Alles noch ein bisschen unstrukturiert
CORRECT!V sucht einen syrischen Praktikanten. Auch, um das Versprechen von Arbeitsministerin Andrea Nahles zu überprüfen, dass Flüchtlinge schneller Jobs und Praktika finden sollen. Wie hilfreich ist die Bundesagentur für Arbeit bei unserer Suche?
Das überraschte Gesicht des Sicherheitsmannes am Eingang verheißt nichts Gutes. Wir sind bei der Arbeitsagentur Berlin-Mitte auf der Suche nach dem Arbeitgeber-Service. Als wir sagen, dass wir ohne Termin gekommen sind, verzieht er gleich die Mundwinkel. Und schickt uns zu einem verlassenen Empfangsschalter, an dem zwei müde Topfpflanzen stehen – aber keine Mitarbeiter.
Wir sind auf der Suche nach einem syrischen Praktikanten. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles hat versprochen, Asylbewerber und Geduldete schneller in den Arbeitsmarkt zu integrieren – und ihnen leichteren Zugang zu Praktika zu ermöglichen. Was ist dran an dem Versprechen? Das wollen wir überprüfen.
Kann uns der Arbeitgeber-Service bei unserer Suche helfen? Nein, erstmal nicht. Alle Bürotüren sind geschlossen. Wir irren durchs Gebäude. Klopfen an Türen, fragen nach bei den Sachbearbeitern – und erhalten schließlich eine Visitenkarte, mit der Nummer der allgemeinen Hotline der Bundesagentur für Arbeitgeber.
Auch dort müssen wir uns durchfragen – und haben schließlich einen Mitarbeiter aus Berlin an der Strippe, der uns aufklärt, dass es der Arbeitsagentur um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen geht, nicht um Praktika. Wir könnten die Praktikanten-Stelle online in einer „Jobbörse“ ausschreiben. Große Chancen gibt er der Anzeige allerdings nicht.
Immerhin ist bei der Arbeitsagentur Berlin kürzlich ein staatliches Modellprojekt angelaufen, das bei der besseren Vermittlung von Asylbewerbern in den Arbeitsmarkt helfen soll. 13 Mitarbeiter wurden dafür eingestellt. Zwei von ihnen sitzen in der Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Berlin-Spandau, die anderen elf bei der Arbeitsagentur Berlin Nord.
Mit dem Pilotprojekt sollen Asylbewerber und Geduldete schon während der ersten drei Monate, in denen sie nicht arbeiten dürfen, auf den deutschen Arbeitsmarkt vorbereitet werden. Das Projekt richtet sich an jene, die gute Chancen auf einen positiven Asylbescheid haben und sogenannte Arbeitsmarktnähe aufweisen. Soll heißen, sie haben berufliche Fähigkeiten, die in Deutschland gefragt sind. Wir schreiben an das Modellprojekt eine Email – erhalten aber erstmal keine Antwort.
Alle Ansprechpartner bei der Bundesagentur versuchen uns zu helfen, können das aber nur bedingt. Einmal werden wir nach Essen verbunden, weil dort der Firmensitz von CORRECTIV ist. Bei einem weiteren Versuch landen wir wieder in Berlin. Als die Frau am Telefon von unserem Anliegen hört, seufzt sie. Das sei im Moment alles noch ein bisschen unstrukturiert. Aber sie verspricht uns, sich umzuhören und am nächsten Tag anzurufen. Das macht sie tatsächlich – und verweist uns an eine vom Berliner Senat geförderte Initiative, die mit der Handwerkskammer kooperiert.
Gerade als wir denken, dass unser Kontakt mit der Arbeitsagentur hier fürs erste endet, meldet sich doch noch jemand auf unsere Anfrage beim Modellprojekt. Eine zuständige Mitarbeiterin der Arbeitsagentur Berlin Süd ruft uns an. Auch sie will uns weiterhelfen, erklärt aber ebenfalls: Praktika vermittelt die Arbeitsagentur nur dann, wenn anschließend die Möglichkeit auf eine Ausbildung besteht. So soll vermieden werden, dass Unternehmen Flüchtlinge als günstige Arbeitskräfte engagieren. Das gilt genauso für Asylbewerber und Geduldete.
So oder so, werden wir aufgeklärt, müsse der Arbeitgeberservice in Essen unsere Anfrage erfassen. Dieser gebe die Anfrage dann nach Berlin weiter.
Gar nicht so einfach, die Suche nach einem syrischen Praktikanten.
Aber wir bleiben dran – und halten euch auf dem laufenden!