Irreführender Covid-19-Vergleich: Nein, wer an Ebola oder Meningitis erkrankt ist, darf nicht „voll infektiös” ins Restaurant
In einem Schaubild wird Covid-19 mit anderen Infektionskrankheiten wie Ebola, Hepatitis, Meningitis, Aids, Keuchhusten oder den Röteln verglichen. Der Vergleich hinkt. Anders als behauptet, werden Infizierte mit einigen der Krankheiten isoliert, andere sind nicht so leicht übertragbar.
Bisher mehr als 700 Mal wurde auf Facebook ein Schaubild geteilt, auf dem behauptet wird, in Deutschland und Österreich dürfe man unter anderem mit Keuchhusten, Ebola, Dengue-Fieber und Hepatitis „seit Jahrzehnten“ ungetestet und „voll infektiös“ in Restaurants und Kinos gehen.
Der Vergleich bezieht sich offenbar auf Covid-19 und ist irreführend. Denn bei vielen der genannten Krankheiten werden infizierte Menschen isoliert, können also nicht einfach in Restaurants gehen.
Viele der aufgelisteten Krankheiten übertragen sich übrigens im Gegensatz zum Virus SARS-CoV-2 nicht durch die Luft. Bei drei davon handelt es sich zum Beispiel um reine Geschlechtskrankheiten; andere kommen in Deutschland so gut wie nie vor und zwei sind überhaupt nicht durch normalen Kontakt von Mensch zu Mensch übertragbar.
Wir haben uns die aufgelisteten Krankheiten und die Bestimmungen dazu in Deutschland einzeln angeschaut.
Ebola ist meldepflichtig und überträgt sich nicht über die Luft
Das Ebolafieber ist bisher laut Robert-Koch-Institut (RKI) ausschließlich in Afrika ausgebrochen. Das Virus wurde 1976 entdeckt. Im Rahmenkonzept Ebolafieber des RKI, das 2014 nach einem Ausbruch in Westafrika erstellt wurde, steht, dass sobald ein Verdacht auf Ebola besteht, die Unterbringung der infizierten Person auf einer Sonderisolierstation veranlasst werde (S. 10). Habe die Person nur leichte Symptome, könne das Gesundheitsamt entscheiden, ob der Patient auch in einer anderen „geeigneten Einrichtung“ betreut werden könne. Die Krankheit ist in jedem Fall meldepflichtig. Vereinzelte Fälle traten auch außerhalb Afrikas auf, etwa bei medizinischem Personal, das aus Ebola-Gebieten zurückkehrte. In Deutschland hat sich bislang niemand mit Ebola infiziert.
Ebola überträgt sich im Gegensatz zu Covid-19 nicht über die Luft: „Die Übertragung erfolgt durch direkten körperlichen Kontakt zu Ebolafieber-Patienten oder -Verstorbenen, insbesondere durch direkten Kontakt mit deren Körperflüssigkeiten, zum Beispiel Blut, Speichel, Schweiß, Urin, Stuhl oder Erbrochenem“, schreibt das RKI auf der Webseite.
Meningitis ist eine meldepflichtige Krankheit, Patienten werden 24 Stunden isoliert
Die meist durch Bakterien (Meningokokken) verursachte Meningitis (Hirnhautentzündung) ist durch Tröpfcheninfektion, also durch die Luft übertragbar. Die Krankheit ist meldepflichtig. Besteht Verdacht auf Meningokokken, „muss eine sofortige Krankenhauseinweisung erfolgen“ und der Patient ab Beginn einer Therapie 24 Stunden isoliert werden, heißt es auf der Seite des RKI. „Voll infektiös“ in ein Restaurant zu gehen, ist also nicht möglich. 2019 gab es in Deutschland 222 Fälle von Meningokokken. Es gibt eine Impfung gegen die Bakterien.
