Teaser Bild des CORRECTIV Spotlight Newsletters

Diese für Audio optimierte Kompaktfassung des täglichen Spotlight-Newsletters ist von einer KI-Stimme eingelesen und von Redakteuren erstellt und geprüft.

Autor Bild Anette Dowideit

Liebe Leserinnen und Leser,

seit wenigen Tagen gibt es einen neuen „Friedensplan“ für die Ukraine – Trump hat geregelt, wie man neudeutsch sagt. Sein Sondergesandter Steve Witkoff hat mit Russland einen 28-Punkte-Plan ausgehandelt. Hier können Sie die 28 Punkte nachlesen.

Der Plan ist fatal – nicht nur für die Ukraine, der Gebietsverluste drohen. Sondern auch für uns in Europa. Warum, hat mein Kollege Marcus Bensmann zusammengetragen. Darum geht es im heutigen Thema des Tages.

Dazu passt auch ein neues Video, das wir gerade veröffentlich haben. Darin spricht CORRECTIV-Publisher David Schraven mit Katja Gloger – ehemals Moskau- und USA-Korrespondentin des Stern – und Ex-Spiegel-Chefredakteur Georg Mascolo über das Versagen der deutschen Russlandpolitik.

Außerdem im SPOTLIGHT:

  • Bis spät in die vergangene Nacht wurde gerungen, jetzt hat sich die Bundesregierung auf neue Pläne für unsere Rente geeinigt.
  • Die neue Jugendorganisation der AfD will an diesem Wochenende einen neuen Vorsitzenden wählen – doch der ist eng mit der rechtsextremen Szene vernetzt. Das zeigt unsere heute veröffentlichte Recherche.
  • In der „Leserfrage der Woche“ geht es darum, wie viele Taliban mit Diplomatenstatus in Deutschland arbeiten – und was es mit dem Streit um Taliban-Flaggen auf Gebäuden auf sich hat.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende! Sie haben Hinweise auf Korruption, Machtmissbrauch oder anderes, das wir durch Recherchen offenlegen sollten? Dann schreiben Sie mir: anette.dowideit@correctiv.org.

Thema des Tages: Trump regelt, Europa wird zur Beute

Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste

Neuste CORRECTIV Recherchen: Der rechtsextreme Schwiegersohn

Leserfrage der Woche: Arbeiten nun Mitglieder der Taliban mit Diplomatenstatus in Berlin und Bonn?

CORRECTIV Events: Das CORRECTIV.Faktenforum feiert Geburtstag

Faktencheck: Zitat zum Teil erfunden: Was Ulrich Siegmund zum Holocaust sagte und was nicht

Gute Sache(n): Alles Wichtige zum Weihnachtsgeld • Ein Preis für Jugendbücher – von Jugendlichen selbst • Wehrpflicht: Nachgefragt bei Jugendlichen in Neukölln

CORRECTIV ganz persönlich: Meine Begegnung mit einer mexikanisch-russischen Propagandaschleuder

Grafik des Tages: Deutschland vs. Chinas – wer bei E-Autos besser abschneidet

Trump, Putin – und Ukraines Präsident Selenskyi in der Zange. Quelle: picture alliance / SvenSimon

Und dort kann der Kreml Einfluss ausüben, weil ganz Europa erneut an Putins Energie-Tropf hängt.

Der 28-Punkte-Plan enthält die Schlüssel dazu:
Punkt 13 besagt: „Russland wird wieder in die Weltwirtschaft integriert“ – die derzeitig geltenden Sanktionen sollen demnach schrittweise wieder aufgehoben werden. Russland soll zudem der G8 wieder beitreten – und die USA und Russland planen ein langfristiges Abkommen über wirtschaftliche Zusammenarbeit im Energiebereich.

Die Gasinfrastruktur in der Ukraine, einschließlich Pipelines und Speicher, soll wieder aufgebaut werden. Das Kalkül dahinter: Russisches Gas soll wieder durch die Ukraine nach Europa fließen.

Wir von CORRECTIV beschrieben schon in diesem Frühjahr Pläne, laut denen die USA künftig die Pipelines betreiben wollen – über die Russland erneut Gas und Öl nach Europa liefern könnte. 

