Faktencheck

Nein – Keine 31 Milliarden Euro an Familienangehörige in Herkunftsländern

Die Website „Watergate.tv” schreibt, Finanzminister Olaf Scholz (SPD) wolle 31 Milliarden Euro an Familienangehörige von Migranten und Flüchtlingen in Herkunftsländern senden. Das ist falsch – laut der ursprünglichen Quelle des Artikels soll das Geld in die Bekämpfung von Fluchtursachen fließen.

von Caroline Schmüser

Ein Finanzplan des Bundesfinanzministerium unter Olaf Scholz (SPD) legt offen, dass einer großer Anteil asylbezogener Gelder in die Bekämpfung von Fluchtursachen fließt.© Tobias SCHWARZ / AFP

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Das ist falsch. Die 31 Milliarden Euro sollen in die Bekämpfung von Fluchtursachen investiert werden, berichtet der „Spiegel”.

In einem Artikel vom 21. Mai 2018 titelt die Website „Watergate.tv“: „Finanzminister will 78 Milliarden für Migranten ausgeben“. Laut „Watergate.tv“ würden davon „31 Milliarden nicht den hier lebenden Migranten zukommen“, sondern deren Familienangehören in den Herkunftsländern. Doch das ist falsch.

Der Beitrag von „Watergate.tv“ bezieht sich auf die Berichterstattung des „Spiegel“. Dem soll laut eigener Angabe eine Unterlage des Bundesfinanzministeriums (BMF) zur Finanzplanung im Zuge der Flüchtlingspolitik vorliegen. Daraus gehe hervor, so der „Spiegel“, dass Finanzminister Olaf Scholz (SPD) bis zum Jahr 2022 „mit Kosten in Höhe von rund 70 Milliarden Euro“ rechne. Zusätzlich sollen laut Koalitionsvertrag acht Milliarden Euro bis 2021 vom Bund an Länder und Kommunen gehen – als Entlastung für deren asylbezogenen Kostenaufwand.

Auch eine Summe von 31 Milliarden Euro geht aus dem „Spiegel“-Artikel hervor – jedoch für einen anderen Zweck, als von „Watergate.tv“ behauptet. Das Geld soll laut „Spiegel“ in die Bekämpfung von Fluchtursachen fließen.

Eine offizielle Bestätigung vom BMF, dass die Zahlen stimmen, gibt es nicht. Auf Anfrage von CORRECTIV teilte das BMF lediglich mit, man könne „Internetbeiträge grundsätzlich nicht kommentieren, bewerten oder auf Richtigkeit prüfen“. Die Zahlen im Finanzplan bis 2022 würden vorgestellt, sobald der Finanzplan beschlossen sei.

Bund steckt Geld in Bekämpfung von Fluchtursachen

Stattdessen machte das BMF auf den Finanzplan des Bundes für die Jahre 2017 bis 2021 aufmerksam. Dieser wurde am 11. August 2017 vorgestellt.

Aus dem damaligen Finanzplan geht hervor, dass das BMF für die Jahre 2018 bis 2021 mit „asylbedingten Belastungen“ des Bundes in Höhe von 69,24 Milliarden Euro gerechnet hatte:

Finanzplan 2017-2021 Asylbedingte Belastungen.png

Aus Tabelle 6 auf Seite 39 des Finanzplans des Bundes für die Jahre 2017 bis 2021 geht hervor, dass das BMF für die Jahre 2018 bis 2021 mit „asylbedingten Belastungen“ des Bundes in Höhe von 69,24 Milliarden Euro gerechnet hatte.

Screenshot

Ein Großteil der Gelder ist demnach für „Fluchtursachenbekämpfung“ geplant. Ablesbar sind hier auch die vom „Spiegel“ benannten 8 Milliarden Euro, die von 2018 bis 2021 an Länder und Kommunen gehen sollen.

Das BMF teilte CORRECTIV weiter mit, die Bekämpfung von Fluchtursachen beinhalte „beispielsweise Krisenprävention, Friedenserhaltung und humanitäre Hilfe sowie Krisenbewältigung und Wiederaufbau.“

Für die Umsetzung von Maßnahmen zur Fluchtursachenbekämpfung seien das Auswärtige Amt und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) zuständig.

Was sind eigentlich Fluchtursachen, und sollen diese bekämpft werden?

Das BMZ schreibt auf seiner Website, als Fluchtursachen gelten Krisen und Konflikte, aber auch Problematiken wie Armut, schlechte Regierungsführung oder Ressourcenknappheit.

Das BMZ unterstütze in Krisenländern daher beispielsweise Projekte für den Aufbau und die Arbeit rechtsstaatlicher Institutionen, den gewaltfreien Umgang mit Konflikten sowie Beschäftigungs- und Ausbildungsprogramme.

Die Behauptung von „Watergate.tv“, Maßnahmen zur Bekämpfung von Fluchtursachen würden die finanzielle Unterstützung von Familien der in Deutschland lebenden Migranten beinhalten, ist somit inhaltlich nicht richtig.