Jugend & Bildung

Neuer Ärger ums Abi: FDP-Schulministerin bekommt Gegenwind von G9-Eltern

Auch nach dem Regierungswechsel geht das G8/G9-Gerangel in NRW weiter: Das neue Schulministerium will zurück zum alten Abi nach neun Jahren. Allerdings erst zum Schuljahr 2019/2020. Das ist viel zu langsam, kritisiert die Elterninitiative „G9-jetzt-NRW“.

von Miriam Bunjes

© Correctiv.Ruhr

Zum Schuljahr 2019/2020 sollen die Schüler am Gymnasium wieder in neun Jahren Abitur machen. Darauf hat sich die schwarz-gelbe Koalition schon im Sommer geeinigt. Das ist viel zu langsam, kritisiert die Elterninitiative „G9-jetzt-NRW“ – die Eltern, die zu Jahresbeginn NRWs erstes Volksbegehren seit 39 Jahren gegen das achtjährige Abitur gestartet haben. In Opposition zur damals grünen Schulministerin.

Kein vernünftiger Grund, warum das nicht gehen sollte

Jetzt bekommt auch die neue Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) ihren Gegenwind zu spüren: „Mehr als 200.000 Kinder werden so von den Verbesserungen am Gymnasium ausgeschlossen, obwohl der Wechsel zu G9 politisch beschlossen und versprochen ist“, sagt Gregor Schmitz, einer der neun Mitgründer des Vereins hinter dem Begehren. „Das Bundesland Niedersachsen hat den Wechsel auch innerhalb eines Jahres hinbekommen, als einmal die politische Entscheidung gefallen war“, sagt Schmitz. „Es gibt keinen vernünftigen Grund, warum das hier nicht gehen sollte.“

Der pensionierte Gymnasiallehrer aus Menden hat deshalb eine Online-Petition gestartet. Mehr als 12.000 Menschen haben bereits unterschrieben. „Es ist aber diesmal schwieriger, die Menschen zu bewegen“, sagt Schmitz. Viele Eltern im Land hielten das Thema nach einem vom Abi-Streit geprägtem Wahlkampf für erledigt – schließlich kommt ja mit dem Regierungswechsel das G9 zurück an die Gymnasien. Aber eben erst in zwei Jahren. „Auch für die jetzigen Fünftklässler bleibt es beim G8-Stress“, sagt Schmitz.

Qualität vor Tempo

Tatsächlich will Schulministerin Gebauer bei ihrem Zeitplan bleiben: „Auch bei diesem Thema gilt: Qualität vor Tempo“, sagt Ministeriumssprecher Jörg Harm. Umgestellt werde zum Schuljahr 2019/2010 für die Jahrgänge 5 und 6. Damit können auch die heutigen Viertklässler nach 13 Schuljahren am Gymnasium Abitur machen. Mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit der Schulkonferenz kann eine Schule aber auch beim G8 bleiben – auch, wenn die Ministerin selbst davon ausgeht, dass 90 Prozent aller Schulen zum G9 übergehen werden.

Aber eben erst in zwei Jahren. „Eine so tiefgreifende Umstellung muss rechtlich und schulfachlich abgesichert sein“, sagt Gebauers Sprecher. Zum Beispiel müssten die Lehrpläne für die „ganz überwiegende Zahl der Fächer“ angepasst werden.

„Lehrpläne werden doch sowieso alle paar Monate aktualisiert“, meint dazu Gregor Schmitz von der Elterninitiative, dessen Enkel gerade in die fünfte Klasse eines Gymnasiums gekommen ist – und damit in G8. „Das ist kein richtiges Argument für diese verspätete Einführung: Uns fehlen klare Antworten der Ministerin.“ Auf die hofft Schmitz am heutigen Mittwoch, 11. 10. 2017, um 17.30 Uhr. Dann wird er der Schulministerin im Düsseldorfer Landtag eine Mappe mit Unterschriften überreichen. „Ich hoffe, unser Druck wirkt.“

Das Thema ist mit dem Regierungswechsel nicht erledigt

Im noch laufenden Volksbegehren wird das aktuelle Schuljahr 2017/2018 als Eintrittsdatum für den Beginn von G9 gefordert — für alle, die dann die fünfte bis achte Klasse besuchen. Ist das Begehren erfolgreich, wird sich die Landesregierung mit diesem Detail auf jeden Fall auseinandersetzen müssen – auch, wenn sie grundsätzlich zu G9 zurückgekehrt ist. Denn der Text eines Volksbegehrens kann im Verfahren nicht verändert werden. Entweder der Landtag stimmt der Vorlage im Wortlaut zu oder er lehnt ab. Dann muss es einen Volksentscheid geben.

Die Amtseintragung für das Volksbegehren endete bereits am 7. Juni: Rund 142.000 gültige Stimmen meldete der Wahlleiter in NRW. Eine Hochrechnung der Initiative im Mai ging zu diesem Zeitpunkt von 400.000 weiteren Stimmen aus, die Eltern überall im Land gesammelt haben. Das Begehren läuft noch bis zum 4. Januar 2018 und braucht 1,1 Millionen Stimmen von Wahlberechtigten, um das Parlament zu einer Entscheidung zu zwingen. „Das Thema ist mit dem Regierungswechsel nicht erledigt“, findet Schmitz. „Dafür lässt sich Frau Gebauer viel zu viel Zeit und gibt fadenscheinige Antworten.“