Hintergrund

Jahresrückblick: Die Falschmeldungen und Faktenchecks des Jahres 2020

Corona, Corona, Corona: Die Pandemie trieb die Welt in diesem Jahr um wie kein anderes Thema. Das zeigte sich auch in unseren meistgelesenen Faktenchecks und den viralsten Falschmeldungen, die wir 2020 entlarvt haben. 

von Alice Echtermann , Till Eckert

Faktencheck Coronavirus
Das Jahr 2020 mit der Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig Faktenchecks für die Gesellschaft sind. (Symbolbild: Picture Alliance / Zoonar / Alexander Limbach)

2020 war ein Jahr voller Herausforderungen – und ein Jahr der Desinformation. Etlichen Menschen wurde dadurch bewusst, wie gefährlich Falschinformationen für unsere Gesellschaft sein können. Tatsächlich begann dieser Trend bereits lange vor der Corona-Pandemie. Doch wie unter einem Brennglas hat die Krise diese Strömungen gebündelt und sichtbar gemacht. 

Für uns Faktenchecker wurde das Jahr im Januar mit Falschinformationen rund um die Waldbrände in Australien eingeläutet. Da war das neuartige Coronavirus bereits entdeckt, doch es schien weit entfernt in China zu sein. Im Februar folgte eine kleine Welle der Desinformation irreführender Gerüchte und Falschmeldungen über den rassistischen Anschlag in Hanau.

Als sich die Lungenkrankheit Covid-19 dann weltweit ausbreitete, rückten andere Themen in den Hintergrund. Spekulationen über den Ursprung des Virus, falsche Heilsversprechen, Desinformation über Impfungen oder das Herunterspielen und Leugnen der Pandemie beschäftigten unser Team ab Mitte März rund um die Uhr. Noch nie seit der Gründung von CORRECTIV.Faktencheck waren das Interesse und der Bedarf an Faktenchecks zu einem einzigen Thema so groß. 

Wir haben für Sie die fünf viralsten Falschmeldungen, die wir geprüft haben, und die fünf meistgelesenen unserer eigenen Faktenchecks herausgesucht.

Die fünf am häufigsten geklickten und geteilten Falschinformationen, die wir 2020 entlarvt haben:

1. Große Verschwörung zum Coronavirus? Wie Ken Jebsen mit irreführenden Behauptungen Stimmung macht

In einem Youtube-Video verbreitete der Blogger Ken Jebsen neben Verschwörungstheorien auch teils falsche Behauptungen über Bill Gates, die Weltgesundheitsorganisation und eine angeblich geplante Impfpflicht. Das Video wurde auf Youtube mehr als drei Millionen Mal angesehen und tausendfach auf Facebook geteilt. Es ist inzwischen nicht mehr online. Unser Faktencheck vom 8. Mai

Ken Jebsen
Der Blogger Ken Jebsen in seinem Video „Gates kapert Deutschland!” vom 4. Mai. (Quelle: Youtube, Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)

2. Youtube-Video: Nein, das Infektionsrisiko für Covid-19 steigt nicht durch das Tragen eines Mundschutzes 

In einem Video auf Youtube behauptete ein junger Sanitäter namens Philipp Stehling, das Tragen eines selbstgenähten Mundschutzes sei gefährlich und sinnlos. Dafür führte er einige Studien an, deren Ergebnisse er allerdings falsch wiedergab. Das Video erreichte mehr als 368.000 Klicks auf Youtube und wurde tausendfach auf Facebook geteilt. Es ist inzwischen nicht mehr online. Unser Faktencheck vom 30. April.

Philipp Stehling
Der Youtuber Philipp Stehling stellt in seinem Video einige Behauptungen zum Tragen von Mundschutz auf. (Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

3. Nein, Statistiken für Corona-Tote in Europa werden nicht auf Anweisung der EU gefälscht

In der EU würden Corona-Todesfälle angeblich auf Anweisung der „europäischen Seuchenbehörde“ falsch gezählt, unterstellten die Autoren zweier Blogartikel. Das stimmt so nicht: Die Länder entscheiden selbst, welche Daten sie an das European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) übermitteln. Der Artikel des Blogs Anonymous News wurde laut Informationen von Facebook mehr als 142.000 Mal geteilt. Unser Faktencheck vom 27. Oktober. 

Artikel von Anonymous News
Ein Screenshot des Artikels von Anonymous News (Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

4. Viraler Facebook-Beitrag verbreitet falsche und unbelegte Behauptungen zu Corona-Maßnahmen

Auf Facebook und Whatsapp kursierte ein Beitrag, der mit den Worten „So, ihr Vögel aus Berlin“ begann. Darin wurde behauptet, dass die Bundesregierung übertriebene Maßnahmen gegen das Coronavirus auf einer falschen Grundlage ergriffen habe. Viele der Aussagen, die das belegen sollten, sind jedoch falsch. Der Kettenbrief wurde auf Facebook laut Informationen der Plattform mehr als 120.000 Mal geteilt. Unser Faktencheck vom 6. Mai.