Tuberkulose ist meldepflichtig, Patienten werden isoliert
Tuberkulose ist eine bakterielle Infektion, die laut RKI neben Aids und Malaria weltweit eine der häufigsten Infektionskrankheiten ist. In Deutschland tritt sie aber nicht häufig auf. „Für das Jahr 2019 (Stichtag: 01.03.2020) wurden dem RKI insgesamt 4.873 Erkrankungsfälle übermittelt“, heißt es im Tuberkulose-Bericht des RKI für das Jahr 2019. Es besteht eine Meldepflicht und Patienten werden isoliert, wie das RKI schreibt.
Hepatitis A/B/C wird über verunreinigtes Wasser, Lebensmittel, ungeschützten Sex oder Blut übertragen
Hepatitis A, B und C werden alle ausgelöst durch Hepatitis-Viren. Alle drei sind meldepflichtig, eine Isolierungspflicht gibt es nicht (A, B, C). Die Viren können über verunreinigtes Wasser oder Lebensmittel (vor allem Hepatitis A in tropischen Ländern), ungeschützten Sex oder Blut übertragen werden. Bei allen drei Hepatitis-Varianten ist eine Ansteckung bei einem Restaurantbesuch in Deutschland also eher nicht zu befürchten. Gegen Hepatitis A und B gibt es Schutzimpfungen.
Grippe: RKI empfiehlt, Patienten im Krankenhaus sieben Tage zu isolieren
Die „echte Grippe“ oder Influenza überträgt sich wie auch SARS-CoV-2 durch kleinste Tröpfchen und verursacht meist Fieber, Schmerzen oder bei milderen Verläufen Erkältungssymptome. Die Ständige Impfkommission rät deshalb Risikogruppen zu einer Impfung. Das RKI empfiehlt, Patienten, die wegen Influenza im Krankenhaus liegen, sieben Tage zu isolieren. Bei einem direkten Nachweis des Virus (Labornachweis) besteht eine Meldepflicht laut Infektionsschutzgesetz.
Pneumokokken tragen viele Menschen in sich, ohne zu erkranken
Diese Bakterien „finden sich im Nasen-Rachen-Raum vieler Menschen, ohne dass diese daran erkranken. Daher können sie auch von Gesunden weitergegeben werden“, heißt es auf einer Seite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Übertragen werden sie per Tröpfcheninfektion. Pneumokokken verursachen verschiedene Erkrankungen, die aber nicht meldepflichtig sind. Die Infektionen sind mit Antibiotika behandelbar. Die Ständige Impfkommission empfiehlt Risikogruppen, sich impfen zu lassen. Die Anzahl gemeldeter Pneumokokken-Fälle pro Jahr lag laut RKI zwischen 2007 und 2017 zwischen 1.000 und 2.000.
Herpesviren sind leicht übertragbar, aber normalerweise nicht gefährlich
Für Herpes gibt es weder eine Meldepflicht noch werden Patienten isoliert. Übertragbar sind Herpesviren über engen Körperkontakt, wie Küssen oder Sex, aber auch durch Tröpfchen- oder Schmierinfektion, wie die Deutsche Aidshilfe auf ihrer Webseite erläutert. Die meisten Menschen tragen Herpes-Viren in sich, heißt es auf der Seite der Deutschen Aidshilfe. „Ein Herpes kann zwar schmerzhaft sein, ist aber normalerweise nicht gefährlich.“
Creutzfeldt-Jakob wird nicht durch Kontakt von Mensch zu Mensch übertragen
Diese Krankheit mit Covid-19 zu vergleichen, ergibt besonders wenig Sinn. Denn Creutzfeldt-Jakob kann nicht durch Kontakt von Mensch zu Mensch übertragen werden. Patienten zu isolieren ist daher unnötig. Lediglich durch direkten Kontakt mit dem infizierten Gehirn-Gewebe oder verunreinigten chirurgischen Instrumenten kann man sich infizieren. Von Creutzfeldt-Jakob gibt es zwei verschiedene Formen. Eine Variante, die zum Beispiel durch verseuchtes Fleisch übertragen werden kann, wurde in Deutschland noch nie nachgewiesen (Stand: Juni 2018). Die andere Form kommt auf „etwa 80 bis 120“ sporadisch auftretende Fälle im Jahr, heißt es auf der Seite des RKI.
