Faktencheck

Pro-Kreml-Netzwerk verbreitet gefälschten und propagandistischen Spiegel-Artikel über BRICS-Staaten

Ein Netzwerk aus Fake-Accounts, das vergangenes Jahr aufflog und eigentlich gesperrt sein sollte, ist weiterhin aktiv. Kürzlich verbreitete es einen gefälschten Spiegel-Artikel, in dem pro-russische Propaganda steht.

von Gabriele Scherndl

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Ein pro-russisches Netzwerk teilt auf Facebook Propaganda, darunter diese Fälschung eines Spiegel-Artikels (Quelle: spiegel.ltd; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Im Spiegel sei am 29. August ein Artikel mit dem Titel „BRICS baut Muskeln auf“ erschienen.
Bewertung
Manipuliert. Der Artikel ist Teil einer pro-russischen Propagandaaktion, die mit Fake-Accounts gefälschte Nachrichtenartikel verbreitet.

Eigentlich sollte es gefälschte Artikel wie diese gar nicht mehr auf Facebook geben. Denn schon im Herbst 2022 flog ein breites Netzwerk an Fake-Accounts auf, das pro-russische Propaganda – darunter auch gefälschte Artikel westlicher Medien – im großen Stil auf Facebook teilte. Der Facebook-Konzern Meta sperrte daraufhin zahlreiche Domains, damit diese nicht mehr geteilt werden können.

Im Juni 2023 legten Recherchen von CORRECTIV.Faktencheck jedoch offen: Die Kampagne lief weiter. Und sie ist noch immer aktiv, wie ein gefälschter Spiegel-Artikel über die BRICS-Staaten von Ende August, der auch auf Facebook geteilt wurde, zeigt.

Ein Facebook-Beitrag, in dem es um die BRICS-Staaten geht, er beinhaltet auch einen Link mit der Adresse Bigagenda.com.
Dieser Facebook-Beitrag wurde mittlerweile gelöscht, er war Teil einer groß angelegten pro-russischen Desinfo-Kampagne (Quelle: Facebook; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Hinter angeblichem Spiegel-Artikel zu BRICS-Staaten steckt pro-russische Propaganda 

Der Facebook-Beitrag ist mittlerweile gelöscht, den gefälschten Artikel gibt es immer noch. Darin geht es um ein Treffen der BRICS-Staaten, also Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika – doch der Inhalt ist teils pro-russische Propaganda. 

Darin heißt es etwa: „Und obwohl unsere Presse und unsere Politiker sich hüten, der BRICS- Erweiterung […] skeptisch gegenüberzustehen, kommt man nicht umhin, den Umfang der geleisteten Arbeit und vor allem den wachsenden Einfluss Moskaus anzuerkennen.“ Der Schlusssatz des Textes lautet: „Auch wenn eines der Mitglieder das Baerbock vielgehasste Russland ist.“

Optisch gleicht er einem echten Spiegel-Artikel: Layout und Schriftart sind identisch, selbst Links auf der Seite führen zur echten Spiegel-Webseite. Doch ein Blick auf die URL des Artikels zeigt: Sie beginnt mit www.spiegel.ltd, nicht, wie die echte Spiegel-Seite, mit www.spiegel.de. Außerdem liefern Suchen nach dem Titel „BRICS baut Muskeln auf“ weder auf der Spiegel-Seite noch über Google Ergebnisse für einen tatsächlichen Spiegel-Artikel. 

Spuren des Netzwerkes aus Fake-Accounts führen nach Russland

Spiegel.ltd ist eine von zahlreichen Domains, die Facebook bis Dezember 2022 sperren ließ, wie in einem Report (PDF) von damals nachzulesen ist. Denn sie waren Bestandteil eines Netzwerks aus mehr als 1.600 Fake-Accounts, die pro-russische Desinfo und Propaganda verbreiteten. Dafür wurde teils auch Geld ausgegeben: Insgesamt zahlten die Menschen hinter dem Netzwerk (Stand: Herbst 2022) mehr als 100.000 US-Dollar, damit die Desinfo als Werbeanzeige besonders viele Menschen oder bestimmte Zielgruppen erreicht.

Warum also konnte der gefälschte Spiegel-Artikel im August erneut auf Facebook geteilt werden? Der Grund dafür ist simpel: Zwar ist spiegel.ltd mittlerweile gesperrt, in dem Facebook-Beitrag wird aber ein alternativer Link „bigagenda.com“ verwendet – erst beim Klick darauf wird man auf die gefälschte Spiegel-Seite umgeleitet. Das Prinzip ist also ähnlich wie bei Kurz-URL-Diensten, die eine Kurzversion zur Verlinkung von Webseiten anbieten.

Die nachfolgende Videoaufnahme verdeutlicht die Vorgehensweise: Über den Link bigagenda.com im Facebook-Beitrag landet man auf spiegel.ltd und damit auf dem gefälschten Artikel:

 

Desinfo-Kampagne auch auf X, ehemals Twitter, angekommen

Hinter der Kampagne stecken laut Facebook zwei russische Firmen: eine IT-Firma namens Structura National Technologies und die Social Design Agency (Агентство Социального Проектирования), ein Unternehmen für Marketing und Politikberatung. Recherchen von CORRECTIV.Faktencheck fanden außerdem Hinweise darauf, dass die Kampagne Verbindungen zu pro-russischen Hackergruppen haben könnte.

Mittlerweile hat die EU Verantwortliche hinter der Fake-Kampagne sanktioniert, doch die Fälschungen kursieren weiterhin und weiten sich auf andere Soziale Netzwerke aus. So landete etwa ein anderer gefälschter Spiegel-Artikel im August auf X, ehemals Twitter. Auch ein Artikel der Welt wurde gefälscht und verbreitete sich auf X. 

Wie Sie herausfinden können, ob eine Webseite seriös ist, steht hier ausführlich beschrieben. 

Einen Überblick mit allen Faktenchecks von uns zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier.

Redigatur: Paulina Thom, Kimberly Nicolaus