
Liebe Leserinnen und Leser,
ein großes Thema in den laufenden Koalitionsverhandlungen ist die Klimakrise. Die Position der Union dabei: Kernenergie soll unsere Energieversorgung zu großen Teilen lösen. Ob das klappen kann und was dabei ausgeblendet wird, ist heute unser Thema des Tages.
Außerdem im SPOTLIGHT: Im „Tag auf einen Blick“ steht eine weitere News, die wir heute veröffentlicht haben: In den Erstaufnahmeeinrichtungen der Bundesländern werden neu ankommende Geflüchtete so gut wie nie auf psychische Krankheiten untersucht.
Und in einer neuen Folge „Gemeinsam aufgedeckt“ geht es um Beraterfirmen, die nun versuchen dürften, sich ein Stück vom Kuchen des Infrastruktur-Sondervermögens zu sichern.
Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende – und schreiben Sie mir gern Ihre Gedanken und Recherchevorschläge: anette.dowideit@correctiv.org. Morgen schreibt mein Kollege Justus von Daniels über den Fall Marine Le Pen und was dahintersteht.
Thema des Tages: Teurer Traum: Atomkraft
Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste
Faktencheck: Covid-19: Nein, es gibt ab April 2025 keine Impfpflicht für Kinder
Grafik des Tages: ÖPNV-Ausbau: Leipzig an der Spitze, Berlin auf dem letzten Platz
Die Atomkraft dürfte unter der neuen Regierung wieder Aufwind bekommen: Die Union hatte in ihrem Wahlprogramm angekündigt, den Rückbau bereits abgeschalteter Atomkraftwerke zu stoppen. Auch in den Koalitionsverhandlungen vertritt sie diese Position.
Wir haben heute eine neue Recherche zu diesem Thema veröffentlicht.

Was die Recherche zeigt:
Unser Klimateam hat sich angeschaut: Wie realistisch ist es, mit Atomkraft eine kostengünstige Energiequelle zu schaffen, die sogar die Erneuerbaren Energien überholen könnte?
Das Ergebnis: nicht sehr realistisch. Denn die Kosten sind deutlich höher als von Lobbygruppen dargestellt – und es gibt häufig Ausfälle. Das zeigt ein Blick nach Frankreich, das mit 57 Atomkraftwerken sehr stark von Kernenergie abhängt: Der französische Bundesrechnungshof spricht von „systematischen Mehrkosten und Verspätungen“.
Wer sind die Lobbyisten für Atomkraft in Deutschland?
Auch darum geht es in unserem Text. Besonders aktiv ist der Verein Nuklearia, der Aktionen wie die „Kernkraft-Anschalt-Kampagne“ startete und sich „menschen- und naturfreundlicher Verein“ nennt. Und Kern D – hinter dem die Atomwirtschaft steht.
In unserem Text zeichnen wir auch nach, welche Unionspolitiker sich besonders für Kernkraft einsetzen.
„Wissenschaftliches Asyl” für US-Forscher
Aus Angst vor Repressionen verlassen immer mehr Forschende die USA. US-Präsident Trump erschwert den Wissenschaftlern zunehmend die Arbeit – unter anderem mit Geldkürzungen. Dies ruft Institutionen in der EU auf den Plan. Ein französischer Universitäts-Präsident mobilisierte beispielsweise 15 Millionen Euro für wissenschaftliches Asyl, das den Forschern helfen soll, ihre Forschungen in Frankreich fortzuführen.
tagesschau.de
Südkoreanische Präsident Yoon endgültig abgesetzt
Das Südafrikanische Verfassungsgericht hat die Amtsenthebung des südkoreanischen Präsidenten Yoon bestätigt. Grund dafür ist die kurzzeitige Verhängung des Kriegsrechts im letzten Jahr, dies löste in Südkorea eine Staatskrise aus.
faz.de
Lokal: Früherer Pfarrer H. wegen Missbrauchsvorwürfen vor Gericht, doch der Täter kam als Zeuge
Peter H. zählt zu den bekanntesten Missbrauchstätern im Priestergewand. Unter dem Schutz der Bischöfe missbrauchte er Dutzende Jungen. Er blieb lange im Verborgenen, nun sagte er als Zeuge in einem Schmerzensgeld-Prozess vor dem Landgericht Essen aus.
correctiv.org
Zum Fall des ehemaligen Priester Peter H. recherchiert CORRECTIV seit 2019 in Nordrhein-Westfalen, Bayern und Rom. Wir konnten zeigen, wie H. unter dem Schutz der Bischöfe Jungen missbrauchte, und fanden ein Dokument, das zeigte, dass der verstorbene Papst Benedikt XVI. 1986 über die Sexualstraftaten des Priesters an Jungen informiert war. Zur Themenseite.
correctiv.org
Informationslücke in der Asylpolitik
Geflüchtete sollen bei ihrer Ankunft in Deutschland auf psychische Krankheiten hin untersucht werden – laut einer Richtlinie der EU. Ziel ist unter anderem, Gefahren für die Allgemeinheit auszuschließen. Tatsächlich findet das in Deutschland aber so gut wie nie statt, wie eine neue Recherche von CORRECTIV zeigt.
correctiv.org

