Prosoz: Urteil am 22. März erwartet
Das kommunale Softwareunternehmen PROSOZ aus Herten steht im Verdacht, im millionenschweren Markt für Softwarelizenzen mit unlauteren Methoden agiert zu haben. Die Verantwortlichen hüllen sich in Schweigen. Wir haben auf Auskunft geklagt. Jetzt wird der Fall in zweiter Instanz vor dem Landgericht Bochum verhandelt.
Update 09.03.2016
Das Urteil im Verfahren gegen den kommunalen Betrieb Prosoz soll am 22. März 2016 verkündet werden. Während der mündlichen Verhandlung am 1. März nahm die Richterin Bezug auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs in ähnlicher Sache: Demnach ist Kommunen der Betrieb von Gesellschaften nur erlaubt, wenn diese einen öffentlichen Zweck verfolgen. Folglich müsste Prosoz unserem Auskunftsbegehren nachkommen.
Diskutiert wurde auch, inwiefern unsere Fragen Geschäftsgeheimnisse umfassen. Das will das Gericht jetzt noch weiter überprüfen. Gegen Ende der Verhandlung behauptete die Gegenseite, wir würden „um des Klagens Willen klagen“. Als Beweis führten die Prosoz-Anwälte den unten stehenden Artikel an. Diesen Vorwurf weisen wir zurück: Wir klagen, um unserer journalistischen Sorgfaltspflicht nachzukommen. Wir wollen wissen, wie viele kommunale Mitarbeiter Prosoz für wie viel Geld seit wann in anderen Kommunen beschäftigte.
Wir lassen uns bei dieser Arbeit von Auskunfts-Verweigerern nicht unterkriegen. Und wir berichten darüber, weil wir ein Presseorgan sind. Wir veröffentlichen, was wir tun. Wir stehen für Transparenz. Das macht der Artikel klar.
Am kommenden Dienstag wird unsere Auskunftsklage gegen die kommunale Softwarefirma PROSOZ vor dem Landgericht Bochum in zweiter Instanz verhandelt. Wir sind möglichen Missständen bei dem Hertener Stadtunternehmen auf der Spur und haben die Verantwortlichen dazu befragt. Sie sind zur Antwort rechtlich verpflichtet, wie wir meinen – aber die Kommunalunternehmer hüllen sich beharrlich in Schweigen.
Also haben wir den Gemeindebetrieb vor über einem Jahr vor dem dem Amtsgericht Recklinghausen auf Auskunft nach dem Presserecht verklagt. Dort haben wir verloren. Aufgegeben haben wir deswegen aber nicht. Wir sind nur vom Dorfgericht zur nächsten Instanz gezogen. Zum Landgericht Bochum. Solche durch Gerichtsverfahren verzögerte Recherchen dauern nicht nur unglaublich lange. Sie sind auch teuer.
Um was geht es? PROSOZ verkauft Softwareleistungen an Städte und Gemeinden, die dort die Verwaltung entlasten sollen. Nach unseren Informationen hat das Unternehmen Mitarbeitern in Kommunen gleichzeitig aber auch Beraterverträge zugeschanzt, die mit der Software der Hertener arbeiten. Das besondere daran: die Aufträge müssen in den Kommunen ausgeschrieben werden. Und es könnte sein, dass die Beraterverträge die Beamten voreingenommen erscheinen lassen, wenn sie die Softwareaufträge vergeben wollen. Schließlich springt auch für sie etwas raus, wenn ihre Kommune was zahlt.
Wir haben PROSOZ unter anderem deswegen bereits in der Filzdecke Ruhr verortet.
Wie auch immer, wir wollen vom Hertener Gemeindebetrieb nun wissen: wie viele Sachbearbeiter hat PROSOZ nebenberuflich beschäftigt. In welchen Kommunen und seit wann? Das Unternehmen ist unserer Ansicht nach zur Auskunft nach dem Presserecht verpflichtet, weil es zu Hundert Prozent der Stadt Herten gehört — und Aufgaben der Daseinsvorsorge wahrnimmt, also Aufgaben der öffentlichen Hand. Die Software wird schließlich in der kommunalen Verwaltung genutzt, für Hartz-IV Empfänger, in Jugendämtern, von Baubehörden. Somit gilt PROSOZ als Behörde. Erst im vergangenen Jahr hat ein Urteil des OLG Hamm (AZ 11 U 5/14) einen entsprechenden Auskunftsanspruch gegen eine andere Behörde bestätigt, die als kommunale Firma organisiert ist.
Doch wie gesagt, die Verantwortlichen von PROSOZ weigern sich. Mit der Begründung, die Fragen umfassten Geschäftsgeheimnisse. Also klagten wir.
Daraufhin entspann sich ein schlimmes Ämter-Ping-Pong: Erst wussten das Amtsgericht Recklinghausen und das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen nicht, wer von beiden zuständig ist. Schriftsätze gingen verloren, Briefe konnten nicht zugestellt werden. Schließlich lag der Fall beim Amtsgericht in Recklinghausen.
PROSOZ wird von der Kanzlei Legerlotz Laschet Rechtsanwälte (LLR) vertreten. Die Anwälte versuchten, unsere Klage mit absurden Argumenten abzuwenden, wie: CORRECTIV sei kein Pressemedium, der Autor dieser Zeilen sei kein Journalist. Den Anwälten trat eine Richterin am Amtsgericht Recklinghausen zur Seite, die bei der ersten Verhandlung eilig gegen uns urteilte. Die Begründung: PROSOZ nehme keine Aufgaben der Daseinsvorsorge wahr und sei somit nicht als Behörde zu verstehen. Fertig.
Wir geben nicht auf. Und treten jetzt also vor das Landgericht in Bochum. Hier können wir uns nicht mehr selber vertreten, sondern müssen ebenfalls Anwälte einschalten. Das ist hilfreich, weil LLR unsere Klage mittlerweile mit juristischen Spitzfindigkeiten abwenden will, auf die wir kaum selbst eingehen können. Die Klage wird sehr teuer, weil Anwälte nach Stunden abrechnen. Wieder müssen etliche Schriftsätze vor der Verhandlung hin- und hergeschickt werden.
Die Auskunftsklage hat uns viel Geld, Zeit und Kraft gekostet. Kraft, die wir für andere Recherchen hätten verwenden können. Doch wir wollen nicht nachgeben, wenn Behörden uns die Auskunft verweigern. Wenn wir hier hart bleiben, werden wir alle in Zukunft davon profitieren und schneller und einfacher Informationen bekommen.