Überteuerte Immobilien in MPC-Fonds?
Das Hamburger Anlagehaus MPC Münchmeyer Petersen Capital soll Anleger mit Zwischenverkäufen bei holländischen Immobilienfonds geprellt haben. Österreichische Anlegerschützer sind in niederländischen Grundbucheinträgen auf möglicherweise kriminelle Zwischenverkäufe gestoßen und haben jetzt in Hamburg Klage eingereicht. „Wir wollen für die getäuschten Kunden aus Österreich Schadenersatz einklagen,“ sagt Peter Kolba, Chefjurist beim österreichischen Verbraucherschutzverband Verein für Konsumenteninformation (VKI). Der VKI vertritt über 2500 Anleger mit Forderungen von rund 68 Millionen Euro gegen die MPC Capital.
Am 1. September 2003 hat das Katasteramt in der niederländischen Hafenmetropole Amsterdam viel zu tun. Die Firma Hanzevast Beleggingen B.V. kauft um 14.45 Uhr ein Immobilienobjekt für 53,17 Millionen Euro. Fast gleichzeitig wechselt das Objekt erneut den Besitzer. Jetzt erwirbt der Fonds „Holland 47“ der Fondsgesellschaft MPC Capital das Gebäude. In diesen Fonds haben private Anleger bis zu sechstellige Summen investiert. Doch für sie ist das Gebäude jetzt 3,54 Millionen Euro teurer. Die Anleger des Fonds wussten von dem Zwischenverkauf nichts. Und die Firma Hanzevast Beleggingen verkaufte dem Fonds „Holland 47“ noch eine weitere Immobilie in den Niederlanden, die sie erst am selben Tag zuvor erworben hatte. Die Firma machte so einen Gewinn von 4,66 Millionen Euro. Der Vorwurf der Anlegerschützer: Ohne diesen Zwischenverkauf hätten die Anleger die Immobilien um diesen Wert günstiger bekommen können und wurden deswegen geschädigt, so die Argumentation von VKI.
MPC Capital streitet die Anschuldigungen ab. „Die Vorwürfe des VKI sind haltlos, da das den einzelnen Fonds zu Grunde liegende Geschäftsmodell und deren Konstruktion schlüssig und fehlerfrei waren“, teilte ein Sprecher mit. Die Anleger seien über Chancen und Risiken stets ausgewogenen und realistisch informiert worden.
Wie aus Dokumenten hervorgeht, die dem gemeinnützigen Recherchebüro CORRECTIV vorliegen, war der Zwischenhändler kein unbeteiligter Dritter, der einfach nur eine gute Nase für Geschäfte hatte. Die Hanzevast wurde bei den Verkäufen der Immobilien an den Fonds von MPC Capital von einem gewissen Jacob Hendrik Wolters vertreten. Wolters war Direktor bei dem Gemeinschaftsunternehmen MPC Capital NV, das Hanzevast und MPC Capital 1998 in den Niederlanden gegründet hatten. Erst 2006, also nach den Immobiliengeschäften, übernahm Hanzevast die Anteile von MPC Capital an dem Unternehmen und nannte es um in Hanzevast Capital NV.
Zudem listete im Jahr 2006 ein Prospekt eines von MPC Capital aufgelegten Private Equity-Fonds Wolters als Direktor auf. Die Firma Hanzevast Capital, die nicht zu den Beklagten gehört, wies in einer Stellungnahme gegenüber CORRECTIV Interessenskonflikte von sich. Mit Ausnahme des niederländischen Gemeinschaftsunternehmen habe es nie eine Beziehung zwischen den beiden Unternehmen gegeben.
Auch MPC Capital sagt, dass Hanzevast ein unabhängiger niederländischer Immobilienhändler sei. Man habe selber keinen Zugang zum dortigen Immobilienmarkt gehabt und habe auch keine Kenntnis von der von Hanzevast erzielten Spanne gehabt.
