Faktencheck

Ukrainische Waffen in Mexiko? Nein, TV-Bericht zu Drogenkartell wird falsch wiedergegeben

Im Netz kursiert ein Video aus einer mexikanischen Fernsehsendung. Darin heiße es angeblich, dass Panzerabwehrwaffen, die vom Westen an die Ukraine geliefert wurden, nun im Besitz eines mexikanischen Drogenkartells seien. Das ist falsch.

von Max Bernhard

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Zwei schwedische AT4 Panzerabwehrgranaten – die Waffe, die laut Experten in der mexikanischen TV-Sendung zu sehen ist (Symbolbild: Johan Nilsson / TT NYHETSBYRÅN / Picture Alliance)
Behauptung
Das mexikanische Fernsehen habe herausgefunden, dass ein mexikanisches Kartell Panzerabwehrgranaten besitze, die der Westen an die Ukraine geliefert habe.
Bewertung
Falsch. Im mexikanischen Fernsehbeitrag wird nicht behauptet, dass die Waffen aus der Ukraine stammen.

Seit Beginn des russischen Angriffskrieges wird immer wieder behauptet, militärische Unterstützung des Westens für die Ukraine werde auf dem Schwarzmarkt verkauft oder befinde sich in den Händen von Kriminellen. Solche Behauptungen stellten sich zuvor als unbelegt oder falsch heraus.

Nun kommt eine weitere Behauptung hinzu: Ein mexikanischer Fernsehsender habe berichtet, dass Waffen, die für die Ukraine bestimmt waren, in Mexiko aufgetaucht seien. „Drogenkartell Mexiko mit Waffen aus der Ukraine!! Spendet mal ruhig weiter!“, heißt es zum Beispiel auf Twitter. In dem Beitrag ist ein viersekündiger Ausschnitt aus der Fernsehsendung zu sehen, in dem ein angebliches Kartellmitglied eine Panzerabwehrwaffe trägt. Teilweise wird behauptet, es handele sich bei der Waffe im Video um eine sogenannte Javelin-Rakete, andere schreiben, es sei eine AT4. Auch die russische Botschaft in Mexiko verbreitete die Behauptung.

Wir haben uns den mexikanischen Fernsehbeitrag des Senders Milenio angesehen. Die Moderatorin sagt darin nicht, dass die Waffe aus der Ukraine stamme.

In Beiträgen in Sozialen Netzwerken wird behauptet, der Sender Milenio habe berichtet, dass sich an die Ukraine gelieferte Waffen nun im Besitz eines mexikanischen Drogenkartells befänden. Das ist falsch. (Quelle: Facebook; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

Inhalt der mexikanischen Sendung wird falsch wiedergegeben 

Auf dem Youtube-Kanal des Senders Milenio finden wir die komplette Nachrichtensendung, die auch den Beitrag über die Waffen enthält. In dem Video, das am 30. Mai 2023 veröffentlicht wurde, geht es ab Minute 6:44 um das aufgetauchte Video mit der Panzerabwehrwaffe. Die Sprecherin sagt dabei auf Spanisch: „Ein mutmaßliches Mitglied des Golf Kartells in Tamaulipas wurde dabei gefilmt, wie es eine der exklusivsten und stärksten Waffen bei sich trug: eine Javelin, die theoretisch nur an das Militär verkauft wird und beispielsweise bei der Invasion der Ukraine eingesetzt wurde.“ Das ist das einzige Mal, dass die Ukraine im Beitrag erwähnt wird. Später korrigierte sich der Sender: es handele sich laut Expertinnen um eine AT4 Panzerabwehrwaffe.

Auch in einem weiteren Segment und einem Artikel über den Fall stellt der Sender nicht die Behauptung auf, die Waffe komme aus der Ukraine.

Waffenschmuggel von der Ukraine nach Lateinamerika laut Experten unwahrscheinlich 

Westliche Länder haben sowohl Javelin als auch AT4 an die Ukraine geliefert. Letztere werden von vielen Militärs weltweit verwendet.

Experten sagten der Associated Press, dass es unwahrscheinlich sei, dass das Kartell die Waffe aus der Ukraine erhalten habe. Wahrscheinlicher sei es, dass sie aus anderen Schwarzmarkt-Kanälen stammten, die näher an Mexiko liegen, beispielsweise aus den USA oder von Streitkräften in Südamerika. Dort besitzen die Armeen mehrerer Länder die Waffe: zum Beispiel Argentinien, Bolivien, Brasilien, oder Chile. Laut einem von AP interviewten Experten besitzt auch das mexikanische Militär solche Waffen.

Berichte, dass Drogenkartelle in der Region im Besitz von Panzerabwehrraketen und anderen schweren Waffen seien, gibt es schon seit Jahren – lange bevor westliche Länder Waffen an die Ukraine lieferten.

Einen Überblick mit allen Faktenchecks von uns zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier.

Redigatur: Viktor Marinov, Steffen Kutzner