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Dubioser Immobiliendeal rund um Essener Ratsherr

Seit Tagen sorgt das Informer Magazine in Essen mit der Aufklärung eines dubiosen Immobiliengeschäftes rund um den SPD-Ratsherren Arndt Gabriel für Aufregung. Der SPD-Mann hatte ein Haus gekauft, das er anschließend seiner Stadt mit einem satten Gewinn vermietete – als Flüchtlingsheim. Nun prüft das kommunale Rechnungsprüfungsamt die Causa. Und dabei wird es spannend. Der Chef der Rechnungsprüfer hatte vor einiger Zeit selber Vorteile angenommen, und deswegen mit der Staatsanwaltschaft zu tun. Aber genug der Vorrede: die Details.

von David Schraven

© Die Stadt Essen von Metro Centric unter Lizenz CC BY 2.0

Ein Team des Informer Magazine rund um Pascal Hesse und Jöran Steinsiek geht seit Monaten der Frage nach, warum und unter welchen Umständen ein Haus im Norden an den SPD-Ratsherren Gabriel verkauft worden ist. Dabei stießen die Kollegen auf einen ziemlich seltsamen Deal mit einem angeblichen Amerikaner, der mal einen Wohnsitz in Monte Carlo registriert hatte und einem gebürtigen Kurden aus dem Irak, der sich selbst ein Stück vom Kuchen sicherte.

Der Deal

Genau genommen sah der Deal in Kurzform so aus: Zunächst erklärte die Stadt Essen im Zuge der Massenhaften Zuwanderung von Flüchtlingen ihren Bedarf an neuem Wohnraum. Unter anderem war eine Immobilie im Essener Norden im Gespräch als möglicher Standort für ein neues Flüchtlingsheim. Davon wusste Ratsherr Gabriel. Er saß teilweise in den Gremien, die über die Kaufabsichten diskutierten. Dann kaufte eine w-sale UG mit einem Stammkapital von knapp 1000 Euro für 1,25 Million Euro die Immobilie. Verkäufer war ein angeblicher US-Amerikaner mit angeblichen Wohnsitzen wahlweise in Monte Carlo oder Florida. Gegen die Immobilie wurde damals eine Zwangsversteigerung betrieben. Aber egal. Nach dem Verkauf wurde die Versteigerung abgeblasen. 50 Prozent der Anteile an der w-sale UG verkaufte der Alteineigentümer an den SPD-Mann Gabriel. Weitere 25 Prozent gingen an einen gewissen Alan H. – einen gebürtigen Kurden, 45 Jahre alt. Im März dann nimmt die w-sale UG bei der Sparkasse Langenfeld einen Kredit über 3,45 Millionen Euro auf – und Alan H. verschwindet aus den Büchern der w-sale, die mittlerweile zu einer GmbH umgewandelt wurde.

Für den Reibach bei diesem Geschäft sorgt die Stadt Essen. Sie schloss am 6. März einen Mietvertrag mit der w-sale ab. Dieser sichert der Firma, die heute laut Handelsregister zu 100 Prozent SPD-Mann Gabriel gehört, rund 5 Millionen Euro Nettoeinnahmen in den nächsten zehn Jahren zu.

Das sind die Fakten.

Offene Punkte

Und ab hier gibt es zwei zentrale Fragen, die ungeklärt sind:

Die erste Frage: Gehört Gabriel die Firma wirklich allein, oder gibt es Hintermänner, die stille Beteiligungen an dem Deal haben. Der Verdacht liegt nahe. Da ist Alan H. – der Kurde aus dem Irak, der für wenige Momente in der Gesellschafterliste der w-sale auftaucht und dann wieder verschwindet, bevor der Deal mit der Stadt unterzeichnet wird. Die Informer-Kollegen haben bei Alan H. vorgesprochen, um ihn zur Sache zu befragen. Alan H. wollte nicht reden. Auch wir hätten ein paar Fragen an ihn – auch zu einer zweiten Immobilienfirma, die er zusammen mit zwei anderen Kurden aus Essen in der Gegend von Gütersloh betreibt. Leider antwortet Alan H. nicht auf Fragen. Er sagt: „Das war ein Geschäft und jetzt muss man weiterarbeiten. Das war es.“

Die zweite Frage: War es OK, dass SPD-Mann Gabriel mit der Stadt einen Deal abschloss im Wert von ein paar Millionen Euro und dabei lange unter Tarnkappe segelte? Der Rat erfuhr erst nach der Unterschrift unter den Mietvertrag, dass hier ein Ratsherr profitiert. Es ist unklar, seit wann Gabriel sein Wissen nutze, um den Deal einzufädeln. Es ist unklar, wer das Ganze bezahlte. Klar ist nur, wer zahlt. Die Stadt. An ihren Ratsherren.

Der Rechnungsprüfer

Um zumindest die letzte Frage zu beantworten, hat die Stadt Essen das Rechnungsprüfungsamt eingeschaltet. Ratsherr Gabriel lässt solange sein Amt ruhen. In der Sommerpause. Das Rechnungsprüfungsamt soll untersuchen, ob der Ratsherr Fehler bei dem Deal gemacht hat – oder irgendwer sonst aus dem Rathaus. Das besondere daran ist eine Personalie. Denn der Chef des Rechnungsprüfungsamtes ist Uwe Gummersbach.

Uwe Gummersbach war früher Bürochef des alten SPD-Oberbürgermeisters Reinhardt Paß (SPD). Und im Zuge des Skandals um die Essener Müllbetriebe wurde auch Uwe Gummersbach mit den Händen in der Keksdose erwischt. In der Sache wurden damals jede Menge Vorteile für alle möglichen Leute gewährt. Zum Beispiel bekamen Betriebsräte jährlich Zulagen von bis zu 81.633 Euro zusätzlich ihren Gehältern. Uwe Gummersbach hatte es als Bürochef des Oberbürgermeisters nicht so dick bei den Müllbetrieben getrieben. Er hatte sich nur Karten für Fußballspiele zu Schalke und Dortmund Spielen schenken lassen. Die Staatsanwaltschaft ermittelte wegen Vorteilsannahme. Am Ende stimmte Gummersbach einer Zahlung von 1000 Euro zu, damit das Verfahren gegen ihn wegen geringer Schuld eingestellt wurde.

Danach wechselte Gummersbach ausgerechnet ins Rechnungsprüfungsamt. Dort soll der Mann, der selbst Erfahrung mit Fingern in der Keksdose hat, nun darüber wachen, dass andere im Rathaus keine Kekse mopsen. Die Bezirksregierung Düsseldorf hatte keinen Einwand gegen die Personalie. Die Versetzung in die Rechnungsprüfung liege im Ermessen des Oberbürgermeisters.

Da muss man auch erst mal drauf kommen. Vielleicht wäre eine andere Position für den Mann besser geeignet gewesen.

Die Stadt Essen jedenfalls sieht auf Anfrage kein Problem darin, wenn Gummersbach nun die Prüfung des Ratsherren Gabriel als Chef der Rechnungsprüfer überwacht. Er selbst hat auf Anfrage nicht geantwortet.


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