„Pathologie-Konferenz“ liefert keine Belege für Nachweis von angeblichen Impfschäden durch Spike-Protein
Mitglieder der sogenannten Pathologie-Konferenz behaupten, sie hätten nachgewiesen, dass Covid-19-Impfungen zu gefährlichen Schäden im Körper führen. Verantwortlich dafür sei das Spike-Protein, welches der Körper durch die Impfung produziert. Belege für ihre Entdeckung liefern die Verantwortlichen aber nicht. Drei Pathologen äußern Zweifel an der Behauptung.
„Sensation: Spike-Impfschäden endlich eindeutig nachweisbar!“ heißt es am 17. Januar auf der Webseite 2020News. Die Webseite fiel in der Vergangenheit immer wieder mit irreführenden Behauptungen und Fehlinformationen auf (hier und hier). Der aktuelle Artikel der Seite wurde bisher laut dem Analysetool Crowdtangle 4.500 Mal auf Facebook geteilt (Stand: 17. Februar 2022)
2020News beruft sich auf eine Pressemitteilung der sogenannten Pathologie-Konferenz, über die wir im September 2021 in einem Faktencheck berichtet haben. Laut der Pressemitteilung sei es gelungen zu beweisen, dass die Impfung gegen Covid-19 zu Entzündungen und Beschädigungen des menschlichen Gewebes führe. Verantwortlich sei angeblich das sogenannte Spike-Protein, das der Körper nach einer Impfung gegen Covid-19 bildet. Der Beweis dafür sei, dass sie das Protein in Gefäßen von Verstorbenen nachgewiesen hätten.
Belege für die Behauptung sind auf der Webseite der Pathologie-Konferenz nicht zu finden. Auch eine Presseanfrage von CORRECTIV.Faktencheck ließen die Verantwortlichen bis zum Erscheinen dieses Faktenchecks unbeantwortet. Wir haben deshalb drei Pathologen nach ihrer generellen Einschätzung zu der Behauptung gefragt.
Was ist das Spike-Protein?
Das Spike-Protein ist ein Bestandteil von Sars-CoV-2. Das Virus nutzt das Protein, um an menschliche Zellen anzudocken und sie dazu zu bringen, das Virus aufzunehmen. Anders ausgedrückt: Das Coronavirus braucht das Spike-Protein, um eine Zelle befallen zu können und sich darin zu vermehren, wie das Max-Planck-Institut auf seiner Webseite erläutert.
Die derzeit eingesetzten mRNA-Impfstoffe gegen Covid-19 enthalten genetische Informationen des Coronavirus, die menschliche Körperzellen dazu anregen, selbst das Spike-Protein des Virus zu produzieren. Gegen dieses Protein bildet der Körper Abwehrstoffe, um später gegen das echte Virus SARS-CoV-2 geschützt zu sein.
Es gibt also einen Unterschied zwischen dem Spike-Protein des Coronavirus und den Spike-Proteinen, die der Körper selbst nach einer Covid-19-Impfung produziert. Sie sind nicht ganz identisch aufgebaut, wie auch das Paul-Ehrlich-Institut auf seiner Webseite erklärt. Wie wir in einem anderen Faktencheck im Juni 2021 erklärt haben, ist das Impf-Spike-Protein an die Körperzellen gebunden. Belege dafür, dass es Schäden auslöst, sollte es sich in geringen Mengen dennoch im Körper verteilen, sahen Experten damals nicht.
Nachweis des Spike-Proteins kann auch für Covid-19-Infektion sprechen
In der Pressemeldung der Pathologie-Konferenz heißt es, die Pathologen im Ruhestand Arne Burkhardt und Walter Lang, hätten „immunhistologisch“ bestätigt, dass das Spike-Protein der Covid-19-Impfstoffe für Entzündungen und Gefäßläsionen, also Schäden an Blutgefäßen, verantwortlich sei. Was bedeutet das?
Durch immunhistologische Methoden ist es möglich, Gewebe auf Proteine und Antikörper zu untersuchen und diese dort nachzuweisen. So ein Nachweis gelingt, indem das Gewebe mittels einer speziellen Reaktion gefärbt wird.
Konrad Steinestel, Klinischer Direktor des Instituts für Pathologie am Bundeswehrkrankenhaus in Ulm, erklärte uns auf Anfrage: „Grundsätzlich werden bei der Immunhistochemie Antigene (Proteine) auf einem Gewebeschnitt mittels Antikörpern markiert.“ Mit einem weiteren Antikörper und einer bestimmten Farbreaktion könne man dann bestimmte Proteine in einer Gewebeprobe nachweisen. Dafür müsse vor allem sichergestellt werden, dass die Bereiche richtig eingefärbt wurden. Das könne aber nur dann sicher beurteilt werden, wenn „eine exakte Angabe der Methodik“ und „qualitativ hochwertige Abbildungen“ vorlägen.
Bisher haben die Mitglieder Pathologie-Konferenz solche Aufnahmen nicht auf ihrer Webseite zur Verfügung gestellt.
Peter Boor vom Institut für Pathologie an der Uniklinik Aachen schrieb uns, dass bei einem Nachweis des Spike-Proteins zunächst davon auszugehen sei, dass es sich um eine Infektion mit dem Coronavirus handelt. Das sei die wahrscheinlichste Option und müsse zunächst ausgeschlossen werden. Auch Steinestel wies darauf hin, dass eine Infektion der verstorbenen Person ausgeschlossen werden müsse.
Pathologe: Kein immunhistochemischer Nachweis speziell für durch Impfung gebildetes Spike-Protein bekannt
In der Pressemeldung behaupten Burkhardt und Lang, das Spike-Protein nachgewiesen zu haben, das der Körper nach einer Impfung bildet. Sie sprechen von einem „sicheren“ Nachweis. Dies ist laut der von uns befragten Experten jedoch unwahrscheinlich.
Wir haben bei Professor Benjamin Ondruschka, Direktor des Institutes für Rechtsmedizin an dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf nachgefragt, wie er die Behauptung von Burkhardt und Lange einschätzt. In dem Institut wurden bereits selbst hunderte Obduktionen bei Personen durchgeführt, um zu untersuchen, ob diese an Covid-19 verstorben sind.
Auf die Frage, ob er bei Obduktionen das Spike-Protein in Gewebeproben nachweisen konnte, schrieb uns Ondruschka, es gebe mittlerweile viele Hersteller, die Produkte anbieten würden, um das Spike-Protein nach einer Infektion mit dem Sars-CoV-2-Virus nachzuweisen. Ein spezifischer immunhistochemischer Nachweis für das Spike-Protein, welches der Körper durch den Impfstoff produziert, sei ihm jedoch nicht bekannt.
Sein Team sei zwar auch in der Lage, die Impfstoff-mRNA in Geweben nachzuweisen, doch das weise erst einmal nur darauf hin, dass sich der Impfstoff im Körper verteilt habe – Komplikationen könnten dadurch keine abgeleitet werden, so Ondruschka. Die Studie dazu werde gerade begutachtet.
Redigatur: Matthias Bau, Alice Echtermann