Flug MH 17: Verbrechen gegen die Menschlichkeit?
Unter den Opfern von Flug MH 17 war auch die deutsche Luftfahrtingenieurin Fatima Dyczynski († 25). Jetzt haben ihre Eltern vor dem Internationalen Strafgerichtshof Klage eingereicht. In erster Linie zielt sie gegen jenen niederländischen Minister, der die Fluggesellschaften nicht vor den Gefahren über der Ost-Ukraine warnte
Fatima Dyczynski gehörte zu den 298 Opfern von Malaysia Airlines Flug MH17. Die Maschine wurde am 25. Juli 2014 über der Ost-Ukraine abgeschossen.
Die Klage der Eltern vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag – wegen „Verbrechens gegen die Menschlichkeit“ – richtet sich in „erster Linie“ gegen den ehemaligen niederländischen Minister für Sicherheit und Justiz, Ivo Willem Opstelten, und dessen ehemaligen Staatssekretär Frederik Teeven. Das von ihnen geleitete Ministerium ist in den Niederlanden für die Flugsicherheit verantwortlich.
„Opstelten war vollständig über die ernsten Risiken informiert, die für die zivilen Flugzeuge bei dem Flug über der Ostukraine bestanden“, heißt es in der Klageschrift der Eltern.
Ihre Klage richtet sich auch gegen die Verantwortlichen der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) und von Eurocontrol – jener Behörde, die die Sicherheit des europäischen Luftraums überwacht.
Auch die bislang nicht ermittelten Täter sind Teil der Klage, jene Offiziere und Soldaten, die den Abschuss anordneten und durchführten. Nach Recherchen von CORRECTIV wurde Flug MH17 aus dem Gebiet der prorussischen Separatisten heraus mit einer Bodenluftrakete vom Typ BUK abgeschossen, die nur von Offizieren der russischen Armee bedient werden konnte.
Neben der allgemeinen militärischen Lage und Warnungen der Nato begründet sich die Klage auf eine Konferenz, die am 14. Juli 2014 in Kiew stattfand. Damals warnten das ukrainische Präsidialamt und der ukrainische Außenminister Pavlo Klimkin die versammelten Diplomaten aus Europa und Amerika vor der Zuspitzung der militärischen Lage in der Ostukraine. Zuvor war eine Antonow-Militärmaschine in 6200 Metern Höhe abgeschossen worden – einer Höhe, die nicht von den Waffen der prorussischen Separatisten erreicht werden konnte. Der ukrainische Minister warnte, Russland würde die Separatisten mit schweren Waffen versorgen.
Die niederländische Regierung und der damalige Minister Opstelten wurden durch die niederländische Diplomatin Gerrie Willems noch am selben Tag informiert. Doch eine Warnung an die Fluggesellschaften blieb aus.
Auch der deutsche Botschafter Christof Weil nahm an der Konferenz teil und kabelte einen Bericht nach Berlin. CORRECTIV verklagte das Auswärtige Amt auf Offenlegung des Berichts und erhielt teilweise Recht. Das Auswärtige Amt musste mitteilen, dass die Bundesregierung noch am selben Tag von diesem Bericht informiert wurde. Zu dem konkreten Inhalt darf das Auswärtige Amt weiterhin schweigen.
Das Memo der niederländischen Diplomatin wurde hingegen geleakt. Darin ist von der gefährlichen Zuspitzung des Luftkampfs über der Ostukraine die Rede, drei Tage bevor Flug MH17 abgeschossen wurde und Fatima Dyczynski sterben musste.
Bislang ist offen, ob der Strafgerichtshof in Den Haag die Klage annimmt. Die Eltern in Australien wollen mit ihrer Klage auch das Andenken an ihre Tochter ehren. Nach dem Abschuss von Flug MH17 waren die Eltern in die Ostukraine gereist und hatten den Absturzort besucht.
Ivo Willem Opstelten und sein Staatssekretär sind nicht mehr im Amt. Sie traten im März wegen eines anderen Skandals von ihren Ämtern zurück. Sie äußerten sich aufgrund des laufenden Verfahrens nicht zu der Klage.