CumEx-Files 2.0: Bundesfinanzministerium verweigert Auskunft über Austausch mit anderen Ländern
Zwei Abgeordnete der Linken im Bundestag wollten von der deutschen Finanzverwaltung wissen, wie oft sie sich mit anderen Ländern über den Kampf gegen den Cum-Ex-Steuerraub austauschte. Das Bundesfinanzministerium verweigert jedoch die Informationen.
Fabio de Masi und Jörg Cezanne wollten wissen, wie viel Informationsaustausch in den letzten zehn Jahren zwischen der deutschen Finanzverwaltung und den Steuerbehörden anderer Länder im Zusammenhang mit Cum-Ex und ähnlichen Steuertricks stattfand. Sie baten dabei auch um eine Nennung der jeweiligen Länder. Das von Olaf Scholz geleitete Ministerium lehnte es jedoch ab, Einzelheiten zu nennen, mit dem Argument, dass solche Informationen vertraulich sein könnten und die internationalen Beziehungen der Bundesregierung „erheblich“ belasten würden.
Die Antwort des BMF vom 21. Oktober 2021, die CORRECTIV vorliegt, teilt lediglich mit, dass das Bundeszentralamt für Steuern zwischen 2011 und September 2021 79 Mal mit ausländischen Steuerbehörden kommuniziert hat. Davon waren 45 in anderen EU-Mitgliedstaaten und 34 außerhalb der EU. Die Antwort besteht also aus zwei Zeilen. Dann folgt auf zwei Seiten die Begründung des BMF, warum es keine weiteren Informationen zu diesem Thema liefert.
„Die Bundesregierung kann die darüber hinaus zur Beantwortung der Frage erforderlichen Auskünfte nicht erteilen, um andernfalls unmittelbar drohende, schwerwiegende Nachteile für die zwischenstaatliche Verwaltungszusammenarbeit abzuwenden“, schreibt eine parlamentarische Staatssekretärin.
Das vom Kanzlerkandidat Olaf Scholz geleitete Finanzministerium gibt in dem Schreiben einen Überblick aller europäischen Vorschriften und Richtlinien zur Amtshilfe, die den Informationsaustausch betreffen. Dann argumentiert es, dass die Veröffentlichung der Länder, mit denen es im Zusammenhang mit möglichen betrügerischen Geschäften wie Cum-Ex in Kontakt stand, den Interessen der „von dem Informationsaustausch konkret betroffenen Personen“ schaden könnte. Und das, obwohl die Abgeordneten der Partei Die Linke gar nicht nach Daten zu Einzelfällen gefragt haben.
Das BMF fürchtet jedoch, dass weitere Angaben es ermöglichen könnten, einzelne Fälle und damit einzelne Personen zu identifizieren, heißt es in der Antwort auf die Anfrage von De Masi und Cezanne. Außerdem, so heißt es in dem Schreiben weiter, könnte eine Offenlegung von mehr Informationen auch laufende Ermittlungsverfahren gefährden. Betroffene könnten es den Steuerbehörden schwieriger machen zu ermitteln.
Aus all diesen Gründen weigert sich das Bundesfinanzministerium, Einzelheiten darüber zu nennen, mit welchen Ländern es im Zusammenhang mit Steuerbetrug bei der Ausschüttung von Dividenden, wie z. B. Cum-Ex, in Kontakt steht. „Die langjährigen Anstrengungen zur Bekämpfung von Steuerflucht und Steuervermeidung durch die Mittel der internationalen Zusammenarbeit würden auf diese Weise unmittelbar konkret gefährdet“, heißt es in der Antwort abschließend. Für die Bundesregierung überwiegen die Risiken, die sich aus der Veröffentlichung einer Liste von Ländern ergeben könnten also bei weitem den möglichen Nutzen.
Für De Masi, der sich intensiv mit dem Thema Cum-Ex-Steuerbetrug befasst hat, sollte der Austausch mit den Steuerbehörden im Ausland dazu beitragen, derartige Machenschaften zu verhindern: „Die deutsche Finanzverwaltung sollte ihr Wissen über Cum-Ex-ähnliche Gestaltungen und Erkenntnisse über die Nutzung solcher Modelle im Ausland gezielt international einbringen.“
CumEx-Files 2.0 – Der skandalöse Steuerbetrug geht weiter
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