Faktencheck

Nein, Olena Selenska oder Wolodymyr Selenskyj haben kein Fünf-Sterne-Hotel auf Zypern gekauft

Angeblich sollen wahlweise der ukrainische Präsident oder seine Ehefrau Olena Selenska das Fünf-Sterne-Hotel Vuni-Palace auf Zypern erworben haben. Doch die angeblichen Belege dafür stellen sich als falsch heraus. Selbst der zyprische Präsident schaltete sich ein.

von Sophie Timmermann

Girne, Kyrenia, Teile Hafenburgruine, Burgmauern, Einfahrt zum Hafen, Mole, Nordzypern, (Aufnahmedatum nicht definiert)
Blick auf einen Hafen in Kyrenia. Olena Selenska oder Wolodymr Selenskyj sollen in Nordzypern ein Fünf-Sterne-Hotel gekauft haben. Doch Belege dafür gibt es keine (Symbolbild: Sunny Celeste / Bildagentur-online / Picture Alliance)
Behauptung
Olena Selenska beziehungsweise Wolodymyr Selenskyj hätten das Fünf-Sterne-Hotel Vuni-Palace mit Kasino auf Zypern für schätzungsweise 170 Millionen Euro gekauft.
Bewertung
Frei erfunden
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Frei erfunden. Der Hoteleigentümer, der Präsident Zyperns und die dortige ukrainische Botschaft dementieren die Meldung. Auch sonst finden sich keine Belege dafür.

Rolex-Uhren, angebliche Einkäufe bei Cartier: Olena Selenska, der Frau des ukrainischen Präsidenten, wird nicht zum ersten Mal unterstellt, ein Luxusleben zu führen – und das, während in der Ukraine Krieg herrscht. Angebliche Belege dafür stellten sich in der Vergangenheit als manipuliert oder erfunden heraus.

Seit Anfang Juni kursiert eine neue Behauptung. Selenska soll ein Fünf-Sterne-Hotel auf Zypern gekauft haben. Deutsche Beiträge auf X, Tiktok und Telegram teilen einen Artikel des Blogs Transition News, in dem es heißt, Selenska habe „das Kasino-Hotel Vuni Palace über ihre in Belize registrierte Firma Film Heritage Inc. im Mai 2024“ erstanden. Im Artikel heißt es, das Hotel sei für 170 Millionen Euro gekauft worden, in anderen Beiträgen ist von 180 Millionen Euro oder 200 Millionen US-Dollar die Rede. Teilweise heißt es auch, nicht Selenska, sondern ihr Ehemann habe das Hotel erworben. 

Der Blog Transition News, der unter seinem ehemaligen Namen Corona-Transition regelmäßig Desinformation zur Corona-Pandemie verbreitete, korrigierte seinen Artikel am 5. Juni und schrieb in einem Update, es sei ein Fehler unterlaufen. Der Titel des Artikels „Selenskyj-Ehefrau kauft Fünf-Sterne-Hotel mit Kasino auf Zypern für schätzungsweise 170 Millionen Euro“ blieb jedoch unverändert und die Behauptung kursierte auch ohne Bezug auf den Artikel weiter. Zahlreiche Nutzerinnen und Nutzer kontaktierten uns bis Ende Juni immer wieder über Whatsapp und baten um Aufklärung. 

Wir haben den Fall rekonstruiert.

Tiktok-Beitrag zu Selenska und Hotel auf Zypern
Tausenden gefällt dieser Tiktok-Beitrag. Darin wird ein Screenshot des Artikels von Transition News gezeigt, der fälschlich behauptet, Selenskyjs Frau Olena Selenska habe das Vuni-Palace-Hotel auf Zypern gekauft. Einen Tag nach Veröffentlichung korrigierte sich Transition News, aber die Falschbehauptung verbreitet sich weiter. (Quelle: Tiktok; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

Angeblicher Hotelkauf auf Zypern: Türkisches Medium OdaTV zieht falsche Rückschlüsse auf Film Heritage Inc. 

Transition News beruft sich in seinem Artikel auf einen Beitrag des türkischen Nachrichtenportals OdaTV. Deren Bericht vom 1. Juni ist mittlerweile gelöscht, eine archivierte Version ist jedoch abrufbar.