Diese Nachricht wird auf Facebook und Whatsapp verbreitet. (Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)

5. Virale Warnung auf Facebook: Hinweis auf angeblich in Bus- und Bahnsitzen versteckte Spritzen führt in die Irre

Spritzen würden so in die Sitze von Bussen und Bahnen geklemmt, dass sie Menschen verletzen, womöglich vergiften oder mit Krankheiten infizieren könnten, behauptete ein Nutzer auf Facebook. Das Gerücht kursiert seit Jahren im Internet und hat tatsächlich nichts mit der Corona-Pandemie zu tun. In Deutschland sind solche Fälle zudem nicht bekannt. Der Beitrag wurde laut Informationen von Facebook dort mehr als 83.000 Mal geteilt. Unser Faktencheck vom 24. Juli.  

Warnung vor Spritzen in Bus und Bahn
Das Foto aus dem Facebook-Beitrag zeigt ein spitzes Objekt, das zwischen die Sitzpolster geklemmt wurde. (Quelle: Facebook, Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)

Unsere fünf meistgelesenen Faktenchecks des Jahres:

1. „Ärzte für Aufklärung“ verbreiten in ihrer Videokonferenz irreführende Behauptungen über Covid-19

Die Gruppierung „Ärzte für Aufklärung“ hat Anfang August eine Videokonferenz auf Youtube veröffentlicht. Ein Ausschnitt des Videos kursierte in Sozialen Netzwerken. Er enthält teils irreführende Behauptungen zu Gesichtsmasken, PCR-Tests und einem möglichen Covid-19-Impfstoff. Unser Faktencheck vom 17. August

Ärzte für Aufklärung, Screenshot
Das Originalvideo der „Ärzte für Aufklärung“ wurde am 5. August auf Youtube veröffentlicht. (Quelle: Youtube, Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

2. Todeszahlen durch Grippe und Coronavirus lassen sich nicht vergleichen

In einem Bild auf Facebook wurde die Zahl der Grippetoten in der Saison 2017/18 mit den bisherigen Corona-Todesfällen verglichen und damit impliziert, dass Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie übertrieben seien. Die Todeszahlen werden aber ganz unterschiedlich erhoben. Unser Faktencheck vom 19. April.

Vergleich Grippe Corona Todeszahlen
Dieses Sharepic zieht einen irreführenden Vergleich zwischen der Grippe und Covid-19. (Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

3. Maskenpflicht: Nein, beim Tragen eines Mundschutzes atmet man nicht zu viel CO2 ein

Auf einem tausendfach geteilten Bild wurde vor dem Tragen eines Mundschutzes gewarnt, da man damit angeblich zu viel CO2 einatme. Außerdem sei die Feuchtigkeit, die beim Tragen entsteht, ein Nährboden für Keime in der Maske und Lunge. Diese Behauptungen sind größtenteils falsch. Unser Faktencheck vom 24. April. 

Dieses Sharepic über eine angebliche CO2-Rückatmung durch Masken wurde auf Facebook verbreitet. (Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)

4. Grippetote in Deutschland 2018 und 2020: Warum man diese Zahlen nicht miteinander vergleichen kann

Auf Facebook wurde behauptet, es habe in dieser Saison etwa 24.500 weniger Grippetote gegeben als vor zwei Jahren. Das stimmt so nicht. Die aufgeführten Zahlen lassen sich nicht miteinander vergleichen. Trotzdem verlief die Grippewelle dieses Jahr milder als sonst. Unser Faktencheck vom 16. April.

Es habe in diesem Jahr wesentlich weniger Grippetote gegeben, als vor zwei Jahren, wird in dem Bild behauptet. Der Vergleich ist irreführend. (Quelle: Facebook, Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

5. Bill Gates’ angebliche „Impfverbrechen“ im Faktencheck

Im Windschatten der Debatten um das Coronavirus verbreiteten sich altbekannte Vorwürfe gegen Bill Gates und seine Stiftung. Das Ziel: Angst vor Impfungen zu schüren. Die von uns geprüften Geschichten über angebliche Impfschäden in Indien oder Afrika sind jedoch falsch oder unbelegt. Unser Faktencheck vom 18. Mai.

Bill Gates hält eine Rede
Der US-Unternehmer Bill Gates ist das Feindbild vieler Impfgegner. Die Anschuldigungen gegen ihn werden seit Jahren im Netz wiederholt – das macht sie aber nicht richtig. (Foto: Nicolas Liponne / picture alliance / NurPhoto)