Dengue-Fieber ist nicht von Mensch zu Mensch übertragbar
Auch mit dem Dengue-Fieber können sich Menschen untereinander nicht anstecken, wie das Tropeninstitut auf seiner Webseite schreibt. Übertragen wird das Dengue-Virus durch eine bestimmte Mückenart „in tropischen und subtropischen Klimazonen“. Laut RKI fanden bisher alle nachgewiesenen Infektionen im Ausland statt. Infektionen sind laut Infektionsschutzgesetz meldepflichtig. „Die meisten Menschen erkranken ohne Symptome oder entwickeln eine milde fieberhafte Erkrankung“, heißt es auf der Seite des RKI.
In dem Bild auf Facebook werden darüber hinaus mehrere Krankheiten genannt, die sich in den meisten Fällen durch ungeschützten Sex übertragen. Konkret sind das Aids (HI-Viren), Gonorrhoe („Tripper“, eine Infektion durch sogenannte Gonokokken-Bakterien) und Chlamydien (ebenfalls eine bakterielle Infektion). Bei allen ist eine zufällige Übertragung bei einem Restaurantbesuch also praktisch ausgeschlossen. Eine Labormeldepflicht für Gonokokken gibt es laut RKI nur in Sachsen. Ein Chlamydien-Erreger ist laut Infektionsschutzgesetz namentlich meldepflichtig. Aids-Erkrankungen werden nicht-namentlich, also anonym gemeldet.
Mehrere genannte Krankheiten treten vor allem bei Kindern auf – und es wird routinemäßig geimpft
In dem Facebook-Beitrag werden auch mehrere Krankheiten genannt, die eher bei Kindern bekannt sind und gegen die in Deutschland meist routinemäßig geimpft wird. Das sind im Einzelnen: Keuchhusten (Pertussis), Diphtherie, Masern, Röteln und Mumps.
Die Mehrheit dieser Krankheiten tritt in Deutschland praktisch nicht mehr auf. Das gilt etwa für Röteln. Auch bei Diphtherie wurden laut RKI 2020 nur 16 Fälle gemeldet. Bei Mumps werden seit Einführung der Meldepflicht 2013 jährlich etwa 700 Fälle gemeldet. In ähnlichen Größen bewegen sich die jährlichen Masernfälle. Gegen Scharlach (durch Streptokokken-Bakterien ausgelöst) gibt es zwar keine Impfung, jedoch wird diese Kinderkrankheit mit Antibiotika behandelt und Erkrankte sind dann in der Regel binnen 24 Stunden nicht mehr ansteckend.
Die Erreger, die Diphtherie, Keuchhusten, Masern, Röteln und Mumps auslösen, sind nach dem Infektionsschutzgesetz alle namentlich meldepflichtig. Patienten, die mit diesen Erkrankungen in Krankenhäusern behandelt werden, werden dort zudem von anderen isoliert. Die Impfung gegen die Masern ist für den Kita- oder Schulbesuch von Kindern sowie für das Personal in solchen oder medizinischen Einrichtungen außerdem verpflichtend.
Fazit:
Mehrere der auf der Liste genannten Krankheiten sind, wie auch Covid-19, meldepflichtig und führen gegebenenfalls auch zur Isolation des Patienten. Die Behauptung, man könne damit „voll infektiös“ in Restaurants gehen, stimmt so also nicht. Der Vergleich ist außerdem irreführend, weil mehrere der Krankheiten nicht über die Luft ansteckend sind und infizierte Personen ohne andere zu gefährden überall hingehen können. Mehrere werden nur durch sexuelle Kontakte übertragen oder treten vor allem in tropischen Ländern auf.
Redigatur: Alice Echtermann, Uschi Jonas