Die Kanzlerin, eine wilde Jugend und eine sehr alte E-Mail
Satirische Verse: Viele User fallen auf einen satirischen Blogartikel zur DDR-Vergangenheit der Bundeskanzlerin herein. Wie sich solche Falschmeldungen im Netz verbreiten können
Wird Angela Merkel mitten im Wahlkampf von ihrer DDR-Vergangenheit eingeholt? Eine linksradikale E-Mail aus dem Jahr 1973 soll das belegen und die CDU in die Krise stürzen. Autor ist der rechte Blogger David Berger. Nicht zufällig erscheint der Post rund um die Debatte um eine E-Mail der AfD-Frontfrau Alice Weidel.
Damit ist die Ausrichtung des Posts deutlich erkennbar: E-Mail-Verkehr im Jahr 1973 – da lag Neuland noch in weiter Ferne. Zwar gilt das Jahr 1971 als Erfindungsjahr der E-Mail, Teil der Alltagskommunikation wurde das Medium, insbesondere in Deutschland, aber erst sehr viel später. Der Blogartikel versucht das auch gar nicht erst zu vertuschen. Deutlich steht „Satire“ über dem Beitrag. Doch einige Kommentatoren des Blogs und auch Posts, die auf Facebook auf den Beitrag verweisen, scheinen das überlesen zu haben. Möglich ist auch, dass viele Facebook-Kommentatoren den Ursprungstext gar nicht selbst gelesen haben. Das ist oft so bei Fake News.
Häufig verbreiten sich Falschmeldungen, weil eine gefälschte Facebook-Vorschau ungesehen geteilt wird. Ein Umstand, dem Facebook teilweise bereits entgegentritt. Da bei geteilten Artikeln Zusatzüberschriften wie das Wort „Satire“ in der Dachzeile nicht angezeigt werden, muss man dem Original-Link folgen, um alle Informationen zu erhalten. Wer ungesehen etwas teilt, den leitet die Überschrift in die Irre. Eine weitere Chance, die vermeintlich russischsprachige E-Mail als Satire zu enttarnen, liefert der Blogeintrag mit dem Hinweis auf ein volkseigenes iPhone. Von dem aus soll die Mail verschickt worden sein. Das erste iPhone brachte Apple 2007 auf den Markt.
Immer wieder werden auch Inhalte von bekannten Satire-Seiten wie dem „Postillon“oder „Faktastisch“ als echte Nachrichten geteilt. Der Autor der ironischen Mail hat seinen Beitrag übrigens auch auf „The European“ veröffentlicht – ohne den Hinweis Satire.