Eine zynische Stimme aus gut informierten Kreisen sagte uns damals: „Da klatschen sich zwei in die Hände, die Russen und Amerikaner. Der eine verkauft Rohstoffe, der andere transportiert. Beide verdienen, und die Europäer zahlen die Zeche.“

Was das konkret für uns bedeutet:
Diese Politik führt zu einer erneuten Energieabhängigkeit Europas, und mit Gas und Öl strömen russische Oligarchen mit ihren milliardenschweren Stiftungen in die europäischen Hauptstädte. CORRECTIV zeigte schon vor Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine, wie tief sich die Gazprom-Lobby in Deutschland eingenistet hatte.

Sollten die Ukraine und die EU sich nun dem „Friedensplan“-Diktat beugen, kehren die russischen Oligarchen mit ihren milliardenschweren Stiftungen als Sieger zurück und dürften sich in Brüssel, London, Paris oder Berlin entsprechend benehmen. Diese schleichende Unterwanderung könnte für Europa eine noch deutlich größere Gefahr bedeuten als Putins Panzer.

Welche Rolle die USA dabei spielen:
Mittlerweile fehlt uns in Europa das Sicherheitsnetz der USA, auf das wir seit dem Zweiten Weltkrieg vertrauen konnten. Trump hat dieses Netz zerschnitten. 

Das hat Folgen. Für Trump und Putin ist Europa nunmehr ein alternder Kontinent mit wohlhabenden Käufern, bereit zur Plünderung. 

Welche Rolle Helfer in Deutschland spielen:
Mit AfD,  BSW und Russlandfreunden in der CDU (wie dem sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer) oder auch Gazprom-Genossen aus der SPD stehen genügend Helfer bereit, Putin und seinen Oligarchen die Tür für Rohstoffabhängigkeit und damit politische Dominanz zu öffnen. 

Die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel forderte zum Beispiel gerade diese Woche erst im Bundestag offen die Rückkehr zu russischem Gas und Öl.

Dass dies ein Irrweg ist, hat aber sogar Mathias Döpfner erkannt, Chef des zuletzt sehr AfD-freundlichen Axel Springer-Verlags. Er warnt aktuell in einem Leitartikel vor dem Ende der offenen Gesellschaft in Europa – sollten wir zu schwach sein, uns dem Trump/Putin-Deal zu widersetzen.

Was das konkret bedeutet:
Sollte Russland die bestimmende Macht in Eurasien werden, kann schlimmstenfalls auch Russlands Verständnis von Rechtsstaatlichkeit bei uns einsickern. 

Denn in Russland entscheidet nicht der unabhängige Richter, sondern wer den besseren Draht zur Macht hat. Ein Telefonanruf regelt, wie der Richter zu entscheiden hat. Das gilt bei Konflikten um Firmen, Eigentum oder Immobilien, aber auch bei Verkehrsunfällen. Die Rechtswillkür kann jeden treffen.

Dafür gibt es in Russland ein Wort, telefonnoe pravo, Telefonrecht. CORRECTIV hat schon 2015 beschrieben, was diese Willkürjustiz mit der russischen Gesellschaft macht. Diese Realität könnte auch in Europa Einzug halten, nicht von heute auf morgen, sondern schleichend, aber unerbittlich.

Europas Rechtsstaatlichkeit kann nur dann vollständig erhalten bleiben, wenn die Europäische Union auch nach dem Kriegsende die Sanktionen gegen Russland beibehält, die Oligarchen draußen lässt, und die Unabhängigkeit von russischem Gas und Öl wirtschaftlich absichert. 

Selenskyjs Bürochef tritt wegen Korruptionsermittlungen zurück
Nach einer Durchsuchungen der ukrainischen Antikorruptionsbehörden ist der Leiter des Präsidialbüros, Andrij Jermak, zurückgetreten. Das teilte Präsident Selenskyj mit.
Hintergrund sind Schmiergeldzahlungen in Millionenhöhe. Bereits zwei andere Minister waren wegen Korruptionsvorwürfen von Ihrem Amt zurückgetreten.
tagesschau.de / tagesschau.de

Collage: Ivo Mayr/CORRECTIV. Fotos: picture alliance (Porträts von Sellner & Hohm), Jüdisches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus (Hintergrund), unsplash.com.
Collage: Ivo Mayr/CORRECTIV. Fotos: picture alliance (Porträts von Sellner & Hohm), Jüdisches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus (Hintergrund), unsplash.com
Symbolbild Leserfrage der Woche

Vor inzwischen vier Jahren haben die Taliban die Herrschaft in Afghanistan übernommen. Seitdem werden vor allem Frauen und Mädchen unterdrückt, Menschenrechte werden kontinuierlich verletzt. Gegen den Anführer der Taliban und den Obersten Richter liegen seit Juli dieses Jahres Haftbefehle des Internationalen Gerichtshofes vor. Der Grund: Verbrechen gegen die Menschlichkeit wegen der Entrechtung von Frauen und Mädchen.

