Faktencheck

Frankreich: Nein, Polizeigewerkschaften schreiben in einer Pressemitteilung nicht über das WEF oder „Verräter Macron“

In Blogs und Sozialen Netzwerken heißt es, die französische Polizei wolle nicht für das Weltwirtschaftsforum arbeiten, Macron sei ein „Verräter“. Doch in einer Pressemitteilung, die dafür als Quelle herangezogen wird, steht davon nichts.

von Gabriele Scherndl

Polizei Frankreich Macron Verräter
Eine Aufnahme vom 8. Juli 2023, sie zeigt einen Polizeieinsatz bei Protesten in Frankreich (Quelle: Telmo Pinto / zumapress.com / Picture Alliance)
Behauptung
Die französische Polizei erhebe sich gegen „Verräter“ Macron und schreibe in einer Erklärung vom 30. Juni, sie arbeite „für das Volk, nicht für das WEF“.
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Frei erfunden. Die Polizeigewerkschaften in Frankreich drohen in einer Pressemitteilung zwar, in den Widerstand zu gehen, das Weltwirtschaftsforum oder Macron werden nicht benannt.

Die Schlagzeile hat es in sich: “Französische Polizei erhebt sich gegen ‚Verräter‘ Macron: ‚Wir arbeiten für das Volk, nicht für das WEF‘“ titelte ein Blog am 1. Juli. Der Artikel fällt also mitten in die Zeit, in der es in Frankreich zu Unruhen kam, nachdem ein junger Mann durch den Schuss eines Polizisten starb. 

Die Behauptung landete auch auf Telegram und Twitter und wurde in Summe über 200.000 Mal angezeigt. Als Beleg nennt der Blog Antiilluminaten TV, genauso wie die Seite The People’s Voice, auf der die identische Schlagzeile auf Englisch veröffentlicht wurde, eine Pressemitteilung von mehreren Polizeigewerkschaften in Frankreich. Nur: In dieser ist keine Rede vom Weltwirtschaftsforum oder dem „Verräter“ Macron. The People’s Voice veröffentlichte im Zuge der Ausschreitungen bereits ein anderes erfundenes Zitat von der französischen Politikern Marine Le Pen. 

Auf Twitter und Telegram heißt es, die Polizei in Frankreich stehe gegen das Weltwirtschaftsforum auf
Auf Twitter und Telegram heißt es, die Polizei in Frankreich stehe gegen das Weltwirtschaftsforum auf (Quelle: Twitter; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

Polizeigewerkschaften schreiben von „Krieg“, aber nicht vom Weltwirtschaftsforum oder Macron

Das World Economic Forum, auf Deutsch Weltwirtschaftsforum, steht immer wieder im Fokus von Falschbehauptungen. Auch im aktuellen Fall stimmt die Behauptung nicht. Die Pressemeldung, die die Blogeinträge als Beleg angeben, veröffentlichte die französische Polizeigewerkschaft Alliance Police International am 30. Juni auf Facebook

In der Meldung wird indirekt auf die Proteste in Frankreich Bezug genommen, die Rede ist von „wilden Horden” und davon, dass die „republikanische Ordnung” wiederhergestellt werden müsse. Nachdem am 27. Juni 2023 der 17-jährige Nahel M. bei einem Polizeieinsatz starb, kam es zu Ausschreitungen. Laut Medienberichten warfen Protestierende Steine auf Polizeikräfte und Objekte auf Polizeiautos, Stand 1. Juli seien 79 Polizeikräfte verletzt worden. 

Die Polizeigewerkschaften schreiben in der Pressemitteilung dazu: „Heute sind die Polizisten im Kampf, weil wir uns im Krieg befinden. Morgen werden wir im Widerstand sein, und die Regierung muss sich dessen bewusst sein“ – darüber berichteten auch Medien

Das Weltwirtschaftsforum wird in der Pressemitteilung nicht erwähnt. Die Gewerkschaft Alliance Police International reagierte bislang nicht auf unsere Anfrage, ob es so eine Äußerung in einem anderen Kontext gab. Gezielte Google-Suchen nach dem Zitat „Wir arbeiten für das Volk, nicht für das WEF“ bringen keinerlei Ergebnisse. 

In aktuellen Pressemitteilungen der Alliance Police findet sich darauf ebenfalls kein Hinweis. Eine Suche auf der Webseite nach den Wörtern „Macron Verräter“ oder „Verräter“ liefert ebenfalls keine Ergebnisse. 

Einen Überblick mit allen Faktenchecks von uns zu den Unruhen in Frankreich finden Sie hier.

Redigatur: Matthias Bau, Sophie Timmermann 

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • Facebook-Beitrag der Polizeigewerkschaft in Frankreich, 30. Juni 2023: Link (Französisch, archiviert)