26,3 Prozent.
Die PKW-Parkfläche sind weniger gut erfasst. Einige Kommunen können noch sagen, wie viele Stellplätze es im Innenstadtbereich gibt, aber eine genaue Anzahl oder gar eine Fläche fürs Stadtgebiet konnte nicht genannt werden. „Viele der von Ihnen angefragten Daten hätten wir auch gerne“, sagt ein Sprecher der Stadt Dortmund. Dass diese Zahlen nicht vorliegen, ist erstaunlich. Werden doch in manchen Stadtteilen kleine Kriege angezettelt, weil ein paar Dutzend Parkplätze einem Radweg weichen sollen.
Klingelnde Knöllchenkasse
Konkreter werden die Städte hingegen, wenn es um ihre Knöllchenkassen geht. Die Bußgelder aus Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung werden nach einem bundesweit einheitlichen Bußgeldkatalog geahndet und beinhalten nicht nur Parken ohne Parkschein oder das Blockieren von Geh- und Radwegen, sondern zum Beispiel auch abgelaufene TÜV-Plaketten. Beim Eintreiben gehen die Städte offenbar recht unterschiedlich vor.
Essen hat mit 2,5 Millionen Euro Bußgeldern im Jahr 2019 etwa drei mal so viel Geld eingenommen wie Dortmund (900.000 Euro). Dabei sind sich die Städte in Sachen Einwohnerzahl (beide nach Angaben des Statistischen Landesamts ca. 580.000), KFZ-Bestand (beide ca. 320.000) und Pendlern (153.000 fahren täglich nach Essen ein, in Dortmund sind es 134.000) durchaus ähnlich. Dennoch entfällt in Essen auf jedes zugelassene KFZ durchschnittlich eine Strafe von rund acht Euro im Jahr, wohingegen es in Dortmund gerade einmal drei Euro sind.
Die Einnahmen aus der Knöllchenkasse hängen nicht nur von der Höhe der Bußgelder ab, sondern auch von der Anzahl der eingesetzten Kontrolleure: „Weniger Überwachungskräfte bedeuten entsprechend auch eine Verringerung der festgestellten Verstöße“, sagt ein Sprecher der Stadt Essen.
Keine der von uns befragten Kommunen scheint so konsequent und effektiv zu arbeiten wie Duisburg. Dort konnte man im vergangenen Jahr Bußgeldeinnahmen von 6,3 Millionen Euro verzeichnen und damit ganze 24 Euro pro zugelassenem KFZ. Das mag auch am Personal liegen, insgesamt sind 65 Politessen und Politeure im Einsatz. „Die Steigerung der Einnahmen ist auf einen höheren Personaleinsatz zurückzuführen“, sagt ein Duisburger Pressesprecher.
Gelsenkirchen will Verstöße wie missachtete Halteverbote, zugeparkte Rad- oder Gehwege ebenfalls nicht mehr hinnehmen. Seit Februar 2019 geht die Kommune konsequenter und mit mehr Personal gegen die Vergehen vor. Das zeigt Wirkung: Um mehr als eine halbe Millionen Euro konnte die Stadt ihren Einnahmen gegenüber dem Vorjahr steigern, wie man uns auf Anfrage mitteilte.
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