Faktencheck

Nein – Dieses Foto zeigt kein deutsches Opfer der Alliierten, sondern eine misshandelte jüdische Frau im Juli 1941

Zeigt dieses Foto eine deutsche Frau, die von den Allierten nach dem zweiten Weltkrieg misshandelt wurde? Nein. Das Bild wurde während des Lemberger Pogroms vom Sommer 1941 genommen.

von Jacques Pezet

Szenen aus einem von Ukrainern verübten Pogrom, möglicherweise in Lemberg, Russland© Unknown - Public Domain

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Das Bild ist aus dem Kontext gerissen. Das Bild zeigt keine von den Alliierten misshandelte Frau, sondern eine jüdische Frau, die im Juli 1941 von Ukrainern und Nazis in Lemberg demütigt wird.

Es ist ein Foto, das oft genutzt wird, um die Vergewaltigungen deutscher Frauen durch die Alliierten zu illustrieren. Zum Beispiel veröffentlicht der Blogger Michael Mannheimer es so, als würde es „eine von Millionen vergewaltigter deutsche Frauen in den Ostgebieten“ zeigen. Auf Facebook konnten wir das Bild mit den folgenden Sätzen finden: „Die Welt weiß alles, was die Deutschen getan haben sollen. Die Welt weiß nichts von dem, was den Deutschen angetan wurde“.

Lemberg Facebook.png

Die Montage konnten wir in der Facebook-Gruppe „Reale Verschwörungen“ finden.

Um herauszufinden, wann und wo das Foto aufgenommen wurde, haben wir es anhand der Technik der umgekehrten Bildersuche gesucht. So haben wir herausgefunden, dass das Fine Arts Museum von Houston eine Kopie des Fotos dem Fotoarchiv des amerikanischen Holocaust-Gedenkmuseums abgekauft hat. Auf der Webseite des Fine Arts Museum von Houston wird das 1941 genommenen Foto so beschrieben: „Szenen aus einem von Ukrainern verübten Pogrom, möglicherweise in Lemberg, Russland“.

CORRECTIV hat das amerikanische Holocaust-Gedenkmuseum kontaktiert, um mehr Informationen über das Bild zu bekommen. Die Chefkuratorin für Akquisitionen Judith Cohen hat uns geantwortet: „Das besagte Foto ist Teil einer bekannten Reihe, bei der wir fast sicher sind, dass sie das Pogrom von Lemberg darstellt. Die Fotos dieser Serie befinden sich in verschiedenen Archiven, darunter Yad Vashem, die Archive von Emanuel Ringelblum vom Jüdischen Historischen Institut in Warschau und die BPK in Deutschland.“

Auf der Webseite der zitierten Bildagentur für Kunst, Kultur und Geschichte (BPK) gehört das Bild zu einer Reihe von Fotos, die so betitelt sind: „Nach dem Einmarsch deutscher Besatzungstruppen in Lemberg kommt es in den ersten Julitagen 1941 zu Pogromen“.

Lemberg, heute Lwiw, ist eine ukrainische Stadt, die nah an der polnischen Grenze liegt. Laut der BPK wurde das Foto im Juli 1941 genommen. In der Beschreibung steht: „Überwiegend ukrainische Einwohner mißhandeln und demütigen jüdische Frauen und Mädchen“.

Im Sommer 1941, nach Beginn von „Unternehmen Barbarossa“ (als deutsche Truppen im Juni 1941 die Sowjetunion überfielen), haben ukrainische Nationalisten mit Hilfe der deutschen Wehrmacht und der Einsatzgruppe C ungefähr 6.000 Juden in Lemberg getötet. Laut dem amerikanischen Holocaust-Gedenkmuseum lebten „200.000 Juden in Lemberg im September 1939; 100.000 waren jüdische Flüchtlinge aus dem von Deutschland besetzten Polen.“