Faktencheck

Brennendes Gebäude: Nein, dieses Video zeigt nicht die Alcazar-Bibliothek in Marseille

Nachdem der Teenager Nahel M. Ende Juni bei einer Kontrolle von der französischen Polizei erschossen wurde, kam es zu Ausschreitungen in Frankreich. Ein Video soll jetzt zeigen, dass dabei auch die Alcazar-Bibliothek in Marseille in Brand gesetzt wurde. Zu sehen ist jedoch ein brennendes Gebäude auf den Philippinen.

von Max Bernhard

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In Sozialen Netzwerken wird eine alte Aufnahme eines Brandes auf den Philippinen fälschlich den Ausschreitungen in Frankreich zugeschrieben (Quelle: Twitter; Collage: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Ein Video zeige, wie in Frankreich im Zuge der Ausschreitungen nach dem Tod von Nahel M. die Alcazar-Bibliothek in Marseille in Brand gesetzt wurde.
Bewertung
Falscher Kontext
Über diese Bewertung
Falscher Kontext. Das Video zeigt einen Brand des Postamts in Manila, der Hauptstadt der Philippinen, im Mai 2023.

Tagelang kam es in Paris und anderen französischen Städten zu Ausschreitungen, nachdem ein 17-Jähriger am 27. Juni 2023 durch den Schuss eines Polizisten starb. Bilder, die die Medien veröffentlichten, zeigen Straßenkämpfe mit Feuerwerkskörpern, geplünderten Geschäfte und ausgebrannten Autos. Doch in Sozialen Netzwerken wird auch Bildmaterial geteilt, das nicht – wie behauptet – während der Ausschreitungen entstand, wie wir zum Beispiel hier und hier berichteten.

Ein Video, das auf Facebook, Twitter, Tiktok und Telegram kursiert, soll angeblich eine brennende Bibliothek in Marseille zeigen. Doch auch das ist falsch. Das Gebäude im Video ist ein Postamt in der philippinischen Hauptstadt Manila. Dort brannte es bereits im Mai 2023.

In Sozialen Medien verbreitet sich ein Video eines brennenden Gebäudes. Anders als behauptet, hat das aber nichts mit den Ausschreitungen in Frankreich zu tun (Quelle: Facebook; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

Video zeigt brennendes Postamt in Manila, keine Bibliothek in Marseille

Laut den Beiträgen soll das Video die Alcazar-Bibliothek in Marseille zeigen – doch das Gebäude sieht komplett anders aus, wie ein Vergleich mit Bildern von Google Maps zeigt. Tatsächlich wurde die Bibliothek während der Proteste am 29. Juni beschädigt. In Medienberichten dazu sind zerbrochene Glasscheiben zu sehen und es heißt, die Frontscheibe sei zerbrochen worden. Außerdem sei versucht worden, den Eingang in Brand zu setzen. Die Randalierer hätten es nicht geschafft, in das Gebäude einzudringen, so die Medienberichte.

Die Demonstrierenden vor dem Gebäude sind zum Beispiel auf einem Video auf Twitter zu sehen. Darin ist auch zu erkennen, wie Pyrotechnik in die Bibliothek geworfen wird. Das ist auch in einem anderen Video zu sehen. Spätere Aufnahmen aus dem Inneren der Bibliothek zeigen die Folgen von Vandalismus wie zerbrochenes Glas, jedoch keine Brandspuren. Inzwischen ist die Bibliothek wieder geöffnet.

Könnte es sich bei dem Gebäude um eine andere Bibliothek in Frankreich handeln? Nein, über eine Bilder-Rückwärtssuche finden wir unter anderem einen Beitrag von CNN Indonesia vom 22. Mai 2023. Der Bericht zeigt dasselbe Gebäude. Darin heißt es: „Am späten Sonntag verwüstete ein Großbrand das historische Gebäude des Manila Central Post Office. Die Feuerwehr kämpfte sieben Stunden lang, bevor das Feuer endlich unter Kontrolle gebracht werden konnte.“ Über eine Google-Suche finden wir weitere internationale Berichte über den Brand im Mai. Laut örtlichen Behörden habe eine Auto-Batterie den Brand ausgelöst, so die Zeitung The Philippine Star.

Dass es sich bei der Videoaufnahme um das Postgebäude handelt, lässt sich unter anderem an den markanten Säulen und umgebenden Gebäuden erkennen.

Ein Vergleich der Aufnahmen von CNN (rechts) mit dem Video (links) zeigt, dass es sich um das Postamt in Manila handelt (Quelle: Telegram, CNN; Screenshot und Markierung: CORRECTIV.Faktencheck)

Auch sonst konnten wir keine Berichte über eine in Brand geratene Bibliothek in Frankreich finden.

Einen Überblick mit allen Faktenchecks zu den Protesten und Unruhen in Frankreich finden Sie hier.

Redigatur: Uschi Jonas, Steffen Kutzner