AfD-Spendenskandal

AfD-Spendenskandal: Durchsuchung bei AfD-Parteizentrale und an weiteren Orten

Die Staatsanwaltschaft erhofft sich von den Durchsuchungen Erkenntnisse zu Verbindungen der AfD und millionenschweren Wahlkampfhilfen. Es geht um mögliche illegale Parteispenden. Anlass war auch eine gemeinsame Recherche von CORRECTIV, Spiegel und Frontal.

von Marcus Bensmann , Justus von Daniels

Wahlplakat der AfD in Köln
Anonym finanziert: Wahlplakate wie dieses stammen nicht von der AfD, könnten der Partei aber teuer zu stehen kommen. Es geht um den Verdacht illegaler Parteispenden. Foto: Christoph Hardt/Geisler-Fotopress/picture alliance

Am Mittwochmorgen hat die Staatsanwaltschaft Berlin die AfD-Bundesgeschäftsstelle in Berlin durchsucht sowie in mehreren Orten in Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen Durchsuchungen angeordnet. Es geht um den AfD-Spendenskandal. Ein Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft bestätigte, dass auch die Recherchen von CORRECTIV, Spiegel und ZDF-Frontal eine Rolle bei den Ermittlungen gespielt hätten. 

Die Razzien hängen nach Angaben der Staatsanwaltschaft mit Ermittlungen gegen  Ex-AfD-Parteichef Jörg Meuthen und den ehemaligen Schatzmeister der Partei Klaus Fohrmann zusammen. Beiden werden Untreue und Verstöße gegen das Parteiengesetz vorgeworfen. Konkret geht es um Geldflüsse bei einer anonym finanzierten Plakatkampagne zugunsten der AfD. Die Ermittler suchen offenbar nach Belegen für Abstimmungen zwischen der Partei und ihren Unterstützern. Die AfD hatte stets abgestritten, etwas mit der dubiosen Plakatkampagne zu tun gehabt zu haben.

Nicht nur in der Bundesgeschäftsstelle der AfD in Berlin, auch in den Büros der Plakatwerbefirma Ströer rückte die Staatsanwaltschaft an. Dies bestätigte ein Sprecher des Kölner Unternehmens gegenüber CORRECTIV: „Ströer kooperiert mit den zuständigen Behörden hinsichtlich der Ermittlungen gegen der früheren Parteivorsitzenden und früheren Schatzmeister der AfD“, teilte der Sprecher mit. Ströer sei in diesem Verfahren lediglich Zeuge. 

Millionenschwere Plakatkampagnen im Fokus

CORRECTIV, ZDF-Frontal und Spiegel hatten im September 2021 anhand von internen Unterlagen aufzeigen können, dass die Dimension der anonym finanzierten Werbekampagnen für die AfD noch weitaus größer war als bis dahin bekannt. Zudem deckten die Recherchen zum AfD-Spendenskandal mehrere Hinweise auf Verbindungen zwischen den Plakaten der anonymen Gönner und der offiziellen Wahlwerbekampagnen der Partei auf. Die AfD bestreitet dies.

Die millionenschwere Wahlkampagne für die AfD in den Jahren hatte in den Jahren 2016 bis 2018 für Rätselraten gesorgt – die AfD dementiert bis heute Verbindungen zu den anonymen Gönnern. Buchungsunterlagen des Plakatwerbers Ströer, die CORRECTIV, ZDF-Frontal und Spiegel einsehen konnten, vermitteln jedoch einen anderen Eindruck: Dort wird die AfD auch der anonym finanzierten Kampagne als „Direktkunde“ geführt. 

Die Unterlagen weisen außerdem nach, dass nicht – wie bis dahin behauptet – der mittlerweile aufgelöste „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und bürgerlichen Freiheiten“ die Plakate gebucht hatte, sondern die Schweizer Goal AG. Dessen Chef Alexander Segert ist ein langjähriger Bekannter des früheren Parteichefs Jörg Meuthen.

Auch der ehemalige Vorsitzende des Unterstützervereins David Bendels bestätigt gegenüber CORRECTIV eine Durchsuchung in seinen Privat- und Geschäftsräumen. „Ich halte die Maßnahmen für ungerechtfertigt und unverhältnismäßig“, sagt Bendels, der nun für den im Sommer aufgelösten Verein als Liquidator aufgeführt ist.

Ermittlungen im AfD-Spendenskandal breit angelegt

Sollte sich der Verdacht erhärten, dass die AfD bei der Wahlkampfunterstützung aus der Schweiz doch eingebunden war, könnten die millionenschweren Kampagnen als illegale Parteispenden gewertet werden. Dann drohten der AfD hohe Strafzahlungen. Die AfD bestreitet bislang jedes Wissen von den Plakatkampagnen.

„Ich kann ein Fehlverhalten meiner Partei nicht erkennen“, sagt der Bundesschatzmeister der AfD Carsten Hütter gegenüber CORRECTIV, der Zeitpunkt der Untersuchung habe einen fahlen Beigeschmack, „man hätte bis nach der Niedersachsenwahl warten können”.

Die Ermittlungen konzentrieren sich auf Meuthen und Fohrmann, die in der fraglichen Zeit mitverantwortlich für die Rechenschaftsberichte der Partei waren.

Offenbar flossen außerdem Erkenntnisse aus einer weitere Recherche von CORRECTIV und ZDF-Frontal in die Ermittlungen ein: Die ehemalige Parteichefin Frauke Petry hatte gegenüber CORRECTIV gesagt, ihr damaliger Co-Chef Meuthen habe Kontakt zu einem „potentiellen Unterstützer“ für eine Social Media Kampagne der Partei. Laut Petry habe die Schweizer Goal AG einen Experten beauftragt, die Reichweite der AfD bei Facebook zu steigern. Diesen Vorgang hatte Perty auch der Bundestagsverwaltung angezeigt.

Ob es auch Durchsuchungen bei dem Social-Media-Experten gegeben hat, wollte  der Sprecher der Staatsanwaltschaft nicht „kommentieren“, aber auch nicht „dementieren“. Der Fachmann selbst reagierte auf Anfrage von CORRECTIV nicht. 

Die AfD musste bisher in mehreren Fällen Zahlungen wegen illegaler Parteispenden leisten. Bei Jörg Meuthen und dem AfD-Politiker Guido Reil ging es um Plakatspenden von eben jener Goal AG, die auch in die Millionenbuchungen involviert ist. Beide Affären des AfD-Spendenskandals hatte CORRECTIV zusammen mit ZDF-Frontal aufgedeckt. Auch die Co-Vorsitzende Alice Weidel war in einen Skandal verwickelt, der die AfD teuer zu stehen kam. An ihren Kreisverband flossen illegale Spenden des Immobilien-Milliardärs Henning Conle. 

Die ehemalige Parteivorsitzende Frauke Petry hatte CORRECITV und ZDF-Frontal gegenüber gesagt, dass Conle sie und Meuthen 2015 getroffen und der AfD illegale Spenden angeboten habe.

 

Redaktion: Gabriela Keller

Update, 28.09.22, Wir haben den Artikel nach Veröffentlichung mit der Aussage des Bundesschatzmeisters der AfD Carsten Hütter ergänzt.