Archivierte Version von dem Bericht von Odatv über den angeblichen Hotelkauf von Selenska oder Selenskyj auf Zypern
Eine archivierte Version der OdaTV-Webseite mit der Meldung über den Hotelkauf am 1. Juni veröffentlichte. Später löschte OdaTV den Bericht. (Quelle: waybackmachine; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck).

OdaTV verlinkt darin ein Video, das die Webseite des Vuni-Palace-Hotels zeigen soll. In dessen Fußzeile steht der Name „Film Heritage Inc.“. Film Heritage steht in Verbindung mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, wie die sogenannten Pandora Papers 2021 enthüllten. Die Firma ist laut den Investigativrecherchen Teil eines Geflechts von Briefkasten-Firmen, das Selenskyj und Mitarbeitende mindestens seit 2012 in verschiedenen Steueroasen aufbauten. Wir berichteten bereits im Mai 2022 darüber. Die Firma Film Heritage wurde demnach 2019 auf seine Ehefrau Selenska übertragen. 

Doch auf der offiziellen Webseite des Kasino-Hotels „vunipalacehotel.com“ sowie in einer archivierten Version vom 4. Juni findet sich in der Fußzeile kein solcher Verweis auf Film Heritage Inc. Ein Mitarbeiter des Hotels erklärte der DPA, dass die im Video von OdaTV gezeigte Webseite nicht die echte Seite des Hotels sei. Zuerst hatte die Cyprus Mail darüber berichtet. Ein Mitarbeiter der „Oscar Group of Companies“, das Unternehmen, dem das Vuni-Palace-Hotel gehört, bestätigte uns ebenfalls telefonisch, dass der Name „Film Heritage Inc.“ nie auf der offiziellen Webseite gestanden habe und die Meldung „fake“ sei. 

OdaTV zeigte nicht die offizielle Webseite von Vuni-Palace-Hotel auf Zypern 

Ein Blick auf die von OdaTV eingeblendete Webseite (oben) entlarvt gleich mehrere Unstimmigkeiten im Vergleich zu der offiziellen Webseite des Vuni-Palace-Hotels (unten): Die angegebene E-Mail-Adresse, die Schriftart, Groß- und Kleinschreibung sowie die Rubriken in der Fußzeile unterscheiden sich. 

Eingeblendete Seite von OdaTV

Screenshot offizieller Webseite von Vuni-Palace-Hotel Zypern
Ein Vergleich der im OdaTV-Video eingeblendeten Webseite (oben) und der offiziellen Webseite von Vuni-Palace-Hotel (unten) entlarvt Unstimmigkeiten. Die angegebenen E-Mail-Adresse ist eine andere, so auch die Rubriken und die Schriftart (Quelle: OdaTV / vunipalacehotel.com; Screenshot und Markierungen: CORRECTIV.Faktencheck)

Die URL der eingeblendeten Webseite ist im Video von OdaTV nicht zu sehen. Wir fragten bei dem türkischen Medium nach, woher die Webseite stammt und warum sie ihren Bericht löschten, erhielten jedoch keine Rückmeldung. 

Fake-Webseite des Kasino-Hotels erst seit Mai 2024 online

Eine Stichwortsuche führt jedoch zur Seite „casinohotelvunipalace.com“, die der eingeblendeten Webseite in Aufbau und Stil gleicht. Über das Internetprotokoll Whois lässt sich herausfinden, wann und von wem eine Domain registriert wurde. Eine Abfrage dort zeigt, dass „casinohotelvunipalace.com“ erst am 29. Mai 2024 erstellt wurde, also nur wenige Tage bevor sich die Behauptung über den angeblichen Hotelkauf verbreitete. Darüber berichtete auch das Cyprus Investigative Reporting Network. Die echte Hotel-Webseite gibt es hingegen schon seit 2006. 

