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Von Liebe und Politik

Nicht immer steckt ein politisches Thema hinter den Google-Suchen nach deutschen Politikern. Häufig geht es um das Privatleben der Polit-Promis. Immer wieder sorgen jedoch Mini-Skandale für einen Anstieg im Such-Ranking.

von Lennart Kutzner

Der öffentliche Diskurs, den Medien in dieser Woche vor der Wahl abbilden, wird oftmals von Auftritten der Spitzenkandidaten bestimmt. Politiker bringen Themen zur Sprache, diskutieren mit Experten und Journalisten, Reden auf Marktplätzen – Wahlkampf eben. Daneben gibt es einen Indikator für das, was viele Leute gerade an Politik interessiert: die Google-Suche. Wir stellen vor, welche Begriffe die Leute in dieser Woche im Zusammenhang mit den Spitzenkandidaten gesucht haben und welche Geschichten sich hinter den meist gesuchten Begriffen verbergen. Die Reihenfolge der Kandidaten entspricht der Häufigkeit, mit der deren Namen gesucht wurde.

Generell wird oft nach privaten Informationen zu den Spitzenkandidaten gesucht. Suchbegriffe wie „Frau“, „Ehemann“, „Alter“ und Fragen nach den Kindern kommen bei jedem der Kandidaten vor. Exemplarisch haben wir die vergangene Kalenderwoche 37 ausgewählt, weil sich deren Daten nicht mehr verändern. Die jeweils aktuelle Ansicht der Suchbegriffe bietet Google in seinem Angebot zur Bundestagswahl an.

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Angela Merkel (CDU), Suchwort: „Klartext“

Der Top-Begriff „Klartext“ bezieht sich auf die ZDF-Sendung „Klartext, Frau Merkel!“ vom Donnerstag, 14. September. Darin hatte sich Angela Merkel (CDU) Zuschauerfragen gestellt. Unter anderem wurde die Bundeskanzlerin von einer Krankenhaus-Reinigungskraft scharf angegangen, als es um das Thema Altersarmut ging. Entsprechend taucht auch der Begriff „Putzfrau“ in der Suchstatistik auf.

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Alice Weidel (AfD), Suchwort: „frau/partnerin/lesbisch“, „email“

Bei AfD-Spitzenfrau Alice Weidel dreht sich, zumindest in den Suchanfragen der vergangenen Woche, fast alles um ihr Privatleben. Hauptthema ist ihre lesbische Beziehung zu ihrer Partnerin Sarah Bossard. Auslöser für das große Suchinteresse war zum Einen eine E-Mail, die Weidel im Jahr 2013 geschrieben haben soll. Darin hat sie sich offenbar abfällig über Sinti und Roma sowie Araber geäußert. Zum Anderen soll die AfD-Kandidatin in der Schweiz eine Asylbewerberin schwarz beschäftigt haben. In dem Zusammenhang berichteten zahlreiche Medien über ihre Beziehung zu Bossard, die aus Sri Lanka stammt und mit der sie zwei Kinder aufzieht.

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Martin Schulz (SPD), Suchwort: „TV-Duell“

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz machte in der vergangenen Woche vor allem Schlagzeilen mit einer Forderung nach einem zweiten TV-Duell gegen Angela Merkel. Ähnlich wie seine Gegnerin gibt er an, zahlreiche Themen im ersten Duell vermisst zu haben.

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Christian Lindner (FDP), Suchwort: „Frau/dagmar rosenfeld-linder“

Wegen der E-Mail-Affäre von Alice Weidel geriet Christian Lindner (FDP) ins Visier der Rechtspopulisten. Dessen Frau Dagmar Rosenfeld-Lindner ist stellvertretende Chefredakteurin der „Welt“, jene Zeitung, welche als erste über die rassistische E-Mail berichtet hatte. Der Vorwurf der rechten Szene: Sie sei befangen und habe ihre Position missbraucht, um Stimmung gegen die AfD zu machen.

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Sahra Wagenknecht (Die Linke), Suchwort: „lafontaine“

Obwohl Sahra Wagenknecht längst das Gesicht der Linken im Wahlkampf ist und eine bekannte Rednerin ist, bleibt sie oftmals „die Ehefrau von Oskar Lafontaine“. Der langjährige Ministerpräsident des Saarlandes wurde nach einer Amtszeit als Bundesfinanzminister, damals noch als SPD-Mitglied, einer der schärfsten Kritiker der Regierung von Gerhard Schröder (SPD). Entsprechend prominent ist auch heute noch der Mann an der Seite der Linken-Spitzenkandidatin.

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Alexander Gauland (AfD), Suchwort: „Wehrmacht“

Mit seiner Aussage, man müsse stolz auf die Leistungen der deutschen Soldaten in den beiden Weltkriegen sein können und einen Schlussstrich unter die Nazivergangenheit ziehen, sorgte AfD-Kandidat Alexander Gauland für Entrüstung. Der stellvertretende AfD-Vorsitzende war in der Vergangenheit immer wieder mit rassistischen Äußerungen in die Schlagzeilen gelangt. Darunter auch Bemerkungen über Fußball-Nationalspieler Jerome Boateng.

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Cem Özdemir (Die Grünen), Suchwort: „ehefrau/schäuble“

Ganz oben steht die „Ehefrau“ bei Cem Özdemir (Die Grünen), dabei ist unter diesem Stichwort in der vergangenen Woche nahezu nichts zu finden. Özdemir, der mit der Journalistin Pia Maria Castro verheiratet ist, hält sein Privatleben weitestgehend aus dem Wahlkampf heraus. Stattdessen gibt es zahlreiche Ergebnisse für seinen Schlagabtausch mit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in der “ARD“-Sendung „Anne Will“. In dem Talk ging es bei der Frage „Wie viel Grün steckt in Schwarz?“ unter anderem um Schadstoffgrenzen, Klimaschutz und Immigration.

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Katrin Göring-Eckardt (Die Grünen), Suchwort: „göring“

Für Katrin Göring-Eckardt (Die Grünen) war es eine leise Woche in der Suchmaschine. Keine Skandale, keine Enthüllungen. Dennoch steht sie bei den Top-Artikeln in der Schusslinie. Der Grüne-Wahlkampf habe keine zündenden Ideen. Ihr drohe als Vorsitzende der Grünen im Bundestag mit ihrer Fraktion nach der Wahl gar der Rauswurf.

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Dietmar Bartsch (Die Linke), Suchwort: „politiker/die linke“

Den Suchergebnissen nach ist Dietmar Bartsch als Spitzenkandidat der Linken nur zweite Wahl. Dabei ist er im Dezember mit seiner Fraktionskollegin Sahra Wagenknecht als gleichberechtigter Kandidat ins Rennen gegangen. In der vergangenen Woche war es vor allem sein Auftritt in der ARD-Sendung „Hart aber fair“, der ihm einige Suchanfragen bescherte. Dort stritt er mit Jens Spahn (CDU), Christian Lindner (FDP) und Manuela Schwesig (SPD) über Wahlkampfthemen wie Rente und Wohnen.

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Joachim Herrmann (CSU), Suchwort: „innenminister“

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ist im Bundestagswahlkampf eher ein Außenseiter. Schließlich ist Angela Merkel als Kandidatin der Schwesterpartei CDU im Falle eines Wahlsieges als Kanzlerin gesetzt. Dennoch gelingt es dem CSU-Mann mit sicherheitspolitischen Fragen in die Schlagzeilen zu kommen. In der vergangenen Woche waren das vor allem Vergewaltigungsdelikte, deren Zahl im ersten Halbjahr in Bayern angestiegen sein soll.