Faktencheck

Nein, „Drostens PCR-Test“ wird nicht die Zulassung in den USA entzogen

Seit Juli kursiert die Behauptung, dem von Christian Drosten entwickelten PCR-Test auf das Coronavirus werde in den USA die Notfallzulassung entzogen, da er sich als fehlerhaft erwiesen habe. Das stimmt nicht. Eine Labormitteilung der US-Gesundheitsbehörde CDC wird falsch interpretiert.

von Alice Echtermann

Feed - 2020:04:21
Seit Beginn der Pandemie wird versucht, Zweifel an der Zuverlässigkeit von PCR-Tests zu streuen – doch die Behauptungen sind irreführend (Symbolfoto: Picture Alliance / ZUMAPRESS.com / Leonard Ortiz)
Behauptung
Dem von Christian Drosten entwickelten PCR-Test werde in den USA die Zulassung entzogen, da er zu viele falsch positive Ergebnisse liefere.
Bewertung
Falsch. Das CDC hat einen PCR-Test zurückgezogen, den es selbst Anfang 2020 entwickelt hatte, da es inzwischen neue, bessere PCR-Tests gibt – unter anderem vom CDC selbst. Die Rede von „Drostens PCR-Test“ ist daher falsch. Es gibt zahlreiche verschiedene Anbieter von PCR-Tests, deren Produkte in den USA zugelassen sind.

In zwei Artikeln der rechten Blogs Compact-Magazin und Journalistenwatch vom 23. August wird behauptet, der von Christian Drosten entwickelte PCR-Test verliere seine Zulassung in den USA, weil er „zu viele falsch positive Ergebnisse“ liefere. Er sei „ungeeignet“, das Coronavirus nachzuweisen, und „fehlerhaft“.

Das stimmt nicht. Bereits seit Beginn der Pandemie wird versucht, Zweifel an der Testmethode zu schüren. Wie wir bereits in mehreren Artikeln (hier, hier und hier) recherchiert haben, weist ein PCR-Test SARS-CoV-2 jedoch zuverlässig nach. 

Dem PCR-Test wurde nicht die Zulassung entzogen 

Bereits im Juli kursierte auf Facebook (hier und hier) und Telegram die Nachricht, dass der PCR-Test von Christian Drosten seine Zulassung in den USA verliere. Die Beiträge in Sozialen Netzwerken bezogen sich auf einen Tweet des Mediziners Thomas Quak vom 24. Juli 2021. Darin hieß es, dem Test werde von der US-Gesundheitsbehörde CDC die „Notfallzulassung zum Dezember 2021 entzogen“. Erklärungen oder Hintergründe werden nicht erwähnt. Es fehlt wesentlicher Kontext.

Der Behauptung liegt die falsche Annahme zugrunde, es gäbe nur einen PCR-Test, nämlich den des deutschen Virologen Christian Drosten. Drosten und sein Team der Berliner Charité haben jedoch lediglich eine Anleitung geschrieben, wie solche PCR-Tests funktionieren. Sie haben kein eigenes kommerzielles Produkt entwickelt. Es gibt inzwischen zahlreiche Hersteller von PCR-Tests auf SARS-CoV-2, die auch in den USA zugelassen sind. 

In diesem Fall geht es um einen PCR-Test, den die Behörde Centers for Disease Control and Prevention (CDC) im Februar 2020 selbst entwickelt hat. Diesen PCR-Test zieht die Behörde nun freiwillig zurück. Der Grund ist nicht, dass der Test fehlerhaft wäre, sondern dass es inzwischen genug kommerzielle und teilweise noch bessere PCR-Tests gibt.

Was ist ein PCR-Test?

„PCR“ steht für Polymerase-Ketten-Reaktion. Mit diesem Verfahren werden im Labor ganz bestimmte Sequenzen des Erbguts von SARS-CoV-2 vervielfältigt, um sie nachweisen zu können. Die Proben dafür werden mit einem Abstrich (meist durch die Nase im Rachen eines Menschen) entnommen und untersucht. 

Ein positives PCR-Testergebnis ist der Nachweis einer Infektion – das bedeutet nicht zwangsläufig, dass die getestete Person zum Zeitpunkt des Tests ansteckend oder krank ist. Es bedeutet aber, dass sie sich mit dem Virus infiziert hat und potenziell ansteckend war, ist oder es noch werden wird (mehr dazu auch in diesem Faktencheck).

Behauptungen über „Drosten-Test“ sind irreführend

Ein Team der Berliner Charité, darunter der Virologe Christian Drosten, hat im Januar 2020 erstmals eine PCR-Testmethode für das neuartige Coronavirus entwickelt und einen Fachartikel im Journal Eurosurveillance dazu veröffentlicht. Das Team hat den PCR-Test dabei nicht neu erfunden, sondern lediglich zum Nachweis von SARS-CoV-2 nutzbar gemacht. 

Das erklärt die Charté auch selbst auf ihrer Webseite: „Wichtig festzuhalten ist, dass es sich bei dem publizierten Testprotokoll nicht um ein kommerzielles Produkt handelt, sondern um eine Anleitung im Sinne eines Backrezepts, wie SARS-CoV-2 mittels PCR nachgewiesen werden kann. Diese Anleitung wurde nach ihrer Veröffentlichung von verschiedensten Akteuren weltweit genutzt, um den Nachweis von SARS-CoV-2 zu ermöglichen.“ 

Wenn von „Drostens PCR-Test“ die Rede ist, ist das also irreführend. Wie auf der Webseite des Robert-Koch-Instituts zu lesen ist, wurden inzwischen verschiedene PCR-Nachweissysteme „entwickelt und validiert“. Eine Übersicht aller weltweit verfügbaren oder sich in der Entwicklung befindenden SARS-CoV-2-Tests ist auf der Internetseite der Foundation for Innovative New Diagnostics verfügbar. 