Die Holland-Fonds sind geschlossene Fonds, die sich aus Anlegergeld und Fremdkapital zusammensetzen. Geschlossene Fonds sind Teil des sogenannten grauen Kapitalmarkts, der den Vorschriften der staatlichen Finanzaufsicht nicht unterliegt. Bei einigen Rechtsformen haften die Anleger im Falle einer Pleite sogar noch für die durch den Fonds von Banken aufgenommenen Kredite.
Auch in Deutschland können solche Zwischenverkäufe auffliegen. In den Grundbuchämtern müssen die Eigner nur nach den Grundbuchakten fragen.
Anders ist es bei Schiffsfonds. Denn Informationen über den Kaufpreis von Schiffen sind kaum zu erhalten. „Meines Erachtens ist die Situation bei den Schiffsfonds noch viel schlimmer. Der Markt ist erheblich intransparenter“, sagt André Tittel von der Kanzlei Kälberer & Tittel, die den VKI bei der Klage in Hamburg vertritt. „Ein Schiff kann x-mal verkauft werden, ohne dass ein Anleger auch nur die Chance hat, dies zu erkennen.“
Deutschland ist weltweit einer der größten Märkte für Schiffsfonds. Doch Zwischenverkäufe fliegen nur selten auf. So berichtete Der Spiegel im Jahr 2011 im Zusammenhang mit der Insolvenz der Bremer Reederei Beluga, dass der Reeder Niels Stolberg Schiffe mit Aufschlägen auf den Werftpreis an die Anleger weiterverkaufte, in einem Fall mit einem Aufschlag in Höhe von 3,5 Millionen Euro.
MPC Capital hat neben Immobilienfonds vor allem auch Schiffsfonds aufgelegt. Auch hier erheben die Verbraucherschützer vom VKI Vorwürfe. So vertrieb die österreichische Tochter im Jahr 2006 den Schiffsfonds Erste Schifffahrtsgesellschaft „Merkur Sky“ mbH & Co KG in Österreich. Das von dem Fonds erworbene Schiff war jedoch bereits zehn Jahre lang durch einen von MPC Capital in Deutschland emittierten Schiffsfond mit fast identischem Namen betrieben worden. Das wurde jedoch in den Prospekten von MPC Capital nicht erwähnt. Die Konsumentenschützer aus Österreich glauben, dass hier das Verlustrisiko einfach von Deutschland nach Österreich abgewälzt werden sollte. Die deutschen Anleger erhielten ihr Geld noch fast vollständig wieder, der österreichische Fonds kaufte das Schiff zu einem Kaufpreis, der 94 Prozent des vom deutschen Fonds erworbenen Kaufpreis ausmachte. Nur wenige Jahre später sah es für die Österreicher ganz anders aus. Im Jahr 2012 wurde über den Fonds in Bremen das Insolvenzverfahren eingeleitet.
Die Position von MPC Capital: Bei einem Schiffskauf durch einen Fonds spiele es keine Rolle, wer der Vorbesitzer war. Es zähle allein die Werthaltigkeit der Anlage und ein marktgerechter Preis.
Der VKI kritisiert zudem die hohen Kosten der Fonds von MPC Capital. Im Fall des „Holland-Fonds 47“ hätten Kosten und Provisionen gut 20 Prozent des eingesammelten Kapitals betragen. Diese sogenannten Weichkosten fallen in der Anfangsphase eines Fonds an. Sie können unterschiedlich definiert werden, je nachdem, was man hinzurechnet. MPC Capital beziffert sie für die eigenen Fonds auf sieben bis acht Prozent.
In Österreich hat der VKI gegen eine Vermittlerbank in Österreich sowie die österreichische Tochter von MPC Sammelklagen beim Handelsgericht Wien eingereicht. Die Wiener Korruptionsstaatsanwaltschaft hat ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet. In Hamburg benutzt die VKI das Kapitalanleger-Musterverfahren. Ihm können sich später noch weitere Anleger anschließen.