Faktencheck

Warum man vor dem Plastikflaschen-Trick keine Angst haben muss

Die Webseite Stimmung.co verbreitet derzeit eine Meldung, der zufolge Autodiebe einen „hinterlistigen Trick” anwenden: Mithilfe einer Plastikflasche sollen Fahrer aus dem Auto gelockt werden. Es gibt jedoch keine Hinweise darauf, dass Diebe in Deutschland den Trick anwenden.

von Caroline Schmüser

Eine Szene aus einem Video des mexikanischen YouTube-Kanals Gatinhitoluz. Der YouTuber führte den angeblichen Trick vor, mithilfe dessen Diebe neuerdings Autofahrer ablenken sollen.© Screenshot von Correctiv

Bewertung
Fehlender Kontext. Es ist nicht belegbar, ob der Trick tatsächlich angewendet wurde. Wir haben keine Fälle in Deutschland gefunden, in denen Autofahrer mithilfe eines Plastikflaschen-Tricks getäuscht und beraubt wurden.

Mit dem Analysetool CrowdTangle lässt sich nachvollziehen, dass ein Artikel der Webseite Stimmung.co in den letzten Tagen mehrere hundert Male auf Facebook geteilt wurde. Die Seite titelte: „Hinterlistiger Trick: Wenn ihr eine Plastikflasche auf dem Reifen entdeckt, seid ihr gefährdet“. Als Quelle nennt Stimmung.co einen Beitrag der Webseite Newsner.com vom 8. Juni 2018 – dieser wurde von Stimmung.co wortgleich übernommen.

Dem Artikel zufolge gibt es eine neue Masche von Autodieben. Diese würden eine Plastikflasche zwischen Reifen und Karosserie eines Autos stecken. Fahre der Autofahrer los, gebe die Flasche unter dem Druck des Reifens nach. Dies produziere ein „seltsames Geräusch“. Verlasse der Fahrer dann das Auto, um dem Geräusch nachzugehen, würden die Diebe zuschlagen und den Wagen klauen, oder Wertsachen stehlen.

Stimmung.co beruft sich hierbei auf ein Video des mexikanischen YouTube-Kanals Gatinhitoluz, das am 27. Juli 2017 hochgeladen wurde. Das Video hat mittlerweile mehr als 6 Millionen Aufrufe. Darin demonstriert ein junger Mann die angebliche neue Masche von Autodieben.

Gibt es Fälle, in denen Diebe den Trick in Deutschland angewendet haben? Die österreichischen Faktenchecker von Mimikama haben sich bereits im Juni mit der Geschichte auseinandergesetzt. Dazu durchsuchten sie für Deutschland die Webseite Presseportal nach relevanten Polizeimeldungen – konnte jedoch keine finden. Wir haben ebenfalls dazu recherchiert.

Keine Polizeimeldungen zu Plastikflaschen-Trick

Presseportal Plastikflaschen.png

Polizeiliche Pressemitteilungen berichten häufig von Körperverletzungen durch Plastikflaschen. Eine Meldung, in der eine Plastikflasche zum Autodiebstahl missbraucht wurde, konnte CORRECTIV nicht finden.

Screenshot von Correctiv

Online gibt es zwar viele Beiträge von Webseiten, die vor den Autodiebstählen mit Plastikflasche warnen – einen Bericht, laut dem ein solcher Trick-Diebstahl tatsächlich stattgefunden hat, haben wir hingegen nicht gefunden.

Auch ein Blick auf die Webseite Presseportal, die täglich Presseberichte von Polizei, Feuerwehr und anderen Behörden veröffentlicht, gibt Entwarnung. Sucht man dort nach dem Begriff „Plastikflasche“, werden insgesamt 137 polizeiliche Pressemitteilungen angezeigt. Keine davon schildert einen Autodiebstahl, bei dem der Trick mit der Plastikflasche angewendet wurde. Vielmehr werden Plastikflaschen häufig als Wurfgeschosse im Zuge von Straftaten mit Körperverletzung benutzt.

Wahrscheinlich ein Clickbait-Artikel

Grund zur Sorge vor Autodiebstählen, bei denen der Plastikflaschen-Trick eingesetzt wird, gibt es demnach aktuell in Deutschland nicht. Bei dem Artikel handelt es sich höchstwahrscheinlich um Clickbait. Clickbait bedeutet: Durch eine überspitzte Überschrift sollen besonders viele Leser dazu gebracht werden, auf den Artikel zu klicken. Denn umso mehr Aufrufe die Webseite erzielt, umso mehr Einnahmen kann der Betreiber der Webseite durch die Schaltung von Online-Werbeanzeigen generieren.

Für den Clickbait-Charakter des Beitrags spricht auch der Satz am Ende des Textes. Dort schreibt Stimmung.co: „Verbreitet diese Warnung, damit mehr Menschen über diesen hinterlistigen Trick Bescheid wissen. Wenn ihr damit auch nur einer einzigen Person helft, sich nicht täuschen zu lassen, war es den Klick wert!“