Faktencheck

Zwang zur Wahl?

Zwangsweise vorgeführt zur Wahl. Ein bizarrer Fall aus Nürnberg wird derzeit im Internet verbreitet. Eine Verdrehung der Fakten und eine Nachfage beim Wahlleiter

von Carla Reveland

© Wahlurne zur Bundestagswahl von Marco Verch unter Lizenz CC BY 2.0

„Wahlbetrug – der AMTLICHE BEWEIS“ Eine E-Mail mit diesem Betreff wird derzeit massiv verschickt. In der E-Mail soll anhand eines offiziellen Schreibens bewiesen werden, dass das Nürnberger Wahlamt Wahlbetrug ermögliche. Der Verfasser ist Gerhard Ittner, ein mehrfach verurteilter Neonazi und Holocaust-Leugner.

Ittner erkennt seine Staatsangehörigkeit der Bundesrepublik Deutschland nicht an. Dehalb hält er auch seine Wahlberechtigung nicht für rechtens. Er hat die Wahlunterlagen mitsamt einer persönlichen Stellungnahme zurückgeschickt. Das Nürnberger Wahlamt prüfte daraufhin die Wahlberechtigung Gerhard Ittners erneut. Das Amt kommt im Antwortschreiben zu folgendem Ergebnis: „Unsere Überprüfung ergab, dass Sie unter der angegebenen Adresse mit Hauptsitz gemeldet sind und auch die sonstigen Voraussetzungen nach §12 Bundeswahlgesetz für eine Wahlberechtigung erfüllen.“ Des Weiteren heißt es, dass von einer weiteren Zusendung der Wahlunterlagen abgesehen wird, da Ittner über seine Wahlberechtigung informiert sei und auch ohne Vorlage der Unterlagen an der Wahl teilnehmen könne. Für Ittner der Beweis, dass bei der Wahl betrogen wird.

Laut Ittner hätte das Nürnberger Wahlamt mit dem Schreiben bestätigt, dass für die Teilnahme an der Bundestagswahl 2017 „KEINE STAATSANGEHÖRIGKEIT DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND NÖTIG IST, DAß ES NICHT NÖTIG IST, SEINE IDENTITÄT MIT EINEM AUSWEISDOKUMENT DER BRD NACHWEISEN ZU KÖNNEN, DAß NICHT EINMAL DIE WAHLBENACHRICHTIGUNG IM WAHLLOKAL VORGELEGT WERDEN MUß, DAß ES ZUR WAHLTEILNAHME GENÜGT, IN DER BRD MIT WOHNSITZ GEMELDET ZU SEIN“. Das bedeutet für ihn, dass nun „Abermillionen von ‘Migranten’, Asylanten etc.“ ermöglicht werde, an der Wahl teilnehmen zu können.

Genau dies sei jedoch nicht der Fall, sagte der Nürnberger Wahlamtsleiter Wolf Schäfer WahlCheck17. „Im Gegensatz zu Herrn Ittner erfüllen Millionen von Migranten eben nicht die Voraussetzungen einer Wahlberechtigung.“ Wahlberechtigt seien nur volljährige Deutsche, die im Meldegesetz verzeichnet sind und nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen wurden. „Wir halten uns an die engen gesetzlichen Richtlinien, die das Wahlrecht regeln. Die politische Bewertung Ittners ist für die Wahlberechtigung nicht maßgeblich“, erläutert Schäfer.

Internationaler Haftbefehl

Der bekennende Neonazi klagt in seiner E-Mail darüber, dass er unfreiwillig in Deutschland festsitze. Man habe ihn „gewaltsam und menschenräuberisch“ aus dem Ausland „kidnappen lassen“ und „OHNE AUSWEISDOKUMENTE“ sowie „OHNE FESTSTELLUNG MEINER IDENTITÄT DURCH SOLCHE“ illegal nach Deutschland gebracht. Ittner wurde im Jahr 2012 tatsächlich von Portugal an Deutschland ausgeliefert. Dass er siebeneinhalb Jahre mit internationalem Haftbefehl gesucht wurde, da er sich einer Haftstrafe von zwei Jahren und neun Monaten wegen Volksverhetzung entziehen wollte, erwähnt er nicht.

Gerhard Ittner kündigt in der E-Mail an, die AfD und den Bundeswahlleiter zu benachrichtigen sowie Strafanzeige zu erstatten, „da es sich beim unerträglichen, Recht und Gesetz mit erheblicher krimineller Energie mißachtenden Inhalt des Schreibens vom Wahlamt Nürnberg um einen direkten Angriff auf die rechtsstaatliche Ordnung als solche handelt“.

Wolf Schäfer ist bis jetzt noch keine Anzeige gegen ihn oder sein Wahlamt bekannt.