In Deutschland ist die De-facto-Regierung der Taliban von der Bundesregierung nicht als legitime Regierung Afghanistans anerkannt, erklärt uns das Auswärtige Amt. Mit Sicht auf das Gesandtschaftsrecht, also auf das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen, sei aber die Afghanische Auslandsvertretung in Deutschland nie geschlossen worden. „Die Bundesregierung hat ein Interesse daran, dass die afghanischen Vertretungen in Deutschland weiterhin arbeitsfähig sind und dass afghanische Staatsangehörige in Deutschland konsularisch versorgt werden“, so das Auswärtige Amt. 

Aus diesen Gründen hat die Bundesregierung „zugestimmt, zwei von Kabul entsandte neue Mitarbeiter für den Konsularbereich zu akkreditieren.“ Eine der beiden Personen soll in der Botschaft in Berlin als 1. Sekretär arbeiten und die zweite Person als „Konsul“ am afghanischen Generalkonsulat in Bonn, diese Stelle ist zurzeit nicht besetzt. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes gelten für beide Auslandsvertretungen unterschiedliche Gesandtschaftsrechte: „Das Gesandtschaftsrecht unterscheidet zwischen diplomatischen Missionen, wie z. B. Botschaften, und berufskonsularischen Vertretungen, wie z. B. Generalkonsulaten.“ 

Diplomatenstatus hat also nur die Person, die in Berlin einer diplomatischen Mission agiert. Zudem arbeitet das Generalkonsulat Bonn unter Aufsicht der afghanischen Botschaft in Berlin.

Auf die Frage, ob die Afghanische Botschaft in Berlin die Taliban-Flagge bereits gehisst hat, entgegnet das Auswärtige Amt: „Nein. Uns sind keine derartigen Pläne bekannt.“

Theaterstück „Krieg und Frieden“, Köln
Am 3. Dezember wird zum zweiten Mal am Schauspiel Köln das Theaterstück „Krieg und Frieden” aufgeführt. Es geht um die Geschichte von Wladimir Putin, Europas Abhängigkeit vom russischen Gas – und die Wehrpflicht.
Tickets

Foto: ABBFoto / Picture Alliance

So geht’s auch
Am heutigen Abend verleiht unsere Jugendredaktion Salon5 zum sechsten Mal den Jugendbuchpreis im Kammerkonzertsaal in Bottrop. Das Besondere: Die Jugendlichen gestalten den Preis komplett selbst. Sie entscheiden, welche Bücher sie nominieren wollen und teilen auf, wer welches Buch liest. Über die letzten Monate hinweg haben sie in regelmäßigen Jurysitzungen über die gelesenen Bücher gesprochen. Bei der Preisverleihung freuen sie sich nun besonders darauf, mit ihren Lieblingsautoren und -autorinnen ins Gespräch zu kommen. Weitere Eindrücke der Jurymitglieder finden Sie in diesem Reel. Und was sonst noch hinter den Kulissen passiert, hat Salon5 in diesem Video zusammengefasst.
Eindrücke der Jurymitglieder / Blick hinter die Kulissen


Der Club glich einem Mahnmal einer vergangenen Zombieapokalypse. Leere Zimmer, in denen teils Stühle und Müll gestapelt waren, am Ende eines langen Flurs ein kleines Büro mit flackerndem Neonlicht, in dem eine Sekretärin saß. Der Direktor Maurice Salloum George kann mich in 15 Minuten empfangen, hieß es. Hinter der Tür zum Direktorenbüro sah die Welt dann anders aus: Große Bilder, feine Holztische, leckerer Tee und Gebäck. Wir unterhielten uns über die Lage in Mexiko, gar nicht so schlimm angeblich.

Was George nicht sagte: in den letzten drei Monaten waren mindestens vier Journalisten in Mexiko ermordet worden. Das Land gilt als das gefährlichste für Journalisten außerhalb von Kriegsgebieten.

Foto: Jean Peters / CORRECTIV

An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Maximilian Billhardt, Till Eckert, Sebastian Haupt, Ulrich Kraetzer und Jule Scharun.