Nein, diese Bilder von Leichensäcken und einem Sarg zeigen nicht, dass Corona-Todesfälle inszeniert werden
Auf Facebook kursiert eine Collage mit Fotos, die suggeriert, die Öffentlichkeit werde über Corona-Todesfälle mit gestellten Bildern getäuscht. Die Bilder zeigen Leichensäcke und einen Sarg, die von Personen teilweise nur mit einer Hand getragen werden. Doch die Bilder wurden manipulativ dargestellt.
Auf Facebook kursiert eine Foto-Collage mit drei Bildern (zum Beispiel hier und hier), die suggeriert, dass in der Pandemie angeblich Corona-Todesfälle inszeniert werden. Auf den Bildern sind Personen zu sehen, die mutmaßlich Leichen abtransportieren – und es sieht so aus, als würden sie diese mit nur einer Hand oder den Fingern tragen. Dazu wird der Kommentar verbreitet: „Weisheit des Tages: Wenn man an Covid stirbt, wird man sehr leicht…“
Es wird mit Markierungen und einem Lach-Emoji darauf hingewiesen, dass die Leichensäcke oder Särge angeblich viel zu leicht seien, um tatsächlich Tote zu enthalten. Geteilt wurde die Collage auf Facebook knapp 600 Mal (Stand: 7. Dezember).
Unsere Recherchen zeigen: Zwei der Bilder wurden aus dem Kontext gerissen, ein weiteres wurde manipulativ zugeschnitten.
Das erste Foto zeigt eine Protestaktion in Miami mit Leichensack-Attrappen
Das erste Bild haben wir bereits in einem Faktencheck im Juni überprüft. Darauf zu sehen ist eine Frau, die mit einer Hand einen mutmaßlichen Leichensack wegträgt. Vor ihr liegen zahlreiche weitere Säcke aufgereiht. Es sind auch einige Plüschtiere, Fotos und ein Kranz zu sehen, die den Eindruck erwecken, es handele sich um eine Aufbahrung von Verstorbenen auf offener Straße.
Das ist jedoch nicht der Fall – die angeblichen Leichensäcke waren Teil einer Protestaktion in Miami im US-Bundesstaat Florida.
Die Aufnahme stammt aus der Bilddatenbank Shutterstock. Laut der Bildbeschreibung wurde das Foto am 27. Mai 2020 gemacht und zeigt einen symbolischen Trauerzug in Miami. Dieser war Teil eines Protests gegen die Wiedereröffnung der Wirtschaft ohne staatliche Corona-Hilfen. In den Plastiksäcken befanden sich also keine echten Leichen, was von dem Fotografen auch deutlich gemacht wurde.
Das zweite Foto ist ein Symbolbild mit Fotomodellen
Auf dem zweiten Foto sind zwei Menschen in Schutzkleidung zu sehen, die ein Tuch mit einer vermeintlichen Leiche darauf offenbar nur mit den Fingern halten.
Über die Bilderrückwärtssuche von Google fanden wir das Foto in der Bilddatenbank Getty Images. Im Quellenhinweis steht, das Foto stamme ursprünglich von: „Panyawat Boontanom / EyeEm“. Auch EyeEm ist eine Bildagentur, die Fotos veröffentlicht. Das Original-Foto ist auf ihrer Webseite zu finden.
Wir fragten bei der Agentur EyeEm nach, mit welchem Kontext das Bild entstanden ist. Ein Sprecher schrieb uns per E-Mail, es handele sich um ein „Stock-Foto“, auf dem bezahlte Fotomodelle zu sehen seien. Er erklärte weiter: „Stockfotos werden oft in einer inszenierten Umgebung produziert, um zu vermeiden, dass reale Modelle oder Orte auf den Bildern gezeigt werden müssen. Stockfotos dienen oft dem Bedarf von Unternehmen, die aktuelle Ereignisse in Echtzeit abbilden möchten.“
Es handelt sich bei dem Bild also um ein Symbolfoto. Bildagenturen verkaufen solche Symbolfotos beispielsweise an Redaktionen, die ihre Artikel damit bebildern – auch CORRECTIV verwendet für einige Artikel Symbolfotos als Titelbilder, zum Beispiel hier, hier oder hier. Die Verwendung von Symbolbildern sollte in der Bildunterschrift stets entsprechend erwähnt werden, um deutlich zu machen, dass es sich nicht um tatsächliche Bilder des jeweiligen Ereignisses handelt, sondern um gestellte oder beispielhafte Bilder, die nur der Veranschaulichung dienen.
Über die Bilderrückwärtssuche bei Google konnten wir das Foto in deutschen Medienberichten nicht finden; es wurde also offenbar nicht verwendet. Auf einer Nachrichtenseite aus Kasachstan wurde das Foto in der Bildunterschrift mit dem Hinweis „Illustratives Foto“ versehen, wie eine Übersetzung mit „DeepL“ zeigt. In einem Bericht auf der US-amerikanischen Internetseite Live Science wurde das Bild aber beispielsweise nicht als Symbolbild gekennzeichnet.
Das dritte Foto wurde irreführend beschnitten: Der Sarg wurde von drei Personen getragen
Das dritte Bild zeigt eine Person, die scheinbar einen Sarg allein und mit zwei Fingern trägt. Auch dieses Foto suchten wir über die Bilderrückwärtssuche. Dabei fanden wir zwei Berichte aus Brasilien im Mai von der brasilianischen Faktencheck-Plattform Lupa und dem brasilianischen Online-Magazin Extra.
Auf beiden Webseiten wurde berichtet, das Bild zeige eine Beerdigung einer Person mit Covid-19 im April 2020. Das Bild wurde von der brasilianischen Nachrichtenagentur Folhapress veröffentlicht.
Das Originalfoto zeigt jedoch, dass das auf Facebook veröffentlichte Foto irreführend zugeschnitten wurde. Denn: Die Person mit der Schutzkleidung trug den Sarg nicht allein, sondern zusammen mit zwei anderen Personen. Die dritte Person steht verdeckt hinter dem Mann, der der Kamera den Rücken zukehrt – man sieht aber ihre Beine.
Die drei Träger stellten den Sarg gerade auf einem Tisch ab, als das Bild entstand. Laut der Bildunterschrift handelte es sich um eine Beerdigung am 15. April in Manaus im Nordwesten Brasiliens.
Auch Faktenchecker der AFP recherchierten zu dem Foto und kontaktierten den Fotografen auf Twitter. Demnach schrieb er, dass der Sarg von einer Metallkonstruktion gestützt worden sei, die dazu diente, dass sich Familienmitglieder vor der Beerdigung verabschieden könnten. Der Sarg sei nicht leer gewesen.
Fazit: Die drei Fotos werden mit falschem Kontext verbreitet. Das erste Bild zeigt eine öffentliche Protestaktion, das zweite ist ein gestelltes Symbolbild. Nur eins der Bilder zeigt einen tatsächlichen Todesfall durch Covid-19. Das Bild wurde zugeschnitten, so dass es fälschlich so scheint, als trage eine Person den Sarg alleine.
Redigatur: Kathrin Wesolowski, Alice Echtermann
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck: