Hier kann jeder lügen
„Obama bestätigt die Existenz von Außerirdischen“. „Sensation in Deutschland, Cannabis legal“. Wie von Nutzern erfundene Nachrichten auf Facebook für Aufregung sorgen.
Meist sind die Artikel, die auf 24aktuelles.com veröffentlicht werden, harmloser Natur. Da gibt es Meldungen über Neuverpflichtungen bei Profi-Fußballteams oder die angebliche Rückkehr der Videokassetten in deutsche Wohnzimmer. Einige Artikel entwickeln aber eine bedenkliche Eigendynamik: Vor einigen Tagen erschien die Nachricht über einen siebenfachen Mord am Richtsberg in Marburg. Die Leichen seien auf einem Parkplatz gefunden worden, außerdem habe man Schüsse gehört.
24aktuelles ist eine Fake-News-Website, auf der jeder Internetnutzer Artikel veröffentlichen kann. „Erstelle Deinen Witz. Erfinde deine eigene Fake News und lege Deine Freunde rein“, lädt die Seite ein. Auf den ersten Blick wirken die Fakes tatsächlich wie herkömmliche Nachrichten. Laut Selbstbeschreibung handelt es sich um eine Satire-Seite, überall ist vermerkt, dass sämtliche Inhalte frei erfunden sind.
Nur interessiert das in einigen Fällen niemanden: In der Vergangenheit wurden mehrfach Meldungen über vermeintliche Terroristen veröffentlicht, die sich in sozialen Medien einiger Popularität erfreuten.
Im Jahr 2016 grassierte auf 24aktuelles eine regelrechte Fake-News-Welle — und viele erkannten die Fälschungen nicht. Der österreichische Verein Mimikama zählte etwa 400 Meldungen über angebliche Horrorclowns, die ihr Unwesen auf deutschen Straßen trieben.
24aktuelles firmiert unter zahlreichen Internetadressen — eine ist Nachrichten365. Hier wurde vor Kurzem verkündet, Polen trete mit sofortiger Wirkung aus der EU aus, jedenfalls wenn es nach der polnischen Premierministerin Beata Szydlo (PiS) ginge. Was stimmt: Szydlo ließ 2015 bei einer Pressekonferenz tatsächlich EU-Flaggen entfernen, sagte aber auch in diesen schwierigen Zeiten sei sie zwar dankbar, dass Polen Mitglied der Nato und der EU sei.
Ende April kursierte eine Meldung über eine angeblich festgesetzte IS-Terrorzelle in Braunschweig, die tausendfach in sozialen Medien verbreitet wurde. Auch die Meldung aus Marburg wurde tausendfach angeklickt. Die Polizei dementierte in beiden Fällen über soziale Medien. Nun werden rechtliche Schritte gegen den Urheber der Mordmeldung geprüft, bestätigt auch Martin Ahlich von der Polizei Marburg. Erkenntnisse über den Urheber gebe es bisher keine.