Was genau hat das CDC in Bezug auf PCR-Tests beschlossen?

Die Quelle für die Behauptung ist ein Dokument auf der Webseite der US-Gesundheitsbehörde vom 21. Juli 2021. Es handelte sich dabei um eine Vorab-Information für Labore. Darin heißt es: „Nach dem 31. Dezember wird das CDC die Anfrage an die U.S. Food and Drug Administration (FDA) für die Notfallzulassung des CDC 2019-Novel Coronavirus (2019-nCoV) Real-Time RT-PCR Diagnostic Panel zurückziehen (…)“. Dieser Test sei erstmals im Februar 2020 für den alleinigen Nachweis von SARS-CoV-2 eingeführt worden. 

Das CDC informierte die Labore nach eigener Aussage, damit sie sich für eine der vielen von der FDA autorisierten Alternativen entscheiden könnten. Man ermuntere Labore, auf Multiplex-Alternativen umzusteigen, die gleichzeitig auf das Coronavirus und Influenza testen könnten, um Zeit und Ressourcen zu sparen. 

Es geht hier also nicht um „Drostens PCR-Test“, sondern um einen PCR-Test, den das CDC selbst im Februar 2020 entwickelt hatte. Dieser ist in den USA derzeit noch zugelassen. Den Antrag auf weitere Zulassung bei der FDA zieht das CDC laut der Mitteilung jedoch zum Jahresende 2021 zurück. Ein Grund dafür wird in der Labormitteilung nicht genannt. 

PCR-Test des CDC ist nicht fehlerhaft – es gibt einfach genug Alternativen

Das Magazin Health zitiert den Labormedizin-Experten Dwayne Breining, das CDC sei normalerweise nicht im „Test-Business“ aktiv – es habe Anfang 2020 nur schnell einen Test entwickelt, um das neue Coronavirus nachweisen zu können. Nun, da viele Anbieter eigene Tests entwickelt hätten, ziehe sich das CDC zurück. Das sei ein normaler Vorgang. Außerdem würden schon jetzt nur noch wenige Labore in den USA den CDC-Test nutzen.  

Der Faktencheck-Organisation Full Fact gegenüber bestätigte das CDC, dass der Rückzug des Tests freiwillig geschehen sei und keine Performance-Gründe gehabt habe. Es seien inzwischen Tests von kommerziellen Herstellern verfügbar, die schneller und noch effizienter seien. Die Nachfrage nach dem CDC-Test habe „signifikant abgenommen“. Dasselbe teilte ein CDC-Sprecher auch der Nachrichtenagentur Reuters und der Seite Health Feedback mit. 

Vorteil von Multiplex-Tests gegenüber alten PCR-Tests

Auch im englischsprachigen Raum wurde verbreitet, der Grund für den Rückzug des CDC-Tests sei, dass er untauglich sei und eine Überprüfung der FDA nicht bestanden habe. Das ist laut Berichten des Magazins Health, der Faktencheck-Seiten Full Fact und Health Feedback und der Nachrichtenagentur Reuters falsch. Sie alle erklären, dass die Mitteilung des CDC falsch interpretiert werde. 

Die Mitteilung bedeutet zum Beispiel nicht, dass der alte PCR-Test das Coronavirus nicht von Influenza hätte unterscheiden können. Die neuen, vom CDC empfohlenen Multiplex-Tests können auf beide Viren gleichzeitig testen. So kann man mit nur einem Test sehen, ob eine Person mit Krankheitssymptomen das Corona- oder das Grippevirus hat. Vorher wären dafür zwei separate Tests nötig gewesen. Mehr zu Multiplex-Tests haben wir bereits im Januar in einem anderen Faktencheck erklärt. 

Das CDC hat selbst auch einen solchen Multiplex-PCR-Test entwickelt, der im August 2021 eine Notfallzulassung der FDA erhalten hat. Er erlaubt einen gleichzeitigen Nachweis von SARS-CoV-2 und Influenza A oder Influenza B. 

Dass das CDC seinen alten Test zurückzieht, heißt außerdem nicht, dass solche PCR-Tests, die allein auf das Coronavirus testen, in den USA gar nicht mehr eingesetzt würden. Die US-Behörde FDA listet auf ihrer Webseite zahlreiche aktuell in den USA zugelassene PCR-Tests auf. Viele davon testen nur auf SARS-CoV-2.

Redigatur: Matthias Bau, Steffen Kutzner

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • Labor-Mitteilung des CDC (21. Juli 2021): Link
  • Liste aller PCR-Tests mit Notfallzulassung in den USA von der FDA: Link
  • Notfallzulassung des PCR-Tests der CDC („CDC 2019-Novel Coronavirus (2019-nCoV) Real-Time RT-PCR Diagnostic Pane“): Link 
  • Notfallzulassung des Multiplex-PCR-Tests der CDC („Influenza SARS-CoV-2 (Flu SC2) Multiplex Assay“): Link
  • Erklärung der Berliner Charité zum „Drosten-Test“: Link
  • Liste der verfügbaren Corona-Testsysteme international von der Foundation for Innovative New Diagnostics: Link
  • Bericht des Magazins Health: Link
  • Faktencheck von Reuters: Link
  • Faktencheck von Full Fact: Link
  • Faktencheck von Health Feedback: Link