Faktencheck

Nein – Die von Matthias Matussek zitierten Dokumente sind kein Beweis für eine Flüchtlings-Verschwörung

Zwei Dokumente sollen belegen, dass Deutschland Flüchtlinge aufgenommen hat, um durch dauerhafte „Neuansiedlung“ von Flüchtlingen schrumpfenden Bevölkerungszahlen entgegen zu wirken. Obwohl die Dokumente diese Theorie nicht beweisen, wird der Artikel der Webseite Journalistenwatch.de viele tausend Mal auf Facebook geteilt.

von Tania Röttger

So betitelte Journalistenwatch.de den Artikel über Mathias Matussek vermeintliche Entdeckung.

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Das angesprochene EU-Papier beweist nicht, dass es statt um Flüchtlinge um Neuansiedlung geht.

Am 25. Januar veröffentlicht Matthias Matussek, ehemaliger „Welt“-Journalist und kontroverser Autor, einen Beitrag auf Facebook. Er verweist auf Dokumente der UN und der EU, um eine angebliche Verschwörung zu beweisen. Jeder könne das selbst nachlesen, so Matussek, daher seien seine Worte „definitv keine fake news“. Sein Beitrag ist bisher knapp 600 Mal geteilt worden.

Ein paar Tage später berichtet die Webseite Journalistenwatch.de über die „Entdeckung“ von Matussek. Auch dieser Beitrag wird oft geteilt.

Laut Journalistenwatch habe die Recherche von Matussek gezeigt, dass „wir alle von Anfang an von den Politikern und Medien belogen wurden“. Es sei „nie um Hilfe für Kriegsflüchtlinge“ gegangen, sondern „um knallharte Neuansiedlung in Europa“. Der Knackpunkt für Matussek ist, dass die Flüchtlinge dauerhaft hierbleiben sollten, um den Bevölkerungsschwund auszugleichen.

Vermeintliche Quellen

Bei dem zitierten UN-Papier handelt es sich um eine Studie, die im Jahr 2000 erschien.

Zu der Zeit wurde die alternde Bevölkerung Europas und die geringen Geburtsraten als künftiges Problem thematisiert, zum Beispiel wegen der steigenden Rentenbelastung und fehlenden Arbeitskräften. Eine Frage der Studienleiter war, ob Migration dazu dienen könnte, das Niveau zu erhalten. Aus dem UN Papier ergaben sich allerdings keine Strategien. 

Der zweite vermeintliche Beleg für die These ist eine Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom Juli 2016. Titel: „Verbesserung der legalen Migrationskanäle: Kommission schlägt EU-Neuansiedlungsrahmen vor“. Im Gegensatz zu der Darstellung von Matussek und Journalistenwatch ging es darum, illegale Migration zu verhindern. Der Vorschlag sollte die EU-Mitgliedsstaaten darin unterstützen, mehr Kontrolle über die Migration in ihre Länder zu haben. Doch das erwähnen weder Matussek noch Journalistenwatch. 

Kein Zusammenhang

Diese zwei Papiere stehen außerdem in keinem Zusammenhang. Aber zusammen ergeben sie für Matussek folgendes Bild, das Journalistenwatch in seiner Gänze zitiert (inklusive Rechtschreibfehler):

„Aufgrund obiger nachweislich verifizierbarer Original-Quellen der UNO und der Europäischem Kommission ist belegt, dass wir derzeit -mehrheitlich- keine Völkerwanderungen von größtenteils angeblich „zeitlich befristet Schutzsuchenden“, sondern mehrheitlich eher gezielt dauerhafte EU-„Neuandsiedlungen“ als indirekte Umsetzung des UNO-Thesenpapiers „replcaement migration“ (Ersatzmigration) erleben“  

Kurz: dauerhafte Ansiedlung sei „die indirekte Umsetzung des UNO-Thesenpapiers“. Matussek benutzt das Wort „Ersatzmigration“ im Kontext der Sorge mancher, die Deutschen würden durch Migranten ersetzt. In der deutschen Version des UN-Papiers findet sich das Wort „Bestandserhaltungsmigration“ – ein ganz anderer Tenor. Kein Ersatz, sondern die Erhaltung des Bestandes an Arbeitskräften. 

Die Dokumente sind kein neuer Fund. Verschiedene Webseiten berichteten bereits über diesen vermeintlichen Grund für die Flüchtlinge in Deutschland, darunter die Webseiten „Epoch Times“ und „End of Europe“. 

Auch die Fehler in Matusseks Darstellung wurden schon aufgezeigt, nämlich vom Portal „Übermedien“ („Matthias Matussek enthüllt selbsterfundenen Skandal der Flüchtlingspolitik“). 

FAZIT: Das, was Journalistenwatch als erwiesen ansieht, was Matussek angeblich „entdeckt“ hat, ist kein Beleg dafür, dass die Flüchtlinge Teil eines Plans sind, Europa dauerhaft zu besiedeln oder diejenigen, die da sind, zu ersetzen.