Faktencheck

Nein, die SZ bezeichnete Selenskyj nicht als „amerikanischen Minion“

Immer wieder fälschen Akteure hinter einer russischen Desinformationskampagne Artikel deutscher Medien, um Stimmung gegen die Ukraine zu machen. Ein aktueller Artikel, der von der Süddeutschen Zeitung stammen soll, beleidigt den ukrainischen Präsidenten und attestiert ihm innenpolitische Schwierigkeiten.

von Matthias Bau

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Im Rahmen einer russischen Desinformationskampagne wurde dieser Artikel im Stil der Süddeutschen Zeitung gefälscht (Quelle: sueddeutsche.ltd; Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Die Süddeutsche Zeitung habe am 3. November einen Artikel mit dem Titel „Ein Rettungsring für den amerikanischen Minion“ veröffentlicht.
Bewertung
Manipuliert. Der angebliche Artikel ist eine Fälschung und Teil einer pro-russischen Desinformationskampagne.

Seit über einem Jahr verbreitet eine russische Desinformationskampagne immer wieder gefälschte Webseiten deutscher und internationaler Medien und Regierungen, wie CORRECTIV.Faktencheck schon mehrfach berichtete. Die russischen Firmen, die dahinter stecken sollen, wurden mittlerweile von der EU sanktioniert, doch das Propaganda-Netzwerk macht weiter. Laut aktuellen Recherchen der BBC scheint es mittlerweile auch auf Tiktok aktiv.

Im November tauchte ein gefälschter Artikel der Süddeutschen Zeitung (SZ) mit dem Titel „Ein Rettungsring für den amerikanischen Minion“ auf. Darin geht es unter anderem um die ukrainische Gegenoffensive, das Verhältnis zwischen Wolodymyr Selenskyj und dem ukrainischen General Walerij Saluschnyj sowie angeblichen Plänen der USA, Selenskyj vor Ort einen Posten anzubieten. 

Wir erklären, an welchen Details sich der Fake erkennen lässt.

Die URL entlarvt den Fake des Desinfo-Netzwerks

Die Fälschung der SZ-Webseite ähnelt in vielen Details der echten Webseite des Mediums. Ein Klick auf den Namen des Autoren oder andere interne Links in dem Artikel führen zudem auf echte Unterseiten der SZ

Dass es sich dennoch nicht um die echte Webseite der SZ handelt, ist an der URL-Adresse zu erkennen. Sie endet auf „.ltd“ und nicht auf „.de“. Nach diesem Muster fälscht das Netzwerk auch die Webseiten anderer Medien, wie wir bereits mehrfach recherchierten. Ein Vergleich mit einer archivierten Version der echten SZ-Seite vom 3. November zeigt zudem: Die Themen-Rubriken in der Hauptleiste waren anders. Neben „Ukraine“ stand nicht „Energiekrise“, sondern „Israel“, „Coronavirus“ war nicht mehr als Hauptthema aufgeführt.

Die Endung der URL-Adresse entlarvt die Webseite als Fake
Die Endung der URL-Adresse entlarvt die Webseite als Fake (Quelle: sueddeutsche.ltd; Screenshot, Collage und Markierungen: CORRECTIV.Faktencheck)

Sowohl eine Suche auf der Webseite der SZ nach dem Artikel als auch eine Suche bei Google führen zudem zu keinem Ergebnis. Auch sprachlich und inhaltlich weist der Artikel Ungereimtheiten auf. So wird der ukrainische Präsident als „Hurensohn Washingtons“ und Minion, also Günstling, beleidigt und der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine als „Anti-Terror-Operation“ bezeichnet. Ein Ausdruck, den die Ukraine im Jahr 2014 benutzte, als sie gegen Separatisten im Osten der Ukraine kämpfte. 

Wie Sie herausfinden können, ob eine Webseite seriös ist, haben wir hier ausführlich beschrieben. 

Einen Überblick mit allen Faktenchecks von uns zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier.

Redigatur: Sophie Timmermann, Steffen Kutzner