Faktencheck

Ob dieses Kind in einer Kobalt-Mine arbeitet, ist unklar

In Sozialen Netzwerken verbreitet sich das Foto eines Kindes, das angeblich Kobalt für Elektroautos abbaut. In Berichten aus dem Jahr 2018 heißt es jedoch, es habe auf einer gewöhnlichen Baustelle gearbeitet. Welche der Behauptungen korrekt ist, lässt sich nicht belegen.

von Steffen Kutzner

Kobalt collage
Das Bild eines Jungen, der eine Schüssel voll Erde trägt, wird auf Facebook und Twitter verbreitet (Quelle: Facebook / Collage: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Ein Foto zeige ein Kind, das Kobalt für die Akkus von E-Autos abbaue.
Bewertung
Unbelegt. Im Internet kursieren mehrere Artikel in denen behauptet wird, das Bild zeige ein Kind, das in einer Kobalt-Mine arbeite. Das lässt sich jedoch nicht belegen. In Berichten aus dem Jahr 2018 heißt es, der Junge arbeite auf einer Baustelle.

Auf Facebook und Twitter verbreitet sich das Foto eines Kindes, das eine Schüssel voller rotbrauner Erde auf dem Kopf trägt. „Dieser kleine Mann ist stolz darauf, für die Grünen am Elektroauto mitzuarbeiten“, heißt es dazu. Unter anderem teilte die AfD-Politikerin Leyla Bilge das Bild auf Twitter. 

In der Version auf Facebook steht außerdem, das Kind liefere das „Kobold“. Die Behauptung spielt mutmaßlich auf einen Versprecher von Annalena Baerbock, Kanzlerkandidatin der Grünen, an. Sie hatte in einem Interview im Sommer 2019 fälschlicherweise von „Kobold“ statt „Kobalt“ gesprochen. 

Kobalt ist ein Metall, das unter anderem bei der Herstellung von Batterien verwendet wird. Eines der Länder, das am meisten Kobalt liefert, ist der Kongo. Es gibt jedoch keinen Beleg, dass das Foto des Jungen im Kontext von Kobalt-Förderung entstanden ist. Mutmaßlich zeigt es keine Kobalt-Mine, sondern eine Baustelle.

Facebook-Beitrag mit dem verbreiteten Foto.
Facebook-Beitrag mit dem verbreiteten Foto (Quelle: Facebook)

Das Foto taucht seit mehreren Jahren in Berichten aus Afrika auf

Über eine Bilderrückwärtssuche auf Google finden wir das Bild in Berichten aus Nigeria: In einem Artikel der nigerianischen Version der Nachrichten-App Opera News Daily Advent vom 8. Dezember 2018 wird zu dem Bild geschrieben, dass der Junge eine Schüssel Sand auf einer Baustelle trage. Offenbar verbreitete sich das Foto des unbekannten Jungen 2018 im Internet. In dem Artikel von Daily Advent gibt es Verweise auf Tweets von Menschen aus Nigeria, die versuchten, das Kind ausfindig zu machen. Hinweise, dass das gelungen ist, fanden wir jedoch nicht.

Die nigerianische Zeitung Within Nigeria veröffentlichte ebenfalls am 8. Dezember 2018 einen Artikel zu dem Foto; die Artikel sind in weiten Teilen identisch. Darin findet sich auch das Bild der angeblichen Baustelle, jedoch ohne Angabe eines Ortes oder des Urhebers. 

Das Bild von dem Kind findet sich auch mit der Beschreibung „Kind auf einer Baustelle“ im Jahresbericht von 2018 (Seite 18) der Organisation „Victoria Friendly Montessori“, die eine Schule für Waisenkinder in Kenia betreibt. Ein Ort oder Urheber wird jedoch auch hier nicht genannt. 

Es gibt also mehrere Hinweise, dass das Kind auf einer Baustelle in Afrika, vielleicht in Nigeria, arbeitete. Endgültig belegen lässt sich das aber nicht.

Wir haben das Foto auch in einem Spendenaufruf der Organisation „Child Life Change“ gefunden. Der Aufruf stammt von April 2014 und bezieht sich nicht auf Nigeria, sondern auf Uganda. 

Autohersteller kaufen industriell abgebautes Kobalt

Dass in afrikanischen Kobalt-Minen mitunter Kinder arbeiten müssen, ist laut Medienberichten richtig. Das ist auch ein Problem für europäische Hersteller von Elektroautos. Laut eines Artikels der Deutschen Welle von 2019 sind diese deshalb dazu übergegangen, das Kobalt nur in industriellen Großminen einzukaufen, wo nicht Menschen, sondern Maschinen das Graben übernehmen.

Laut Bundesumweltministerium forschen Autohersteller daran, wie sich der Einsatz von sogenannten Seltenen Erden und kritischen Rohstoffen wie Kobalt für die Akkus von E-Autos verringern lässt. In einem Artikel des Bundesumweltministeriums vom Juli 2020 heißt es, die Bundesregierung unterstütze entsprechende Fortschritte und verstärktes Recycling. „Bei Antriebsbatterien ist ein solcher Trend bereits zu beobachten. […] Mittlerweile gibt es so zum Beispiel Batterien, die weniger oder gar kein Kobalt mehr benötigen.“ 

Kobalt wird nicht nur in den Akkus von E-Autos, Mobiltelefonen und anderen elektrischen Geräten verwendet. Es findet sich auch in geringen Mengen in herkömmlichen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor, etwa in den Reifen oder der Kurbelwelle, wie das Portal „Elektromobilität NRW berichtet. 

Redigatur: Matthias Bau, Alice Echtermann