Faktencheck

„Danke Merkel“

Während einer „Merkel-muss-weg“-Demonstration in Berlin kommt es zum Eklat. Ein rechter Twitter-Account möchte mit einem Video nun die angebliche Provokation durch Migranten belegen und scheitert.

von Lennart Kutzner

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Vier junge Männer verhöhnen Deutsche. Sie winken mit einem deutschen Pass und rufen laut „Danke Merkel!“  Das rechtsradikale „Onlinemagazin“ teilt ein entsprechendes Video bei Twitter und ruft S.O.S. Der Tweet wird fast tausendmal geteilt, zeigt aber nicht die ganze Wahrheit.

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Wer hat wen provoziert? Vier Männer feiern Angela Merkel.

Denn der Beitrag suggeriert, die vier Männer verhöhnten beliebige Passanten auf Berlins Boulevard „Unter den Linden“.

Was das Video nicht zeigt: Die vier Männer stehen einigen hundert Teilnehmern einer „Merkel-muss-weg“-Demonstration vom 9. September 2017 gegenüber, die sich an der Ecke Schadowstraße zu einer Kundgebung versammelt haben. Thema der Demonstration ist wie so oft auch die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel (CDU). Die Demonstranten sind freilich nicht zu sehen, sie bleiben hinter der Kamera. Ihre Sprechchöre („Merkel muss weg“) sind jedoch im Video deutlich zu hören.

Die vier jungen Männer, von denen einer einen Reisepass, ein anderer einen Personalausweis in die Höhe streckt, wurden von der Polizei als Gegendemonstranten eingestuft. „Sie sind erst einige Zeit parallel zur Demonstration gelaufen“, sagt Hauptkommissarin Kerstin Ismer von der Polizei Berlin, die selbst vor Ort war. „Sie haben dann etwas wie ‘Wir lieben Frau Merkel’ gerufen. Es kam aber nicht zu Auseinandersetzungen.“ Das Kommunikationsteam der Polizei habe deeskalierend auf die vier jungen Migranten eingewirkt. Der Ausschnitt zeigt, wie die Beamten auf die Männer zugehen.

Trotzdem kippt die Stimmung. Im Video ist zu hören, wie die Anti-Merkel-Demonstranten „Abschieben“ skandieren. Wenig später sind laute „Ziegenficker“-Rufe aus der unsichtbaren Menge zu vernehmen. Wer wen zuerst provoziert hat, ist anhand des 101-Sekunden-Videos nicht nachzuvollziehen. Zurzeit prüft die Polizei allerdings, ob wegen der Beleidigungen Anzeige erstattet werden muss. „Alle Demonstrationen werden gefilmt. Wenn uns bei der Sichtung des Materials eine Straftat auffällt, erstatten wir von Amts wegen Anzeige“, erläutert Kerstin Ismer.