Whois-Abfrage von inoffizieller Kasino-Seite Zypern
Eine Whois-Abfrage zeigt, dass die Seite casinohotelvunipalace.com erst Ende Mai 2024 erstellt wurde. Das geschah also wenige Tage, bevor die Falschbehauptung über Olena Selenskas angeblichen Hotelkauf auf Zypern verbreitet wurde. (Quelle: Who.is; Screenshot und Markierung: CORRECTIV.Faktencheck)

Auffällig ist auch: Die über die Whois-Abfrage angezeigte Telefonnummer der falschen Webseite taucht in einem Bericht über Malware von der US-Cybersecurity-Behörde CISA auf. Die Nummer soll laut Onlinebeiträgen auch mit Scamming-Versuchen in Verbindung stehen. Wer genau hinter der Fake-Webseite des Kasino-Hotels auf Zypern steckt, bleibt unklar. 

Eingeblendeter Kaufpreis bei OdaTV lässt kein Rückschluss auf Vuni-Palace-Hotel zu

Laut OdaTV sei der Hotelkauf im Mai abgeschlossen worden – Belege dafür liefert das Medium nicht. Laut einem Linkedin-Profil mit dem Namen „Oscar Group of Companies“ wurde das Unternehmen hinter dem Vuni-Palace-Hotel 1958 als Familienunternehmen gegründet. Ein Sprecher bestätigte der Cyprus Mail, dass die Oscar Group of Companies noch immer Eigentümer des Vuni-Palace-Hotels ist und dass Selenskyj nicht zu den Aktionären der Gruppe gehöre.

Ein von OdaTV eingeblendeter Screenshot der Seite „Casinossale“ soll zudem den angeblichen Kaufpreis von 150 Millionen Pfund (umgerechnet etwa 170 bis 180 Millionen Euro) belegen. Zwar gibt es einen entsprechenden Eintrag auf der genannten Immobilien-Plattform, jedoch schon seit mindestens September 2021, einen aktuellen Bezug gibt es also nicht. Dort heißt es, ein Fünf-Sterne-Kasino-Hotel in Zypern stünde zum Verkauf, das Vuni-Palace wird nicht genannt. Eine Rückwärtssuche mit dem Titelbild führt zudem zu einem Hotel in Dubai, auf er Webseite heißt es jedoch, es würden keine Fotos der angebotenen Immobilien genutzt. 

Screenshot von ODATV über Kasino-Kaufpreis
Dieser Screenshot einer Immobilienseite von OdaTV belegt nicht, dass das Vuni-Palace-Hotel von Selenskyj gekauft wurde. Der gezeigte Eintrag existiert seit mindestens Ende 2021 (Quelle: odatv.com; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck).

Ukrainische Botschaft und zyprischer Präsident dementieren Meldung über Hotelkauf

Auch der Präsident der Republik Zypern, Nikos Christodoulides, meldete sich nach den Berichten über den angeblichen Hotelkauf zu Wort. Wie das zyprische Medium In-Cyprus schreibt, hätten die Behörden laut Christodoulides den Fall geprüft und bisher „nichts dergleichen“ gefunden. Auf Nachfrage von CORRECTIV.Faktencheck, ob es neue Erkenntnisse zu den Ermittlungen gibt, antwortete das Pressebüro des Präsidenten bis zur Veröffentlichung nicht.

Die ukrainische Botschaft auf Zypern schreibt auf ihrer Webseite, die Geschichte sei „fake“ und dass die Verbreitung der Nachricht auf „diplomatische Spannungen zwischen der Ukraine und Zypern“ abziele. 

Alle Faktenchecks zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier

Redigatur: Kimberly Nicolaus, Uschi Jonas

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • „Hotel in north denies being owned by Zelenskiy“, Cyprus-Mail, 4. Juni 2024: Link (archiviert)
  • Offizielle Webseite des Vuni-Palace-Hotels: Link (archiviert)
  • Whois-Abfrage der Seite „casinohotelvunipalace.com“: Link (archiviert)
  • Whois-Abfrage der offiziellen Webseite „vunipalacehotel.com“: Link (archiviert)
  • „No evidence of Zelenskyy link to occupied north casino, President says“, In-Cyprus, 4. Juni 2024: Link (archiviert)
  • „Statement of the Embassy of Ukraine in the Republic of Cyprus regarding the information about Vuni Palace Casino and Hotel, circulating in the media“, Ukrainische Botschaft in der Republik Zypern, 4. Juni 2024: Link (archiviert)