Faktencheck

Satire-Beitrag über Claudia Roth falsch verstanden

Ein Artikel über Claudia Roth verbreitet sich im Netz. Es handelt sich um einen Text von einer Webseite, die sich als Satire-Medium bezeichnet. Doch inzwischen hat auch ein anderes Medium den Artikel übernommen.

von Tania Röttger

Claudia Roth (Grüne) am 19. November 2017 in Berlin.© Tobias Schwarz / AFP

„Truth24“ veröffentlicht am 29. Mai 2018 einen Beitrag mit dem Titel: „Claudia Roth: Im Ramadan soll ein Verkaufsverbot für Alkohol bestehen“. Das sei ein „wichtiges Zeichen für die Toleranz“, so ein angebliches Zitat. Als Quelle für den Text steht dort „Berliner Express“.

Der „Berliner Express“ veröffentlichte den Beitrag am Tag zuvor. Er ist allerdings eine Satire-Seite.

In der Rubrik „Über uns“ steht: „In Zeiten von ‘Fake News’ und der internetweiten Verfolgung davon, ist Satire wichtiger denn je. Wir finden auch, dass es zu wenig Online-Satire gibt. Dem wollen wir mit unserem ‘Berliner Express’ entgegentreten.“

Ziel der Webseite sei, „auch in diesem Bereich die Pressevielfalt zu stärken“. 

„Truth24“ kritisiert regelmäßig den Islam und verbreitet falsche Informationen über Ausländer- und Flüchtlingskriminalität. Dort ist der Artikel zunächst allerdings nicht als Satire gekennzeichnet.*  

Menschen glauben und/oder verbreiten die Satire

Nicht nur „Truth24“ scheint die Satire nicht als solche zu verstehen. 

So teilt etwa Erika Steinbach, früher CDU, heute AfD-nah, den Artikel des „Berliner Express“ auf Twitter mit dem Kommentar: „Claudia Roth sollte endlich eine Burka tragen und konvertieren aber uns mit ihren anbiedernden Vorschlägen verschonen“. 

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Screenshot von Erika Steinbachs Tweet.

Ein Facebook-Nutzer teilt den Artikel mit dem Kommentar: „Nicht abwegig, dass es noch so weit kommt und Roth entsprechendes fordert. In jedem Fall bin ich für ein Verbot der grünen Kifferkommunisten, von denen man nie weiss, was sie morgen anrichten.“ Obwohl die Meldung als Satire erkannt wurde, wird Claudia Roth oder den Grünen zugetraut, so etwas zu fordern.

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Screenshot von Facebook.

Der Text verbreitet sich auch in England

Auch die Englische Facebook-Gruppe „Traditional Britain Group“ teilt den Beitrag. Mit Übersetzung. Ohne Hinweis auf Satire.

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Screenshot von der Facebook-Seite der „Traditional Britain Group“, die den Beitrag des „Berliner Express“ teilt.

Claudia Roth ist häufig Ziel von Falschmeldungen

Claudia Roth (Grüne) ist ein beliebtes Angriffsziel. Ihr werden häufiger falsche oder halb-falsche Aussagen zugeschrieben.

Zu dieser Geschichte sagt sie: „Unter dem Deckmantel vermeintlicher Satire werden hier gezielt Unwahrheiten in die Welt gesetzt und von den üblichen Kanälen weiterverbreitet.“

Besonders beunruhigend findet sie, wie viele „den vollkommen hanebüchenen Behauptungen tatsächlich Glauben schenken.“

Wer steht hinter dem „Berliner Express“?

Das Impressum des „Berliner Express“ gleicht dem Impressum des verschwörungstheoretischen Mediums „Contra Magazin“.

Demnach ist Marco Maier Chefredakteur von beiden Medien, beide haben ihren Sitz in den Philippinen und dieselbe Telefonnummer, Herausgeber von beiden ist die sogenannte „Alternative Media News“, die sich mit dem Slogan „Mehr als nur Mainstream“ brüstet und wiederum auf den Seychellen registriert ist. Laut Impressum, zumindest.

*Nachtrag, 1. Juni 2018: Inzwischen hat „Truth24“ „Achtung Satire!!!“ über den Artikel geschrieben. Daher wurde die Bewertung hierunter entfernt. Vorher stand dort: „Der Beitrag ist erfunden. Doch obwohl er von einer Satire-Seite kommt, übernimmt „Truth24“ ihn, ohne ihn als Satire zu kennzeichnen.“