Fakten-Check

Nein – Der Samenabdruck des ersten Mannes bleibt nicht für immer

Viele Unwahrheiten und falsche Interpretationen in einem Artikel über Telegonie – eine veraltete Theorie der Genetik.

von Tania Röttger

Der Artikel über Telegonie, veröffentlicht am 11. September 2015 auf der Webseite „Freigeist-Forum-Tübingen“.

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Der Artikel beinhaltet keine wissenschaftlichen Beweise für die These, dass der Samenabdruck des ersten Mannes für immer bleibt, und stellt wissenschaftliche Erkenntnisse falsch dar.

Die Webseite „Freigeist-Forum-Tübingen“ behauptet in einem Artikel vom 11. September 2015: „Der erste Mann mit dem eine Frau sexuellen Kontakt hat prägt ihr seinen genetischen Fingerabdruck ein.“ Und: „Alle Kinder die sie gebärt tragen sowohl den den Genotyp, als auch den Phänotyp des ersten Mannes in sich.“

„Dieser Satz ist kompletter Unsinn“, schreibt schreibt Bernhard Herrmann, Direktor der Abteilung Entwicklungsgenetik beim Max-Planck-Institut, auf Anfrage. „Es gibt keine Entkopplung zwischen Genotyp und Eltern.“

Die Telegonie-Theorie geht auf Aristoteles zurück und wurde bis ins 19. Jahrhundert geglaubt. Es gab Anekdoten über Nachkommen, die dem Vater des ersten Kindes glichen, aber keine wissenschaftlichen Belege.

Der Artikel vom „Freigeist-Forum-Tübingen“ stellt diese Theorie falsch dar. Der Autor behauptet zum Beispiel, dass Telegonie statt findet, egal ob Verhütung benutzt wurde, oder nicht.

Der einzige Beleg in dem Artikel ist: „Studien mit Fruchtfliegen bestätigen diesen Zusammenhang“. Es gab eine Studie mit einer australischen Fliegenart, doch die Aussagen des Artikels werden von der Studie nicht gedeckt.

In der Studie, schreibt Herrmann vom Max-Planck-Institut, „geht es nicht darum, dass der Genotyp des ersten (Insekten-)Männchens auf die Nachkommen des zweiten Männchens, des tatsächlichen Vaters vererbt wird – das ist unmöglich –, sondern dass ein Merkmal (Phänotyp) des ersten Geschlechtspartners die tatsächlichen Nachkommen des zweiten Geschlechtspartners prägen konnte.“ In der Studie ging es um die Körpergröße der Fliegen.

Bei den beobachteten Insekten sei Samenflüssigkeit eines Männchen mit den unreifen Eiern eines Weibchens zusammen gekommen, die nach Befruchtung durch ein zweites Männchen ein Merkmal des ersten Männchens aufwiesen, nämlich die Körpergröße. Bei Menschen, so Herrmann, kommen Samenflüssigkeit und reifende Eizellen aber nicht in Kontakt: „Ein solcher Effekt dürfte beim Menschen daher nicht vorkommen.“

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