Faktencheck

Angeblich gibt es seit April 2025 eine neue Impfpflicht: Eltern, die ihre Kinder nicht gegen Covid-19 impfen lassen, müssten bis zu 500 Euro Strafe zahlen, heißt es in einem viralen Facebook-Beitrag. Das ist jedoch frei erfunden.
correctiv.org
Endlich verständlich
16 Bundesländer, ein Problem! Deutschland steckt seit Jahren im Lehrkräftemangel – und die Lage wird laut Prognosen noch schlechter. Doch wie dramatisch ist die Situation wirklich? Unsere Jugendredaktion Salon5 hat sich das genauer angeschaut.
Salon5 (Instagram)
So geht’s auch
Die weltweite Fleischproduktion hat einen erheblichen Anteil an Treibhausemissionen. Der Verzicht fällt vielen Menschen allerdings schwer. Können CO2-Labels helfen, Verbraucherinnen und Verbraucher zu umweltfreundlicherem Konsum zu bewegen? Ja, sagt eine Studie aus Rotterdam.
forschung-und-wissen.de
Fundstück
Nach der Ankündigung neuer Zölle sorgen sich viele Menschen und Fachleute um die möglichen Auswirkungen. Eskaliert der Zollstreit? Werden Produkte noch teurer? Droht ein Handelskrieg? Die Netzwelt quittiert Trumps Politik hingegen mit einer Menge Spott. Ganz vorn dabei: Pinguine. Denn auf der US-Zoll-Liste stehen explizit die Heard und McDonaldinseln – Heimat abertausender Königspinguine, Menschen leben dort nicht. Müssen die Tiere nun Zölle zahlen?
nzherald.co.nz / x.com
Am 21. Mai tritt eine neue EU-Richtlinie in Kraft, die auch Sie betreffen könnte. Genauer: Ihre Altersvorsorge, Ihr Aktiendepot oder Ihren monatlichen Fondssparplan.
Denn ab dem 21. Mai 2025 müssen Fonds, die Nachhaltigkeitsbegriffe wie ESG, green, sustainable oder transition im Titel tragen, strengere Nachhaltigkeitsanforderungen und Mindeststandards einhalten – machen sie das nicht, müssen diese Begriffe aus dem Titel gestrichen werden. Oder das Portfolio muss angepasst werden. Festgelegt wurde die neue Guideline durch die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA).
Dazu möchte ich in den kommenden Wochen recherchieren: Was bedeutet eine Namensänderung für die Anleger? Welche Fonds werden jetzt umbenannt und wie nachhaltig sind diese Fonds tatsächlich? Was steckt in den Portfolios einzelner Kapitalverwaltungsgesellschaften?
Dafür werde ich in den nächsten Tagen große deutsche Kapitalverwaltungsgesellschaften anschreiben und fragen, welche Fonds jetzt umbenannt werden. Im nächsten Schritt möchte ich mir die Investitionen einzelner Fonds genauer anschauen.
Dafür brauche ich auch Ihre Hilfe. Bitte nehmen Sie an unserem CrowdNewsroom teil und beantworten und folgende Fragen:
- Welche Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet Ihre Fonds?
- Was verstehen Sie unter nachhaltiger Geldanlage?
- In welche Branchen oder Unternehmen sollten nachhaltige Fonds nicht investieren?
- In welche nachhaltigen Fonds haben Sie investiert?


Um seine Klimaziele im Verkehrssektor zu erreichen, muss Deutschland den ÖPNV ausbauen. Wie die Großstädte dabei vorankommen, hat sich die Organisation Greenpeace näher angeschaut. Resultat: Bei vielen Städten sieht es mau aus. Gemessen an der Zahl zusätzlicher Abfahrten zwischen 2023 und 2025 hat Leipzig am meisten zugelegt, gefolgt von Nürnberg, Aachen, Münster und Dresden. In einigen Städten, insbesondere Berlin, ist das Angebot hingegen zurückgegangen.
greenpeace.de / mdr.de
Erinnern Sie sich an das „Maskendebakel“ des Gesundheitsministeriums nach der Corona-Pandemie? Das Ministerium hatte damals in einer Panik-Aktion eine Ausschreibung gestartet: Wer auch immer uns Schutzmasken liefern kann, wird dafür fürstlich bezahlt. Das Haus von damals Jens Spahn (CDU) wurde mit Angeboten komplett überschüttet, hatte nun Berge von Masken, kein Geld, sie zu bezahlen – und holte sich dann die Beratungsfirma EY (früher Ernst & Young) ins Haus, um das Problem zu lösen. Für Millionen von Euro.
Aufgrund dieser Geschichte habe ich mir bereits damals die Branche der Beratungsfirmen für die öffentliche Hand genauer – und wer überprüft, ob sie überhaupt etwas bringen.
Die großen Spieler sind die Firmen, die man auch aus der klassischen Unternehmensberatung kennt: EY, BCG, KPMG und so weiter. Was hat das mit dem Infrastruktur-Paket zu tun? Nun, all diese Firmen dürften sich jetzt in Stellung bringen, um der Bundesregierung ihre Dienste bei der Aufteilung des 500 Milliarden Euro schweren Sondervermögens für Infrastruktur anzubieten.
Einen ersten konkreten Hinweis gab es gestern in einem FAZ–Interview mit der Deutschlandchef der Firma BCG. Er sagte: „Wir sehen sehr große Wachstumschancen im Sondervermögen.“
Also haben wir jetzt BCG und ein paar Konkurrenten gebeten, mit uns von CORRECTIV zu sprechen und uns einen Einblick zu geben: Was bereiten Sie gerade vor? Reden Sie schon mit den zuständigen Vertretern in den Bundesministerien? Wir halten Sie auf dem Laufenden. Melden Sie sich gern, wenn Sie Hinweise hierzu haben!
An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Sebastian Haupt und Jule Scharun.
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